Lohn des Todes
etwas ausdrücken. Gerade die letzten beiden Opfer waren positioniert
worden. Der Täter wollte nicht nur, dass sie gefunden wurden, nein, er wollte auch, dass sie genauso gefunden wurden, wie
er sie abgelegt hatte. Erniedrigt. Mit Geld – bezahlt?
Bezahlt. Ich lehnte mich zurück, ließ meinen Gedanken freien Lauf.
War es eine Art Sühne? Bezahlte er damit für die Tat? Das würde bedeuten, dass er Schuld empfand. Nein, ich schüttelte den
Kopf. Nein, Schuld empfand dieser Täter gewiss nicht. Jedenfalls nicht bewusst.
Das Geldstück sagte etwas anderes aus, aber was? Ich griff zum Telefon, rief Robert Kemper an.
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|111| Kapitel 13
»Conny, ich wollte dich auch gerade anrufen.« Er klang atemlos. »Kannst du nach Köln kommen? Wir haben neue Erkenntnisse.«
»Wichtige?«
»Ja, erzähle ich euch dann. Ich hätte gerne die ganze Truppe wieder versammelt.«
Er nannte mir die Adresse des Präsidiums. Köln, da wohnte Maria. Und wenn er uns alle wieder versammeln wollte, wäre Martin
auch dabei. War ich stark genug dafür? Ich überlegte, aber dann siegte die Neugierde.
»In etwa einer Stunde kann ich da sein«, sagte ich.
»Gut. Martin ist nicht zufällig in Aachen? Ihn habe ich noch nicht erreicht.«
Ich schluckte hart. »Nein.« Meine Stimme klang flach.
Nachdem ich aufgelegt hatte, atmete ich ein paar Mal tief ein und aus. Dann rief ich Charlie zu mir. Sollte ich ihn mitnehmen?
Es war schon nach Mittag, vielleicht würden wir wieder stundenlang diskutieren, ich hatte gar keine Wahl, als ihn mitzunehmen.
In der Oppenhoffallee stopfte ich ein paar Sachen in meinen Rucksack, nahm das Hundefutter, schaute mich noch mal um. Mein
Blick streifte den Spiegel. Hohlwangig sah ich aus, die Haare strähnig, das Gesicht verkniffen. Nicht die beste Ausgangssituation
für einen Vergleich mit der puppenhaften Maria.
Dies ist kein Wettstreit, Conny, schalt ich mich, es geht um Mord.
Die Fahrt nach Köln zog sich endlos lange hin. Ich steckte zwischen zwei Lastwagen fest und kam nicht auf die linke Spur.
Kurz vor Köln hatte es einen Unfall gegeben, nur eine Fahrbahn war frei. Stop-and-go. Meine Nerven lagen blank, und ich trommelte
einen Dreivierteltakt auf dem Lenkrad, gleichmäßig wie ein Metronom.
|112| Robert hatte mir nicht sagen wollen, welche neuen Erkenntnisse es gab. Ein Hinweis auf den Täter, den wir bisher übersehen
hatten? Ich war immer mehr davon überzeugt, dass es ein persönliches Motiv geben musste. Der Mörder war intelligent, vorausschauend.
Er plante sicher und gezielt, führte seine Taten mit Präzision aus. Und doch war er sicherlich nur äußerlich gelassen, in
ihm, das glaubte ich fest, tobte eine glühende Wut.
Wieder ein paar Meter fahren, stehenbleiben, fahren. Die Hitze stand zwischen den Wagen, die Abgase füllten die Luft. Charlie
lag auf der Rückbank. Hin und wieder schnaufte er laut. Ich konzentrierte mich auf den Verkehr, dachte über den Fall nach,
wechselte ständig die Radiostation, um Lieder zu finden, die mir zusagten. Nur keine Liebeslieder, nichts, was mich an Martin
denken ließ. Den Gedanken an ihn verbot ich mir. Dass ich ihn gleich wieder sehen würde, verbannte ich so gut wie möglich
aus meinem Kopf. Endlich erreichte ich die Innenstadt, parkte im Parkhaus, nahm die Tasche und leinte den Hund an. Robert
kam mir im Eingang entgegen.
»Du hast Charlie mitgebracht?«
»Hätte ich ihn auf der Autobahn aussetzen sollen?«, erwiderte ich scharf und strich mir mit dem Unterarm über die Stirn. Meine
Schultern waren verkrampft, ich war ganz und gar angespannt.
»Ist kein Problem, Conny. Es war nur eine Frage. Der Raum ist dahinten.« Er ging mir voraus.
In dem Besprechungszimmer roch es nach abgestandener Luft und alten Brötchen. Ein großer Resopaltisch stand in der Mitte des
Raumes, das Plastik an einigen Stellen abgeplatzt. Unzählige Kaffeetassen hatten dunkle Ringe auf dem Tisch hinterlassen,
Zigarettenasche Löcher hineingebrannt. Die Tischplatte erinnerte mich an eine seltsame Landkarte.
Julius stand am Fenster und rauchte. Ich hatte im Eingangsbereich ein Schild gesehen, dass Rauchen in diesem Gebäude verboten
war, doch anscheinend hielt sich niemand daran.
Thorsten saß am Tisch und studierte eine Akte. Die beiden |113| schauten kurz hoch, als wir hereinkamen, und nickten uns zu. Von Andreas und Martin war nichts zu sehen.
»Möchte jemand Kaffee?«, fragte Robert.
»Schmeckt er besser als die Plörre der
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