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Lohn des Todes

Titel: Lohn des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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gewesen und hatte doch etwas
     übersehen. Ich nahm die Mappe hoch, ein Blatt hatte sich gelöst und schwebte zu Boden. Ich hob es auf, es war eine Kopie von
     Sonjas Geburtsurkunde. Nur die Mutter war eingetragen, stellte ich verwundert fest. Die Urkunde war sechs Wochen nach dem
     Geburtsdatum ausgestellt worden. Das erschien mir seltsam. Nachdenklich legte ich das Blatt auf den Tisch, suchte noch mal
     nach der Anamnese. »Geburt unauffällig« stand da, mehr nicht. Ich rief Stephanie Baelen an.
    |210| »Conny? Es ist Sonntagmorgen, kurz nach neun«, murmelte sie.
    »Entschuldigung. Ich habe eine Frage, nur ganz kurz, dann kannst du dich wieder umdrehen und weiterschlafen.«
    »Ist es wichtig?« Sie seufzte. »Warte, lass mich kurz wach werden.«
    »Ich weiß nicht, ob es wichtig ist. Sag mal, wann werden Geburtsurkunden ausgestellt?«
    »Geburtsurkunden? Wenige Tage nach der Geburt.«
    »Immer? Gibt es keine Ausnahme?«
    »Da bin ich überfragt. Vielleicht, wenn das Kind im Ausland geboren wurde.«
    »Das wäre vielleicht eine Erklärung.« Ich grübelte. »Und steht immer nur die Mutter in der Urkunde?«
    »Nein, immer beide Eltern, außer wenn der Vater unbekannt ist.«
    »Dann steht er nicht in der Urkunde?«
    »Wie denn? Conny, worum geht es?«
    »Erklär ich dir später.« Ich legte auf und wählte Roberts Nummer.
    »Robert, weißt du, wann Kluges geheiratet haben?«
    »Was?«
    »Weißt du, wann Kluges geheiratet haben?«
    »Ist das wichtig? Guten Morgen, Conny. Geht es dir gut?«
    »Ich habe hier die Geburtsurkunde von Sonja. Da ist nur die Mutter eingetragen. Sie ist in Aachen ausgestellt.«
    »Nur die Mutter und kein Vater? Das ist merkwürdig.«
    »Was, wenn Kluge gar nicht Sonjas Vater ist? Wenn die Mutter noch nicht verheiratet war mit Kluge?«
    »Welcher Name steht denn da?«
    Ich schlug mir vor die Stirn. »Kluge. Margret Kluge, geborene Gobber. Das kann es also nicht sein. Aber warum wurde er nicht
     eingetragen?«
    »Schusseligkeit des Standesbeamten?«
    »Möglich. Die Geburtsurkunde wurde erst sechs Wochen nach der Geburt ausgestellt.«
    |211| »Sechs Wochen? Wieso das? Kannst du mir die Urkunde faxen?«
    Ich beendete das Gespräch und schickte ihm das Fax. Was, wenn Kluge nicht Sonjas Vater war? Dann würden unsere ganzen Annahmen
     nicht stimmen. Dann wäre die Täter-DNS nicht von ihm. Aber wo steckte er dann? Warum war er untergetaucht? Und von wem war
     das Blut in seiner Wohnung? Ich rief Martin an.
    »Das Blut in Kluges Wohnung – war das älter oder noch frisch?«
    »Im Wohnzimmer war es relativ frisch, im Badezimmer schon älter. Wieso, Conny?«
    Ich erzählte ihm von der Geburtsurkunde. »Was, wenn Kluge gar nicht Sonjas Vater ist?«
    »Das kann nicht sein. Die Täter-DNS ist garantiert von jemandem, der mit ihr verwandt ist.«
    »Es ist ja durchaus möglich, dass ihr Vater der Täter ist, aber vielleicht ist Kluge weder das eine noch das andere.«
    »Dann wären wir ja auf einer völlig falschen Spur. Das glaube ich nicht, es passt doch schon so viel zusammen.«
    »Habt ihr eine Verbindung nach Aremberg herstellen können?«
    »Nein.« Martin brummte verdrossen. »So wie es aussieht, hat Rainer Kluge immer in Aachen gewohnt.«
    »Und seine Frau?«
    »Das weiß ich nicht.« Er legte das Telefon beiseite, fragte jemanden. »Das wird noch überprüft«, sagte er dann.
    »Zwei der Toten haben in Aremberg gewohnt. Das muss nichts heißen, kann aber.« Ich überlegte.
    »Zwei der Toten haben Münzen gesammelt. Bei Frau Koschinski sind wir in der Hinsicht auch noch nicht weiter. Das ist wirklich
     ein Cold Case. Kaum Aktenlage, kaum Informationen. Es ist zum Mäusemelken. Keinerlei Verbindung zu Kluge, jedenfalls bisher
     nicht ersichtlich.«
    »Und wenn Kluge tatsächlich nicht Sonjas leiblicher Vater war?«
    |212| »Hmm.« Martin holte tief Luft. »Ich kann die DNS von ihm überprüfen. Dafür bräuchte ich allerdings etwas aus seiner Wohnung,
     eine Bürste mit Haaren zum Beispiel. Das dauert eine Weile. Aber du hast recht, es ist sinnvoll, das zu kontrollieren.«
    Nachdem ich aufgelegt hatte, nahm ich mir noch mal die Akte vor. Jedes Blatt las ich durch. Gegen Mittag war ich völlig verspannt,
     dumpfe Kopfschmerzen zogen hinter meiner Stirn auf. Ich hatte noch nicht einmal die Hälfte geschafft. Zögernd blickte ich
     nach draußen. Es regnete noch nicht, aber die Wolken hingen immer noch tief und duster am Himmel. Trotzdem beschloss ich,
     eine Runde zu laufen. Charlie bellte freudig,

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