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Lohse, Eckart

Lohse, Eckart

Titel: Lohse, Eckart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guttenberg Biographie
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die
Sorge an, Seehofer könnte doch im letzten Moment noch auf seiner alten Position
beharren und sich dem Verteidigungsminister in den Weg stellen. So beschäftigt
ist Guttenberg, dass er gar nicht den herrlichen Blick auf den spätsommerlich
beschienenen Timmendorfer Strand genießen kann. Als die wichtigsten Botschaften
versandt sind, gibt es zum Trost noch ein weiteres, höchst seltenes
Naturschauspiel. In feuchter Luft spannt sich ein Regenbogen über die »Cougar«
und begleitet sie für eine Weile.
    Am Abend, Guttenberg ist schon
wieder seit zwei Stunden in Berlin, sitzt in einem der zahllosen Berliner
Konferenzzimmer ein hochrangiger CSU-Politiker und räsoniert über die vom Parteifreund
Guttenberg vom Zaun gebrochenen Umbaupläne für die Bundeswehr. Nachdem er alle
Schwierigkeiten genannt hat, die seine Partei damit hat, kommt er zu der
Erkenntnis, dass man wohl nicht einfach bei der Gesetzeslage bleiben könne,
nach der der Wehrdienst künftig sechs Monate dauere. Dafür habe Guttenberg sich
schon zu weit vorgewagt. Durch die Art seines Vorgehens habe es der
Verteidigungsminister dem CSU-Vorsitzenden nicht leichter gemacht, ihm zu
folgen. Am Ende werde aber ein Formelkompromiss herauskommen. Guttenbergs
Argumente seien außerordentlich schwerwiegend. Dann kommt ein unter CSU-Leuten
bis in die Gegenwart geradezu unschlagbares Argument: Vielleicht wäre ja Franz
Josef Strauß unter den gegenwärtigen Umständen selbst auf die Idee gekommen,
die Wehrpflicht abzuschaffen.
     
    »Die beste Rede
seit Franz Josef Strauß«
     
    Dem einstigen
Verteidigungsminister Franz Josef Strauß kann Guttenberg seine Pläne nicht mehr
zur Begutachtung vorlegen. Wohl aber seiner Tochter, Monika Hohlmeier, die bei
der Europawahl 2009 Spitzenkandidatin des CSU-Bezirks
Oberfranken war. Nur zwei Tage nach seinem Besuch in Eutin weilt der
Bundesminister der Verteidigung im oberfränkischen Kulmbach, in seinem
Wahlkreis. Zum Schloss Guttenberg sind es nur zehn Autominuten. An jenem
Samstag, dem 4. September, rollen um 10.22 Uhr die
beiden schwarzen Dienstlimousinen Guttenbergs die Schlossallee entlang, vor das
herrschaftliche Anwesen. Guttenberg hat die Nacht auf dem Familiensitz
verbracht und wird nun abgeholt.
    Es ist ein sonniger
Spätsommermorgen, der Lust zum Wandern macht. Der Minister hat allerdings
anderes vor. Er ist einer Einladung der bayerischen Frauen-Union, einer der
wichtigen CSU-Organisationen, gefolgt. »Zukunft der Bundeswehr - eine
gesamtgesellschaftliche Herausforderung« steht auf den Plakaten, die auf die
Veranstaltung hinweisen. Die langhaarige Schönheit mit Model-Pose, die darunter
abgebildet ist, lässt allerdings eher an ein Fotoshooting denken als an eine
»Fachkonferenz« zur Sicherheitspolitik. Da ein Polit-Popstar erwartet wird,
darf es offenbar ein bisschen poppig zugehen.
    Im Inneren der Stadthalle kündigt
die Vorsitzende der Frauen-Union, die Europaparlamentarierin Angelika Niebier,
»unseren Verteidigungsminister« an. Als es um 12 Uhr endlich
so weit ist, werden die im Schnitt eher über denn unter 60 Jahre
alten 250 Gäste von Popmusik beschallt. Aus
den Lautsprechern tönt Fleetwood Macs »Don't stop«. In Deutschland sind
solche musikalisch untermalten Einzüge von Politikern bislang nur bei ganz großen
Auftritten, meistens solchen von Kanzlerkandidaten im Wahlkampf, üblich. Aber
Guttenberg wird so etwas auch zu Beginn einer samstäglichen Fachtagung
gegönnt. Der Minister nimmt es mit strahlendem Gesicht, schreitet zur Bühne
und winkt ins Publikum. Diesmal ist er mit Krawatte unterwegs, auch die Stiefel
hat er zu Hause gelassen.
    Es ist die erste große
Veranstaltung, in der die CSU sich mit Guttenbergs Plänen für eine Wehrreform
beschäftigt. Schon Niebiers Einleitung macht klar, dass das Treffen nicht als
Zusammenrottung gegen den Minister geplant ist. Im Gegenteil. Noch bevor
Guttenberg ein Wort sagen kann, dankt die Vorsitzende der Frauen-Union ihm
dafür, dass er die Debatte über die Bundeswehrreform angestoßen habe: »Du hast
uns als Mitdiskutanten auf deiner Seite«, ruft sie Guttenberg und dem Publikum
zu. Das sei es, was ihn so auszeichne, schwärmt Niebier: »Dass du den Mut hast,
heilige Kühe auf den Prüfstand zu stellen.« Das sei der Mut, der von
Politikern erwartet werde. Applaus.
    Es ist naheliegend, in Oberfranken
damit zu beginnen, die Basis von der Überflüssigkeit der Wehrpflicht zu
überzeugen. Obwohl auch hier die CSU seit Jahrzehnten ganz

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