Lohse, Eckart
außerordentlich wichtig, dass wir die
Wehrpflicht im Grundgesetz behalten.«
Guttenberg kann in diesen
Sommerwochen davon ausgehen, dass die Kanzlerin sein Vorhaben unterstützt,
auch wenn sie sich natürlich noch nicht abschließend erklärt. Alles soll
endgültig erst auf den Parteitagen von CSU und CDU Ende Oktober und Mitte
November festgelegt werden. Allerdings kann da nur die Linie der Parteien
beschlossen werden. Am Ende muss der Bundestag zustimmen. Daher bemüht sich die
Kanzlerin frühzeitig, den Vorsitzenden der Unionsfraktion, ihren Vertrauten
Volker Kauder, von seinem harten Nein abzubringen. Letztlich mit Erfolg.
Guttenberg aber muss durchs Land ziehen, muss in der Bundeswehr
Überzeugungsarbeit leisten und in der Union.
Ein
Werbefeldzug
Es ist Donnerstag, der 2. September 2010. Der Tag
fällt in Berlin eher frühherbstlich als spätsommerlich aus. Auf dem Plan des
Verteidigungsministers steht der Besuch des Aufklärungsbataillons 6 »Holstein«
in Eutin. Für den Flug nach Schleswig-Holstein ist ein Hubschrauber geordert.
Die »Cougar«, die dem Minister und zwei Handvoll seiner Mitarbeiter Platz
bietet, hat den Vorteil, im Innenhof des Ministeriums landen und starten zu
können. So entfallen zeitraubende Autofahrten zum militärischen Teil des
Berliner Flughafens Tegel, von wo aus die Flugzeuge der Regierungsmitglieder
starten. Der Minister muss von seinem Büro nur ein paar Schritte gehen, steigt
in den Hubschrauber und landet genau da, wo er hinmuss.
Guttenberg will um 11.50 Uhr die
Hauptstadt verlassen. Nur einen Innenhof von demjenigen des Bendlerblocks entfernt,
in dem bald der Hubschrauber landen wird, herrscht Stille. Hier ist die
»Gedenkstätte deutscher Widerstand«. Hier wurde am 21. Juli 1944 der
Widerstandskämpfer Claus Graf Schenk von Stauffenberg erschossen, der Vater des
Mannes, den eine Tante Guttenbergs geheiratet hat. In der Nähe der Stelle, an
der Stauffenberg und seine Mitverschwörer hingerichtet wurden, ist eine
Gedenktafel in den Boden eingelassen: »Ihr trugt die Schande nicht, Ihr wehrtet
Euch. Ihr gabt das große, ewig wache Zeichen der Umkehr, opfernd Euer heißes
Leben. Für Freiheit, Recht und Ehre.«
Plötzlich zerreißt das Donnern der
Rotoren die Stille. Die »Cougar« schwebt über das Ministerium. Die Bäume biegen
sich bei der Landung wie in einem Tropensturm. Der Minister erscheint. Wie
üblich hat seine Adjutantur einen »Dress-Code« ausgegeben, also gesagt, welche
Kleidung bei dem bevorstehenden Termin angemessen sei. Das Ergebnis ist - originell.
Karl-Theodor zu Guttenberg trägt einen blauen Anzug, ein offenes weißes Hemd
und helle »Desert Boots«, wie man sie von seinen Afghanistanbesuchen kennt.
Auch wenn die geplante Abflugzeit schon um ein paar Minuten überschritten
ist, geht der Minister vor dem Einsteigen an die offene Cockpit-Tür und
begrüßt die Piloten per Handschlag.
Die »Cougar« hat hinter den
Piloten vier Plätze für den Minister, seine engen Mitarbeiter oder Gäste.
Weiter hinten sind noch einmal etwa zehn Sitze für die Sicherheitsbeamten und
weitere Mitarbeiter. Guttenberg sitzt in Flugrichtung rechts in den blauen
Ledersitzen. Der Hubschrauber startet rückwärts, er drückt sich vom Boden ab
nach hinten in den Himmel, kippt dann, als ausreichend Höhe gewonnen ist, nach
vorne und zieht sich durch die Luft über die Stadt. Guttenberg schaut aus dem
Fenster und schwärmt von der Hauptstadt. Keine Frage: Sosehr er auf seine
fränkischen Wurzeln verweist, wann immer er in Bayern auftritt - seine Stadt
ist Berlin.
Schnell ist der Tiergarten
überflogen, rechter Hand steht der Reichstag mit den großen Deutschlandfahnen,
in Sekunden liegt das Schloss Bellevue, der Sitz des Bundespräsidenten,
hinter dem alles überfliegenden Guttenberg. In zweihundert Metern Höhe geht es
über Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Während des
Fluges gibt es Canapes, Obst und Mineralwasser. Guttenberg nimmt einen Kaffee
dazu. Zu seiner rechten Hand ist ein Telefon in den Tisch eingelassen.
Allerdings stört es die Technik des Hubschraubers auch nicht, wenn während des
Fluges das Mobiltelefon benutzt wird. Trotz des Lärms ist ein Gespräch möglich.
Der Minister bespricht einige Details mit seinen Mitarbeitern.
Guttenberg hat Besuch mit nach
Eutin in die Rettberg-Kaserne gebracht. Oder besser: Er hat den
CDU-Bundestagsabgeordneten Ingo Gädechens, zu dessen Wahlkreis Eutin gehört,
mit von Berlin in dessen Heimat
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