Lohse, Eckart
ausdrücklich, schon um
niemanden ohne Not frühzeitig zu erschrecken, aber die Panzereinheiten der
Bundeswehr dürfen sich bei solchen Sätzen schon mal auf harte Zeiten
einstellen. Der Verteidigungsminister hält die reale Piratenbekämpfung für
dringlicher als die potenzielle Abwehr starker Panzerverbände. Er macht klar,
dass provinziell denkt, wer das nicht so sieht. Kurz in bayerische Tonlage
wechselnd, sagt er, man könne natürlich fragen, was uns das »juckt«, da unten
am Horn von Afrika. Dann, wieder in schriftdeutscher Aussprache, damit auch
jeder außerhalb der Halle versteht, dass jetzt die Version für diejenigen
kommt, die sicherheitspolitisch auf Ballhöhe sind, die Antwort: »Das juckt uns
sehr.«
Nachdem die Dimension des Themas
umrissen ist, macht der Minister klar, dass er den
Stier bei den Hörnern packen werde. Natürlich könne er sagen, das Thema sei
schwierig, er lege für die verbleibenden drei Jahre der Legislaturperiode die
Füße hoch und warte, bis sein Nachfolger das Problem löse. Doch dann -
selbstverständlich: »Das ist nicht meine Herangehensweise.« Nachdem also der
gordische Knoten beschrieben und für alle erkennbar ist, wer ihn durchschlagen
wird, kommt Guttenberg auf die Details zu sprechen. Etwa 165000 Berufs- und
Zeitsoldaten seien die untere Grenze der künftigen Truppenstärke. Nach oben
sei Spielraum.
Das ist ein simpler, aber
wirkungsvoller Trick, der es ihm leichter macht, sich durchzusetzen. In CDU und
CSU ist die große Mehrheit der Mitglieder erstens der Bundeswehr gegenüber
positiv, ihrer Verkleinerung gegenüber naturgemäß negativ eingestellt und
zweitens aus Überzeugung für die Wehrpflicht. Die meisten haben jedoch
Guttenbergs sicherheitspolitische Analyse rasch - auch öffentlich - nachvollzogen.
Die Bundeskanzlerin ist schon so weit, der CSU-Vorsitzende steht Anfang
September kurz davor. Der Koalitionspartner FDP ist zwar schon lange für das
Ende der Wehrpflicht. Dieses von einem CSU-Mann geschenkt zu bekommen ohne
jeden eigenen Kampf ist aber für eine Partei, die bei der Bundestagswahl
annähernd 15 Prozent der Stimmen erhalten hat,
etwas dürftig. Und so können Unions- wie FDP-Leute mit der Forderung nach einer
Korrektur der vom Minister genannten Truppenstärke noch ein bisschen
Kampfesmut zeigen. Guttenberg kann mit einem nach oben korrigierten Umfang
der Truppe bestens leben, weil dann die Einschnitte bei Karrieren und
Standorten weniger schmerzhaft werden.
Eine halbe Stunde hat er schon
geredet, bevor er die Wehrpflicht im Detail zerlegt. Nachdem er noch einmal
kurz auf die Zeit zurückgeblickt hat, da er ein überzeugter Anhänger des
Erfolgsmodells Wehrpflicht war, erklärt er, warum jetzt Schluss sei. Nur noch 13 bis 16 Prozent
eines männlichen Jahrganges leisteten ihren Wehrdienst ab. Dagegen entschieden
sich 25 bis 30 Prozent
für den Zivildienst. »Böse Zungen sagen, wir haben mittlerweile
eine Zivildienstpflicht mit der Möglichkeit zum Wehrdienst«, witzelt
Guttenberg. Dieser Scherz taucht in annähernd jeder seiner Reden auf. Zwar habe
es ihm damals auch nicht geschadet, während des Wehrdienstes »noch ein Stück
mehr Disziplin zu lernen, als mein gestrenger Vater mir beigebracht hat«, doch
könne heute jeder junge Mann, der weder Wehr- noch Zivildienst leisten wolle,
sich mit Hilfe von Google mühelos die Sätze heraussuchen, die er sagen müsse,
um der Pflicht zu entgehen.
Aber Karl-Theodor zu Guttenberg
hat noch mehr Geschosse gegen die Wehrpflicht in seinem rhetorischen Munitionsdepot.
Bei allem grundsätzlichen Lob auf die Wehrpflicht, die die Soldaten zu einem
Teil der Gesellschaft gemacht habe, dürfe nicht vergessen werden, dass sich
auch die Zeit- und Berufssoldaten zu Recht als Teil der Gesellschaft empfänden.
Ohnehin hält er, der so gern Stauffenberg zitiert, die Gefahr, dass ohne
Wehrpflicht die Armee zu einem Staat im Staate werde, nicht mehr für gegeben.
Zudem beschreibt er die Wehrpflicht als eine Art Nullsummenspiel für die
Truppe. Etwa 8000 Wehrpflichtige würden sich derzeit
entscheiden, Berufs- oder Zeitsoldat zu werden. Zur Ausbildung aller
Wehrpflichtigen würden aber 10 000 Soldaten
benötigt - in der Sparklausur war noch von 12000 die Rede.
»Wir ziehen unsere Wehrpflichtigen ein zur Regeneration ihrer eigenen Ausbilder.«
Dass dieser Mechanismus sich noch verschärft, wenn die Wehrpflicht auf sechs
Monate verkürzt wird, bedarf keiner besonderen Erklärung. Bleibt Guttenbergs
Drohung, dass angesichts
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