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Lohse, Eckart

Lohse, Eckart

Titel: Lohse, Eckart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guttenberg Biographie
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jemand seinem Werbefeldzug.
    Auch Seehofer nicht. Zwischen
seinen Auftritten in Eutin und in Kulmbach fliegt Guttenberg zum
CSU-Vorsitzenden. Da erhält er endlich das Signal, dass Seehofer sich seinen
Plänen nicht in den Weg stellen wird. An allen Ecken sickert es jetzt aus der
CSU heraus: Man wird Guttenberg folgen. Der Vorsitzende der
CSU-Landtagsfraktion, Georg Schmid, sagt, die »Tendenz« gehe klar in die von
Guttenberg vorgegebene Richtung. Schmid sagt öffentlich, was Landesgruppenchef
Friedrich kurz zuvor noch in einer Hintergrundrunde, nicht für die
Öffentlichkeit bestimmt, geäußert hatte: Auch Seehofer sei auf Guttenbergs
Linie eingeschwenkt. Auf dem Parteitag im Oktober werde es ein »klares
gemeinsames Signal« der CSU geben. Der Vorgänger Seehofers im Parteivorsitz,
Erwin Huber, spricht von einer »sehr starken informellen Meinungsbildung
zugunsten der Aussetzung«. Am Wochenende darauf ist es dann amtlich: Der
CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident verkündet: »Eine
sicherheitspolitische Notwendigkeit für die allgemeine Wehrpflicht ist nicht
mehr gegeben.« Mit Bezug auf die sicherheitspolitische Begründung des
Verteidigungsministeriums sagt Seehofer: »Damit besteht aus meiner Sicht
verfassungsrechtlich jetzt überhaupt kein Handlungsspielraum mehr.«
    Seehofer, der sich mächtig ärgert,
dass Guttenberg für seine Wende in der Wehrpflichtfrage bejubelt, ihm,
Seehofer, jedoch Wankelmut vorgeworfen wird, erklärt sein Verhalten damit, dass
die »Sicherheitsanalyse der Bundesregierung« erst seit knapp zwei Wochen
vorliege. Diese Fakten habe er erst gebraucht, um zu entscheiden: »Ich möchte,
dass man Entscheidungen, die man trifft, auch dauerhaft durchhalten kann. Wenn
ich mich entschieden habe, bin ich sehr, sehr verlässlich.« Doch ganz einfach
so geschlagen geben will sich Seehofer seinem jungen Rivalen nicht. Ein
kleines Nachtreten muss sein. Deswegen sagt er, wer die Wehrpflicht aussetze in
Friedenszeiten, der schaffe sie für Friedenszeiten auch ab. Genau diese
Debatte hatten Guttenberg und Merkel verhindern wollen. Allerdings sorgt sie
auch in der CSU nur für leichte Verärgerung unter den Guttenberg-Freunden. Zu
einer neuen Diskussionslage führt sie nicht.
    Nachdem Seehofer zugestimmt hat,
geht alles schnell. Am 18. September erscheint der »Bayernkurier« mit der
Schlagzeile auf der Seite eins: »Für eine moderne Bundeswehr - CSU treibt
Reform der Truppe voran - Analyse der Bundesregierung legt Zukunft ohne
Wehrpflicht nahe«. Darunter zeigt ein Foto den Verteidigungsminister und den
CSU-Vorsitzenden lachend Seite an Seite, die Bildunterschrift lautet: »Sie
treiben die Reform der Bundeswehr voran: CSU-Chef Horst Seehofer und
Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg«. Das ist zwar eine
reichliche Verzerrung der Wirklichkeit. Es ist aber das Signal an die
CSU-Mitglieder, dass die Linie des Verteidigungsministers nun auch diejenige
seiner Partei ist. Schluss mit dem Streit.
    Das gilt für die gesamte Union.
Ende September treffen sich die Präsidien beider Parteien zu einer seit langem
geplanten gemeinsamen Sitzung in Berlin. Guttenbergs Plan stößt auf einhellige
Zustimmung. Nicht eine kritische Anmerkung gibt es. Die Kanzlerin fasst es in
die Worte: »Die augenblickliche Sicherheitslage lässt es zu, auf die
Wehrpflicht zu verzichten.« Die vier und sechs Wochen später anstehenden Parteitage
von CSU und CDU werden nun in der Union nicht mehr als bedrohlich wahrgenommen.
Dass es zu Saalschlachten zwischen den Befürwortern und den Gegnern einer Aussetzung
der Wehrpflicht kommt, gilt als ausgeschlossen.
    Wenige Tage bevor die CSU sich
Ende Oktober in München zu ihrem Parteitag trifft, bekommt der Verteidigungsminister
in Berlin allerdings eine Ahnung davon, was ihm nach der politischen
Grundsatzentscheidung über die Verkleinerung der Bundeswehr und die
Abschaffung der Wehrpflicht in den langen Monaten der Umsetzung seiner Reform
blüht - die Mühen der Ebene. Es ist ein Mittwochabend im Konrad-Adenauer-Haus
an der Berliner Klingelhöferstraße. Es tagt die
kommunalpolitische Vereinigung von CDU und CSU. Rund 200 Bürgermeister
und Landräte, Stadtverordnete und Kreisräte, Kämmerer und Sozialdezernenten
haben sich versammelt, um den Verteidigungsminister zu hören. Sie kommen aus
ganz Deutschland, von Lemgo bis Fürstenfeldbruck, vom Emsland bis zum
Elbe-Elster-Kreis. Es sind bodenständige, pragmatische Leute, oft seit vielen
Jahren politisch

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