Lohse, Eckart
Grundmauern nieder. Der Brand hatte in der katholischen Kirche begonnen,
die Teil des Schlosses ist, Ministranten hatten mit dem Weihrauchfass nicht
aufgepasst. Das Schloss samt der Schlosskirche wird im gleichen Baustil wieder
aufgebaut.
Die Rolle der Familie Guttenberg
in dem gleichnamigen Ort hat sich natürlich gegenüber früheren Zeiten sehr
gewandelt. Eine Patronage-Rolle hat die Familie aber immer noch. Heute geht es
darum, die Schirmherrschaft zu übernehmen beim Feuerwehrfest oder das
Feuerwehrauto zu finanzieren, eine Weihnachtsfeier für Senioren oder Kinder
auszurichten und der Gemeinde Guttenberg aus der Klemme zu helfen, wenn sie ein
Grundstück braucht. Darin zeigt sich aber auch, dass die ökonomische Macht der
Guttenbergs nicht verschwunden ist. Anders als viele andere Adelsfamilien
haben die Guttenbergs Besitzkontinuität wahren können. Auch manch alte Rechte
und Pflichten gelten noch. So waren die Guttenbergs über viele Generationen
protestantisch und mit ihnen die Einwohner des Dorfes. Als sie später wieder
katholisch wurden, blieben die Einwohner protestantisch - mit Folgen bis zum
heutigen Tag. So muss sich etwa der evangelische Pfarrer in Guttenberg beim
Schlossherrn bewerben - auch wenn dieser katholisch ist. Denn der Freiherr zu
Guttenberg ist der Patronatsherr der evangelischen Pfarrei, er unterstützt die
Gemeinde finanziell, zahlt dem Pfarrer das halbe Gehalt und muss deshalb dessen
Auswahl zustimmen. So war es auch vor zwei Jahrzehnten, als der heutige Pfarrer
sich vorstellte. Einmal im Jahr wird der Pfarrer ins Schloss zum Kaffee
eingeladen.
Was sind die Guttenbergs aus
adelsgeschichtlicher Sicht für ein Geschlecht? Wer zum Adel gehörte und welche
Familie wie einzustufen war, das ist vor allem eine Frage der Kriterien. Ein
Kriterium ist der Uradel. Der Begriff gilt im Allgemeinen für die
Adelsfamilien, die nachweisen können, dass sie schon vor 1400 adlig
waren. Nach 1400 werden Adelstitel auch an
Bürgerliche verliehen oder auf dem Kaufweg erworben - der Uradel dient also
dazu, sich vom Briefadel abzugrenzen. Den Uradels-Test bestehen die Guttenbergs
mit Bravour. Sie sind von ihrem Ursprung her Reichsritter, reichsunmittelbare
Adlige, das heißt über ihnen steht nur der Kaiser, unter ihnen die normalen
Untertanen. Die Zugehörigkeit zur Reichsritterschaft hat über die reale Macht
allerdings wenig zu sagen. Meist herrschten die Reichsritter nur über einige
wenige Dörfer. Die Reichsritter hatten ein Privileg: Bis 1803 wurden die
Domherren nur aus der Reichsritterschaft gewählt. Deswegen findet man so viele
Domherren in diesen Familien. Der Aufstieg vom Domherrn zum Fürst- oder
Erzbischof bedeutete auch einen sozialen Aufstieg für das Adelshaus.
Zum Hohen Adel, umgangssprachlich
auch Hochadel genannt, gehörten die Guttenbergs, anders als heute oft in der
Presse behauptet, nicht. Dieser Begriff umfasst nach deutscher Definition alle
regierenden Adelshäuser, die im Jahr 1806 als
Souveräne überlebt haben, und alle, die 1806 im
Reichsstand eine Stimme hatten, also Könige, Großherzöge, Herzöge, Landgrafen,
Markgrafen, Pfalzgrafen und Fürsten. Die Freiherren gehören nicht dazu. Dass
die niedrigadligen Freiherren sich dennoch höhergestellten Adligen überlegen
fühlen konnten, weil man dem jüngeren, nach 1806 ernannten
Adel mit Skepsis begegnete, hat Karl-Theodors Urgroßmutter noch in den
fünfziger Jahren demonstriert. Auf die Frage eines »Spiegel«-Reporters, ob sie
nicht gerne eine bayerische Gräfin geworden wäre, sagte sie: »Ein fränkischer
Freiherr spuckt auf einen bayerischen Grafen.«
Die Guttenbergs haben lange im
eigenen Milieu, also unter ebenso niedrigadligen Familien aus der
Reichsritterschaft, geheiratet. Im 19. und 20. Jahrhundert
haben sie sich allerdings mehrfach durch Heirat mit hochadligen Häusern
verbunden, so den Häusern Thum und Taxis, Schwarzenberg und Arenberg. Über die
Arenbergs besteht auch eine Verbindung zum Hause Habsburg: Karl-Theodor zu
Guttenbergs Großtante Ana von Arenberg, die Schwester seiner Großmutter Rosa
Sophie, heiratet 1952 Felix Habsburg, einen Sohn des
letzten österreichischen Kaisers Karl I.
Angesichts der Bedeutung der
vorhergehenden Generationen für das Selbstbewusstsein Karl-Theodor zu
Guttenbergs müssen einige seiner nächsten Vorfahren näher vorgestellt werden.
Vorbild
Großvater: Ein CSU-Politiker
Die Geburt des Enkels Karl-Theodor
Ende 1971 ist ein besonderer Trost für den
Großvater
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