Lohse, Eckart
Elegant, charmant, mit süddeutschem
Redefluss ausgestattet, einer, der nie langweilt - so wird Guttenberg von den
Zeitgenossen beschrieben; aber auch als unabhängig, kühl bis arrogant im
Auftreten, als Einzelgänger. Die Karriere in einem politischen Spitzenamt, die
sein Enkel schon heute gemacht hat, bleibt ihm versagt.
In Guttenberg steht heute ein
Denkmal von Karl Theodor zu Guttenberg. Er ist dort mit Pfeife und mit seinem
geliebten Dackel abgebildet. In Oberfranken war der alte Guttenberg in seiner
Partei ein Idol, wie sich heute noch mancher CSU-Mann erinnert. Der Widerpart
zum mächtigen Parteichef Franz Josef Strauß sei einer gewesen, zu dem man
aufblickte.
Als sein Enkel die politische
Bühne betrat, sei deshalb die Reaktion gewesen: »Ah, wieder ein Guttenberg!«
Die Guttenbergs
und der Widerstand
Immer wieder erinnert der
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in Reden an den 20. Juli 1944,
an das missglückte Attentat auf Hitler durch die Verschwörer um Claus Schenk
Graf von Stauffenberg. Das ist in Guttenbergs Fall mehr als nur die politisch
gebotene Rückschau auf jenes Kapitel im dunkelsten Teil deutscher Geschichte,
auf das sich die Bundesrepublik und insbesondere die Bundeswehr berufen.
Guttenberg hat sich schon vor seiner Zeit als Verteidigungsminister mit dem
Thema auseinandergesetzt, denn er ist mit ihm aufgewachsen. Der Widerstand und
die Erinnerung an ihn sind ein prägender Teil der Familiengeschichte der Guttenbergs.
Unter den Mitgliedern der Großfamilie, den ursprünglichen wie den
angeheirateten, waren eine ganze Reihe bekannter und weniger bekannter
Angehöriger des Widerstands gegen Hitler. Die Guttenbergs haben sich deshalb
immer als Familie des Widerstands begriffen und einen großen Teil ihres
Selbstbewusstseins daraus bezogen.
Hat dieser Widerstand etwas mit
dem Adel zu tun? Zumindest war die Mehrheit der Verschwörer des 20. Juli
adlig. Es ging ihnen nicht nur um ein Attentat auf Hitler, sondern auch um
einen Staatsstreich. An seiner Planung nahmen Leute teil, die im Staatsdienst
und im Militär ganz oben standen. Durch die große Zahl von Frauen und Männern
adliger Herkunft, die an den Planungen beteiligt waren, gehört der 20. Juli
sicher »zu den Ruhmestiteln der deutschen Adelsgeschichte«. Und es ist wohl
nicht abwegig, das Attentat auf Hitler auch als ein Aufflackern des politischen
Herrschaftswillens des Adels zu sehen. Insgesamt gab es aber unter den Adligen
Deutschlands weit mehr Anhänger als Gegner der Nationalsozialisten. Was für
die Deutschen insgesamt gilt, das trifft auch für den Adel zu. Er ist berauscht
oder doch beeindruckt von Hitlers Erfolgen, seine Verbrechen übersieht er
lange, und erst mit der Kriegswende beginnen die Zweifel zu wachsen. Gerade
die norddeutschen, protestantischen Adligen laufen früh in beträchtlicher Zahl
zum Nationalsozialismus über. Auch die Enkel des Reichsgründers Otto von
Bismarck gehören zu den Adligen, die bald nach der Machtübernahme in die NSDAP
eintreten. Zu betonen, dass viele Adlige unter den Verschwörern des 20. Juli
waren, hat nicht zuletzt in den vergangenen zwei Jahrzehnten viel zum
Prestigegewinn des »Adels« in der Bundesrepublik beigetragen. Wie schon früher
konnte man so »die herausragende Haltung Einzelner als Beleg für die
Hochwertigkeit des gesamten Adels« darstellen. Doch das kann kaum darüber
hinwegtäuschen, dass der Adel insgesamt ein eher jämmerliches Bild im
Nationalsozialismus abgegeben hat.
Viele aus dem süddeutschen
katholischen Adel standen den Nationalsozialisten allerdings mit Skepsis oder
gar mit Ablehnung gegenüber. Die Verankerung im Katholizismus spielt dafür
eine wichtige Rolle - Deutschlands Katholiken wählten Hitler bekanntlich in
deutlich geringerer Zahl als die Protestanten. Der bayerisch-katholische Adel
verhält sich jedenfalls in entscheidenden Fragen anders als der
preußisch-protestantische. Er hält der Monarchie lange die Treue, weil er in
Rupprecht von Bayern einen für viele akzeptablen Thronprätendenten hat -
während die Söhne des ins Exil gegangenen protestantisch-preußischen Kaisers
zerstritten sind oder mit den Nazis paktieren. Rupprecht von Bayern ist ein
Gegner der Nationalsozialisten. Er verlässt Berchtesgaden, als Hitler sich dort
immer häufiger aufhält. Später lebt er inkognito in Florenz. Die Mitglieder der
wichtigsten bayerischen und süddeutschen alten katholischen Adelsfamilien
gehören jedenfalls in der Regel nicht der
Weitere Kostenlose Bücher