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Lohse, Eckart

Lohse, Eckart

Titel: Lohse, Eckart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guttenberg Biographie
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teilen viele Adlige mit den
Nationalsozialisten. Die Idee einer durch Stammbäume belegten »reinen
Abstammung« ist dem Adel geradezu selbstverständlich; den Rassen-Antisemitismus
hat der katholische Adel anders als sein protestantisches Pendant allerdings
kaum geteilt.
    Zum Aufstieg Hitlers haben viele
Adlige beigetragen. Zu seinen frühen Förderern gehört Carl Eduard von
Sachsen-Coburg und Gotha. Später engagiert sich etwa der Kaisersohn August
Wilhelm von Preußen in Hitlers Bewegung, setzt sich dafür ein, dass Hitler in
Deutschlands nationalkonservativen Kreisen akzeptiert wird. Letztlich sind es
Reichspräsident Paul von Hindenburg und seine aus ehemaligen Adligen bestehende
Kamarilla, die sich der Illusion hingeben, Hitler durch Ernennung zum
Reichskanzler einbinden und kontrollieren zu können.
    So mag auch die Haltung Georg
Enoch zu Guttenbergs nicht verwundern. Von der Nähe zu den Nationalsozialisten
zeugt in einer Rede um 1930 etwa die
Passage: »Die Feinde des Nationalsozialismus sind auch unsere Feinde! Ihr
Freiheitsdrang ist der unsere. Wir werden die Letzten sein, die sein Überschäumen
tadeln!« Noch im Juli 1933, sechs
Monate nach der Machtübernahme Hitlers, kommt er zu folgender Einschätzung:
»Der Bayerische Heimat- und Königsbund hat zwölf Jahre gegen Parteienstaat und
Parlamentswirtschaft, gegen Pazifismus und undeutsche Gesinnung angekämpft:
Wir sehen heute diese Gegner geschlagen.« Tatsächlich sind im Juli 1933 schon
viele Gegner der Nazis geschlagen. Ende Februar waren nach dem Reichstagsbrand
die Grundrechte außer Kraft gesetzt worden, im März hatte man das Parlament
durch das Ermächtigungsgesetz als politische Kraft ausgeschaltet, im April
wurden freie Parteien und Gewerkschaften aufgelöst und der erste Boykott
jüdischer Geschäfte befohlen, im Mai waren die Bücher »undeutscher« Autoren
verbrannt worden, im Juni wurde die SPD verboten und das erste
Konzentrationslager in Dachau errichtet. Wer noch daran ge zweifelt
haben sollte, welche Politik Hitler und die Nationalsozialisten im Sinn
hatten, der konnte Mitte 1933 schon mehr
als deutlich sehen, wohin die Reise ging.
    Trotz der teilweisen Sympathien
für die Nationalsozialisten sehen viele Mitglieder der katholischen
Adelsfamilien in Bayern Hitler als Gefahr. Seine Machtergreifung will die Königsbewegung
dadurch verhindern, dass sie den bayerischen Kronprinzen Rupprecht wieder an
die Spitze Bayerns bringt. Monatelang hat Georg Enoch zu Guttenberg mit seinen
politischen Freunden darauf hingearbeitet. Noch am Vorabend der geplanten
Übernahme der Regierung durch den Kronprinzen ist er überzeugt, dass der Plan
gelingen würde, nach welchem der Ministerpräsident den Kronprinzen zum »Generalstaatskommissar«
ausrufen soll. Doch es kommt anders am 21. Februar 1933 - der
Ministerpräsident schreckt im letzten Moment zurück, benutzt die
fadenscheinige Ausrede, ein juristisches Detail sei ungeklärt geblieben. Der
letztlich dilettantische Plan ist gescheitert.
    Im Sommer 1934 kommt
nachts um drei Uhr »eine Horde SS-Männer zu Hause ans Schlosstor«, erinnert
sich Karl Theodor der Ältere. Die etwa 40 SS-Leute
durchsuchen das Schloss, vernehmen einige Bewohner und verhaften seinen Vater.
Georg Enoch zu Guttenberg wird ins Münchner Polizeipräsidium in die Ettstraße
gebracht. Der Grund für die Verhaftung ist bald klar: der »Röhm-Putsch«, wie
die Ermordung von bis zu 200 hohen
SA-Leuten, Offizieren der Wehrmacht sowie Oppositionellen aus Politik und
Kirche genannt wird. Unter den Opfern ist auch der ehemalige Reichskanzler
General Kurt von Schleicher. Noch am Abend vor seiner Verhaftung habe Georg
Enoch zu Guttenberg, so schreibt sein Sohn, zu einem Vetter gesagt: »Jetzt
zeigen sie ihr wahres Gesicht. Alles, was sich ihnen entgegenstellt, wird aus
dem Weg geräumt. Wart nur, wir kommen auch noch dran.« Tatsächlich melden
Zeitungen wenige Tage später den Tod Georg Enoch zu Guttenbergs, was darauf
schließen lässt, dass die Nazis ihn auf einer Liste der zu Erschießenden
führten. Doch die Nachricht über seinen Tod ist falsch. Nach mehreren Wochen
wird er aus der Haft entlassen. Wie sehr er in den Jahren danach in den
Widerstand eingebunden war, dazu gibt es jenseits der Familienerinnerung kaum
Quellen. Zu konspirativen Treffen sollen sich die Mitglieder des bayerischen
Königsbundes, so sagt Enoch zu Guttenberg der Jüngere, in der Bibliothek des
Schlosses getroffen haben. Durch eine Brandmauer und eine Eisentür

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