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Lohse, Eckart

Lohse, Eckart

Titel: Lohse, Eckart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guttenberg Biographie
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NSDAP an - anders, als es bei vielen preußisch-protestantischen
Adelshäusern der Fall war.
    Die direkte Verbindung zum
Widerstand gegen den Nationalsozialismus in der Familie Guttenberg ist der
beschriebene Großvater Karl Theodor. Seine Haltung ist wiederum geprägt gewesen
von seinem eigenen Vater: Georg Enoch zu Guttenberg, der Ältere sozusagen, der
Großvater des Dirigenten. Sein Beispiel zeigt, wie wenig geradlinig der Weg in
den Widerstand, ja wie ambivalent die Haltung selbst jener war, die sich durch
resistentes Verhalten hervorhoben. Geboren 1893, dient
Georg Enoch zu Guttenberg im Ersten Weltkrieg als kaiserlicher Offizier in der
Marine. Während des Weltkriegs wird er - in der Nachfolge seines 1915 gefallenen
älteren Bruders Maximilian - jüngster »erblicher Reichsrat« in der Kammer der
Reichsräte der Krone Bayerns, deren Existenz mit dem Ende der Monarchie 1918 erlischt.
Enoch zu Guttenberg ist ein überzeugter Monarchist. Von der Republik und dem
Parlamentarismus hält er nichts, ja er will sie beseitigen. Das unterscheidet
ihn nicht von der Mehrheit seiner Generation aus adligen Familien. Für den Adel
(nicht nur für ihn freilich) bricht 1918 eine Welt
zusammen; der Friedensvertrag von Versailles führt dazu, dass die Söhne der
Adelsfamilien ihre Offiziersposten in der Armee verlieren; aus vielen Ämtern in
der Verwaltung werden sie entlassen; Privilegien und Standesrechte werden
abgeschafft. Mit der Republik möchten sie sich nicht anfreunden. Am Untergang
der Weimarer Republik hat auch jener Teil des Adels, der sich nicht für die
Nationalsozialisten begeisterte, aber die Demokratie samt ihrer »Schwatzbude«
Parlament abschaffen wollte, seinen gehörigen Anteil.
    Georg Enoch zu Guttenberg setzt
sich als Offizier und als »Adelsfunktionär« aktiv dafür ein, die neue Ordnung
wieder durch die alte zu ersetzen. Gegen die extreme politische Linke wendet er
sich mit Gewalt. So kämpft er 1919 gegen die
Kommunisten, die in München eine Räterepublik errichtet haben, wird von ihnen
verhaftet. Angeblich entkommt er nach seinem Ausbruch aus dem Gefängnis durch
die List, dass er sich laut skandierend unter seine eigenen Verfolger mischt.
So zumindest erinnert sich seine Frau Elisabeth zu Guttenberg; doch deren
Memoiren »Beim Namen gerufen« sind nicht frei von der Heroisierung ihres Gatten
und werden in der Familie Guttenberg angesichts ihrer Schönfärberei mit
ironischer Skepsis betrachtet. Später gehört Enoch der Ältere zu dem
Truppenverband, der in München die Kommunisten besiegt und damit der
Räterepublik, deren Herrschaft Adel und Großbürgertum als Tage des Terrors
empfunden hatten, ein Ende setzt. Die Verbände gehen in München laut
zeitgenössischen Erinnerungen äußerst brutal gegen die »Roten« vor. Wenn es
darum geht, das »Bolschewistengeschwür« herauszuschneiden, ist auch der
Adlige, der mit dem Begriff der Ritterlichkeit aufgewachsen ist, alles andere
als zimperlich in der Wahl seiner Mittel. Auch der Mörder des
Ministerpräsidenten Hans Eisner ist ein Mann von Adel: Der junge Graf von
Arco-Valley erschießt im Februar 1919 den Führer
der Räterepublik von hinten und bleibt nach seiner vorzeitigen Entlassung aus
der Haft ein angesehenes Mitglied der bayerischen Adelskreise.
    Am Kapp-Putsch im Jahre 1920, dem
Versuch von Monarchisten unter Leitung von Wolfgang Kapp, die instabile Weimarer
Republik durch eine Monarchie zu ersetzen, ist Georg Enoch zu Guttenberg
ebenfalls beteiligt; er nimmt in der Pfalz und in den linksrheinischen Gebieten
an Gefechten zwischen Kapp-Anhängern und Kommunisten teil. Der Versuch, der
Republik den Garaus zu machen, scheitert jedoch; die nach Weimar geflohene
Reichsregierung kann bald nach Berlin zurückkehren.
    Die Monarchie will Georg Enoch zu
Guttenberg auch künftig wieder errichten. Von 1928 an führt
er - in Nachfolge von Erwein Freiherr Aretin, einem Freund der Familie - den
Bayerischen Heimat- und Königsbund, in dem sich die königstreuen Abkömmlinge
der Adelshäuser zusammenfinden. Der Bund hat zu dieser Zeit rund 1330 Ortsvereine, 65000 Mitglieder sind in ihnen zusammengeschlossen. Mit
den erstarkenden Nationalsozialisten hat er seine Probleme, hegt aber auch
Sympathien für sie. So verbindet die Gegnerschaft zum Kommunismus, der den
Adelsfamilien damit droht, ihnen nach dem Verlust der politischen Macht auch
noch den Besitz zu entreißen. Auch die Verachtung des Parlaments und oft einen
mehr oder weniger offenen Antisemitismus

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