Lohse, Eckart
Familie - er hat drei Kinder mit Therese -
das ausbaden müsste. So wird er in Zagreb verhaftet und nach Berlin in das
Gestapo-Gefängnis in der Lehrter Straße gebracht. Mehrere der mitverhafteten
Widerstandskämpfer haben später mit Bewunderung erzählt, mit welcher inneren
Ruhe Guttenberg, der auch gefoltert wurde, sein Schicksal annahm.
Hitler soll nach der Lektüre
einiger Bände der Tagebücher von Wilhelm Canaris am 5. April 1945 die
»sofortige Vernichtung der Verschwörer« befohlen haben. Canaris, Dohnanyi,
Oster und andere werden am 6. und am 9. April 1945 in den
Konzentrationslagern Sachsenhausen und Flossenbürg ermordet. Guttenberg bleibt
weiter in Haft in der Lehrter Straße. Vom 19. April an
hören die Gefangenen dort das Dröhnen der sowjetischen Geschütze, zwei Tage
später schlagen Granaten auf dem Gelände des Gefängnisses ein. An diesem Tag
entscheidet der Gestapo-Chef Heinrich Müller, welche Gefangenen zu entlassen
und welche umzubringen seien. Mit der Ausführung des Befehls beauftragt er den
Kriminalrat und SS-Obersturmbannführer Kurt Sawitzki, der schon Judenmorde in
Galizien organisiert hatte und kurz zuvor die Ermordung von Canaris und Oster.
Er lebt nach dem Krieg in Bonn unbehelligt bis zu seinem Tod 1959.
Am Abend des 22. April
werden 16 Gefangene, die nicht entlassen
wurden, aus dem Gefängnis an der Lehrter Straße auf ein nahe gelegenes
Ruinengrundstück geführt. SS-Männer ermorden sie mit Genickschüssen. Drei
Gefangene sind im Gefängnis zurückgeblieben: Guttenberg, der SPD-Politiker
Ernst Wilhelm Schneppenhorst, einst Minister in der Bayerischen Räterepublik,
die Karl Ludwigs Bruder zerschlagen half, und der frühere
Botschaftsrat Albrecht Graf von Bernstorff. In der Nacht vom 23. auf den 24. April
werden sie von einem SS-Mordkommando aus dem Gefängnis gebracht und erschossen.
Ein Grab gibt es nicht. Wahrscheinlich wurden die Erschossenen mit mehr als 60 anderen
Toten in einem Bombentrichter auf einem nahen Friedhof verscharrt.
Ob sich Karl Ludwig zu Guttenberg
unter dem Eindruck seiner Freundschaften im Widerstand vom Monarchisten zum
Demokraten gewandelt hatte, ist ungewiss. Sein Urgroßneffe Karl-Theodor zu
Guttenberg glaubt, dass es so gewesen sei. Die Witwe Therese zu Guttenberg hat
ihren Kindern nach dem Krieg jedenfalls versichert, es wäre im Sinne des Vaters
gewesen, dass sie zu den Gründungsmitgliedern der CSU in ihrem Heimatort Bad
Neustadt/Saale gehörte. Dort ist seit 2005 eine
Schule nach Karl Ludwig zu Guttenberg benannt.
Guttenbergs,
Stauffenbergs und Tom Cruise
Die jüngere Forschung hat
verschiedentlich darauf hingewiesen, dass die Mitglieder der Verschwörung
gegen Hitler als hohe Offiziere und hohe Beamte zugleich auch Stützen des
Systems waren und dass manches in ihrem Denken vom Geist des
Nationalsozialismus nicht allzu weit entfernt gewesen sei. Wie die Brüder Georg
Enoch und Karl Ludwig zu Guttenberg lehnt auch der Hitler-Attentäter Claus von
Stauffenberg die parlamentarische Demokratie ab. Den Nationalsozialisten steht
er mit Verachtung gegenüber, jedoch findet man bei ihm, der Mitglied des einen
Führerkult praktizierenden Kreises um den Schriftsteller Stefan George war,
auch Aussagen, die von einer gewissen Nähe zum Nationalsozialismus zeugen. Eingesetzt
im Feldzug gegen Polen, schreibt Stauffenberg 1939 in einem
Brief an seine Frau: »Die Bevölkerung ist ein unglaublicher Pöbel, sehr viele
Juden und sehr viel Mischvolk. Ein Volk, welches sich nur unter der Knute wohl
fühlt. Die Tausenden von Gefangenen werden unserer Landwirtschaft recht gut tun.
In Deutschland sind sie sicher gut zu gebrauchen, arbeitsam, willig und
genügsam.« Wie immer das Zitat zu werten ist, so zeugt es kaum von einer klaren
Gegnerschaft zur nationalsozialistischen Politik. Stauffenberg erkennt erst im
Laufe des Zweiten Weltkriegs den verbrecherischen Charakter des Regimes; die
drohende Niederlage Deutschlands trägt dazu bei, dass er sich zum Gegner des
Nationalsozialismus entwickelt, der die Beseitigung des Diktators plant.
Karl-Theodor zu Guttenberg geht
indes die Kritik an Stauffenberg und anderen Mitgliedern des 20. Juli zu
weit. Ihn stört, wie er Anfang 2009, da ist er
Bundestagsabgeordneter und junger Generalsekretär der CSU, in einem Artikel für
die »Welt am Sonntag« schreibt, »der belehrende, akribisch die Schwächen
suchende und letztlich zur Marginalisierung neigende Unterton mancher
Beschreibungen der Widerstandsbewegung«.
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