Lohse, Eckart
Guttenbergs Tante Elisabeth, die um zwei Jahre ältere
Schwester seines Vaters Enoch, heiratet am 25. Mai 1965 Franz
Ludwig Schenk Graf von Stauffenberg, den dritten Sohn des Hitler-Attentäters.
In der Tischrede zur Hochzeit seiner Tochter Elisabeth macht Karl Theodor der Ältere
den Widerstand gegen Hitler zum Thema und verbindet die Tat Staufenbergs mit
dem Ansehen des Adels: »Der Name Stauffenberg [...] ist in der Stunde der
geschichtlichen Prüfung vor allen übrigen zum Zeichen des anderen, des achtbaren
und würdigen Deutschland geworden. Als Dein Vater handelte, als er sein Leben
ließ und die Ehre unseres Landes durch ihn wiederhergestellt war - da war dies
eine wahrhaft edle, eine wahrhaft adelige Tat. Von diesem Tage an bis in ferne
Zukunft wird man den Namen Stauffenberg mit Achtung nennen, solange es Deutsche
gibt, die ihre eigene Nation achten. Lass mich also sagen, dass ich keinen
Namen wüsste, der mir für meine Tochter lieber wäre als der Deine - der Name
der Grafen Stauffenberg, der seit der Tat und dem Tod Deines Vaters zu den
stolzen Namen unserer Geschichte zählt.« Die pathetische Würdigung macht
zugleich deutlich, welche Last einem Kind der Widerstandskämpfer aufgebürdet
wurde - auch durch diejenigen, die das Handeln ihrer Väter als Heldentat
betrachteten.
Karl-Theodor zu Guttenbergs Onkel
Franz Ludwig von Stauffenberg ist dafür ein Beispiel. Er strebt selbst eine
politische Karriere in Deutschland an. Nach seinem Jura-Studium und
Tätigkeiten in der Wirtschaft sowie als selbständiger Rechtsanwalt beginnt
Stauffenberg eine Laufbahn als Politiker der CSU. Mit 34 Jahren
wird er 1972 in den Bundestag gewählt, wo er
zwölf Jahre lang als Abgeordneter tätig ist. Der Wirtschaftsjurist ist ein
überzeugter Konservativer, der gegen den linken Zeitgeist kämpft. In die
Politik sei er, so sagt er, »nicht aus andächtiger Verehrung« des Vaters
gegangen, »sondern wegen der Irrwege meiner Altersgenossen von 1968«. Eine
herausragende Rolle in der Politik kann er trotz seines berühmten Namens nicht
spielen, worunter er, wie Parteifreunde sagen, gelitten haben soll. Den
Bundestag verlässt er 1984, weil er
über die »Reservebank« nicht hinausgekommen sei. Danach ist er weitere acht
Jahre Abgeordneter im Europaparlament. Von 1988 an ist er
zudem für vier Jahre Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände.
Auf Empfehlung des damaligen CSU-Finanzministers Theo Waigel wird er 1993 Geschäftsführer
einer Treuhand-Tochter in Berlin, der Bodenverwertungs- und -Verwal tungsgesellschaft (BVVG), die für
die Privatisierung der Wälder in den neuen Bundesländern verantwortlich ist.
Viele der dortigen Waldflächen gehen in dieser Zeit an Unternehmer mit adligen
Namen - der Wald ist von jeher eine Domäne der »Adelswirtschaft«. Stauffenberg
macht noch mehrmals politisch auf sich aufmerksam. 1994 protestiert
er anlässlich des 50. Jahrestags des Attentats auf
Hitler dagegen, dass in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand im Bendlerblock
in Berlin auch des von Moskau gesteuerten Nationalkomitees Freies Deutschland
gemeinsam mit den Männern vom 20. Juli gedacht
wird - zum Nationalkomitee gehörten auch der erste Präsident der DDR, Wilhelm
Pieck, und der Partei- und Staatschef Walter Ulbricht. Es dürfe »keine Kumpanei
mit Lumpen« geben, sagt Franz Ludwig von Stauffenberg. Viele alte
Sozialdemokraten unterstützen seinen Protest, auch der damalige
CDU-Verteidigungsminister Volker Rühe. Doch letztlich wird das Nationalkomitee
Freies Deutschland in der Ausstellung zum Widerstand gegen Hitler seinen Platz
finden.
Stauffenberg macht noch einmal von
sich reden, als er 2008 zusammen
mit dem CSU-Politiker Peter Gauweiler vor dem Bundesverfassungsgericht gegen
den Lissabon-Vertrag der EU klagt.
Franz Ludwig von Stauffenberg und
seine Frau leben heute im Schloss Kirchlauter in Unterfranken, das auch Guttenberg'sches
Wasserschloss genannt wird. Nina von Stauffenberg, die im Februar 2006 im Alter
von 92 Jahren starb, hat dort die letzten
Jahre ihres Lebens verbracht.
Die familiären Verbindungen der
Guttenbergs zu den Verschwörern des 20. Juli
erschöpfen sich nicht in der Verbindung zu den Stauffenbergs. Ein weiterer
angeheirateter Onkel von Karl-Theodor zu Guttenberg ist ebenfalls Sohn eines Widerstandskämpfers.
Guttenbergs Tante Praxedis, die zehn Jahre jüngere Schwester seines Vaters
Enoch, ist die Frau von Albrecht Freiherr von Boesekger. Sie hatte, als ihr
Vater schon
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