Lohse, Eckart
den 1885 geborenen
Clemens Schenk Graf von Stauffenberg. Dessen Vater ist Berthold Graf von
Stauffenberg (1859-1944).
An die Besuche bei ihm auf Schloss
Greifenstein erinnert sich die Urgroßmutter des heutigen Ministers: »Berthold
von Stauffenberg war der Chef des Hauses von Stauffenberg, aufrecht mit klarem
Blick und von ausgeprägtem rechtlichem Denken. Für uns alle, ja für den ganzen
fränkischen Adel war er ein Fels der Zuflucht. Wenn es Familienzwistigkeiten
oder wirtschaftliche Schwierigkeiten zu klären gab, suchte man seinen Rat -
und der war manchmal hart, aber immer klar. Für uns war Onkel Berthold geistig
und auch nach seiner Erscheinung die Personifizierung des Ritterlichen.« Jener
Berthold von Stauffenberg hatte einen um ein Jahr jüngeren Bruder namens Alfred
Klemens - er ist der Vater von Claus von Stauffenberg. Der angeheiratete
Urgroßonkel Clemens Schenk Graf von Stauffenberg war also ein Cousin des
Hitler-Attentäters.
Die Notsituation nach dem 20. Juli 1944 bringt die
Familien Stauffenberg und Guttenberg näher zusammen. Hitler gibt nach dem
gescheiterten Attentat den Befehl, alle Stauffenbergs zu verhaften.
Auch Elisabeth von Stauffenberg,
geborene Freiin zu Guttenberg, wird zusammen mit ihrem Mann Clemens in Oberstdorf
festgenommen, wo sich das Ehepaar in einem Sanatorium aufhält. Elisabeth zu
Guttenberg, die Urgroßmutter des heutigen Ministers, sucht nach der Schwägerin
und dem Schwager und findet sie im Gefängnis in München-Stadelheim. Durch
Anfragen bei allerlei Dienststellen der Nazis bekommt sie heraus, dass die
ebenfalls inhaftierten Kinder des Ehepaars noch leben. Elisabeth zu Guttenberg,
so schrieb ihr Sohn Karl Theodor der Ältere, sei damals oft zwischen Gefängnissen,
Konzentrationslagern und Gestapodienststellen unterwegs gewesen, um den
inhaftierten Familienangehörigen zu helfen. Nach dem Krieg ist sie vielfältig
karitativ tätig; unter anderem leitet die einem mystischen Christentum verhaftete
Baronin, die als junge Frau zum Katholizismus konvertierte, von 1957 bis 1980 die
Arbeitsgemeinschaft katholischer Frauen in Bayern. Im Jahre 2004 wurde in
München eine Straße nach ihr benannt.
Zumindest den Schwager Clemens von
Stauffenberg kann Elisabeth zu Guttenberg auf dem heimischen Schloss pflegen -
er ist zuvor von Melitta von Stauffenberg mit dem Flugzeug nach Hof gebracht
worden, nachdem die Gestapo den Schwerkranken freigelassen hatte. Melitta von
Stauffenberg, eine Schwägerin des Hitler-Attentäters, ist eine
Luftwaffen-Ingenieurin und Testpilotin, die auf Befehl von Hermann Göring sechs
Wochen nach dem Attentat vom 20. Juli aus
der Haft entlassen wird. Sie kann durch ihre privilegierte Stellung ihren
inhaftierten Verwandten, darunter der Stauffenberg-Witwe Nina, mehrfach helfen.
Kurz vor Kriegsende, am 8. April 1945, wird sie
von einem amerikanischen Flugzeug bei Straßkirchen abgeschossen, als sie ihren
noch inhaftierten Mann befreien will.
In den letzten Kriegstagen kommen
mehrere Mitglieder der Familie Stauffenberg und anderer Adelsfamilien vorübergehend
im Schloss Guttenberg unter. Darunter ist zeitweilig auch Nina von
Stauffenberg, die Witwe des Attentäters, die im Gefängnis eine Tochter zur Welt
gebracht und erfahren hat, dass ihr Cousin Clemens in Guttenberg ist. Ihre
Erinnerung an Guttenberg ist freilich nicht von allzu großer Herzlichkeit und
Wärme geprägt. Nach der Erfahrung verschiedener Konzentrationslager und
angesichts der katastrophalen Situation Deutschlands empfindet Nina von
Stauffenberg die davon scheinbar unberührte Atmosphäre in Guttenberg als
trügerische, kaum erträgliche Idylle: »Guttenberg, nobel und gepflegt, war voll
der verschiedensten Leute: die Ambessers, die Lippas etc. Zur Tür herein kam,
in grünem Chiffon, Frau von Lippa. Wir saßen um den runden gepflegten Teetisch.
Der Clemens schien mir verloren in diesem eleganten Zirkus. Nach all dem, was
ich inzwischen erlebt hatte, hätte ich am liebsten auf den Tisch gehauen!«
Lange hält sie es hier nicht aus. Zudem sucht sie ihre vier älteren Kinder, von
denen sie seit einem Jahr getrennt ist. Diese findet sie kurze Zeit später in
einem NS-Kinderheim bei Bad Sachsa, wohin die Nazis sie und andere Kinder von
Widerstandskämpfern nach dem 20. Juli
gebracht hatten. Man hatte den Stauffenberg-Kindern den Familiennamen »Meister«
gegeben.
Über eines dieser Kinder kommt
eine weitere enge Beziehung der Guttenbergs zu den Stauffenbergs zustande.
Denn Karl-Theodor zu
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