Lohse, Eckart
Regionalfürsten gewählte Guttenberg bald noch
viel steiler aufsteigen wird. Im September 2008 bekommt
die CSU bei der Landtagswahl für ihre Verhältnisse katastrophale 43,4 Prozent
der Stimmen, verliert erst die absolute Mehrheit und in der Folge sowohl ihren
Vorsitzenden als auch den Ministerpräsidenten Günther Beckstein. Und
Generalsekretärin Christine Haderthauer. Wieder wird überraschend ein Platz für
Guttenberg frei.
Diesmal braucht er sich gar nicht
zu überlegen, ob er sich bewerben, ob er einen kurzen Anlauf zum Sprung nehmen
soll. Der neue Parteivorsitzende Horst Seehofer, ein bis dahin fast lupenreiner
Bundespolitiker, dem die CSU in ihrer Not das Erbe von Huber und Beckstein
überlässt, sucht sich den jungen Außenpolitiker aus dem Bundestag als
Generalsekretär aus. Guttenberg erfährt dann in der letzten Oktoberwoche 2008 mehr oder
minder aus den Medien, dass die Wahl auf ihn gefallen ist. Jedenfalls erzählt
er die Geschichte so. Es habe »natürlich« Vorgespräche mit Seehofer gegeben:
»In der entscheidenden Phase, in der Nacht zum Donnerstag, war ich jedoch in
meiner oberfränkischen Heimatgemeinde, wo es kaum Handyempfang gibt. Morgens um
sieben Uhr hörte ich nach gutem Schlaf dann in den Nachrichten, dass ich wohl
Generalsekretär werden soll.«
Das Amt des Generalsekretärs einer
Partei ist ein hohes und wichtiges, damit auch ein mächtiges. Der
Generalsekretär ist der Funktion nach der Stellvertreter des Parteivorsitzenden
auf der politischen Erde. Er ist stärker als der Vorsitzende für die operative
Arbeit zuständig, plant und exekutiert die Programmdebatten ebenso wie die
Wahlkämpfe. Es ist zwar nirgends formal festgelegt, aber es gilt, dass der
Generalsekretär grundsätzlich rhetorisch kräftiger hinlangen darf als der
Parteivorsitzende. Will dieser testen, wie eine neue Idee, eine Abweichung vom
bisherigen Kurs, eine inhaltliche Provokation ankommt, so schickt er häufig
seinen Generalsekretär vor, der sich im Zweifel auch beschimpfen lassen muss,
wenn die Sache nicht auf positiven Widerhall stößt. Gerade in der CSU wird der
Posten der Nummer zwei in der Partei gern mit dem Wort »Wadenbeißer«
umschrieben. Man muss beim Austeilen nicht zimperlich sein, darf beim
Einstecken anschließend aber auch nicht das Sensibelchen geben.
Mancher Generalsekretär wird einem
größeren Publikum kaum bekannt. Bei der SPD haben die vielen Wechsel im Amt des
Vorsitzenden in der jüngeren Zeit dazu geführt, dass auch zahlreiche
Generalsekretäre kamen und gingen und ihre Namen einer breiteren Öffentlichkeit
verborgen blieben. Aber es gibt Gegenbeispiele, also Generalsekretäre, die von
ihrem Amt aus den Sprung nach oben oder sogar nach ganz oben geschafft haben.
Der prominenteste Fall in der CSU ist deren erster Generalsekretär Franz Josef
Strauß. Was er nicht schaffte, gelang später jener Frau, die erst
CDU-Generalsekretärin war, später Parteivorsitzende und schließlich das
Kanzleramt eroberte. Angela Merkel gehörte schon als Generalsekretärin
eindeutig nicht zum Typus Wadenbeißer.
So ähnlich ist es auch mit dem
Mann, den Horst Seehofer sich für dieses Amt aussucht. Das unter seinen
CSU-Vorgängern vom Schlage eines Markus Söder übliche Gepolter liegt ihm
nicht, er beherrscht es im Zweifel auch gar nicht, obschon er sich auch in
einem Bierzelt durchaus Gehör verschaffen kann. Dass er nicht zur
Schlammschlacht neigt, liegt neben seinem Naturell auch an seinem bisherigen
Thema. Außenpolitiker sind in der Regel zu einer gewissen Vorsicht gezwungen,
weil auf der internationalen Bühne ein falsches Wort häufig mehr Unheil
anrichtet als in der nationalen Debatte.
Guttenberg will sich weder im Stil
noch in den Inhalten von seiner bisherigen Tätigkeit lossagen. Als er im neuen
Amt befragt wird, ob er das außenpolitische Thema aufgeben werde, ist die
Antwort kurz und eindeutig: »Mit Sicherheit nicht.« Kurz bevor er das neue Amt
antritt, sagt er Sätze, die klarmachen, dass er sich nicht auf Bayern oder das
Zanken innerhalb der Union beschränken will: »Ja, ich habe John Mc-Cain und
Barack Obama persönlich kennengelernt.« Selbst wenn er über den
Bundestagswahlkampf des folgenden Jahres spricht, wird die Außenpolitik
eingeflochten. Er hoffe, so Guttenberg, dass mit der Wahl Obamas zum
Präsidenten
Kein Wadenbeißer: CSU-Chef Horst
Seehofer präsentiert den neuen Generalsekretär der Partei am 3. November 2008
in München
das transatlantische Verhältnis
als
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