Lohse, Eckart
zum Minister Guttenberg ab, wenn man seine frühen
Äußerungen zu den Befugnissen der Isaf-Truppe mit seinen späteren Einlassungen
zum Alltag der Bundeswehr in Afghanistan vergleicht. Schon 2007 weist
CSU-Mann Guttenberg darauf hin, dass Isaf auch »aktiv militärisch« gegen gegnerische
Kräfte vorgehen dürfe. Zwei Jahre später wird er als Verteidigungsminister für
Aufsehen sorgen, indem er das Wort »Krieg« für die Lage am Hindukusch gutheißt
und selbst von »kriegsähnlichen Zuständen« spricht.
Nicht nur thematisch positioniert
sich Guttenberg in jenen Jahren, sondern ebenso als Parteipolitiker. Er
arbeitet nicht nur mit dem CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz zusammen, der
als einer der besonders Seriösen seiner Zunft gilt, sondern auch mit der
politischen Konkurrenz. Auch hier achtet Guttenberg darauf, an der Seite der
gut Beleumundeten aufzutauchen. Hans-Ulrich Klose gilt als einer der besten unter
den SPD-Außenpolitikern, die nicht zuerst die Brille der Partei aufsetzen,
bevor sie sich zu einem Vorgang äußern, sondern in hohem Maße der Sache
verpflichtet sind. Guttenbergs gemeinsam mit Klose gemachter Vorschlag zu
Afghanistan und dem Bundeswehreinsatz adelt - politisch gesehen - den jungen
Christdemokraten mehr als den erfahrenen Sozialdemokraten. Der Subtext lautet:
Hier tritt kein kleinkarierter CSU-Mann aus der oberfränkischen Provinz an, dem
zufällig das Ressort Außenpolitik zugeteilt wurde, sondern ein Politiker, dem
es um das Wohl Deutschlands geht.
Dabei dürfen die eigenen Freunde
aus der Union auch mal ihre Provinzialität vorgeführt bekommen. Guttenberg ist
zwar gegen eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union. Als
jedoch im Oktober 2004 sein Parteivorsitzender, der
bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber, und der Regierungschef von
Baden-Württemberg, Erwin Teufel, erwägen, eine Unterschriftenaktion gegen den
türkischen EU-Beitritt zu starten, äußert der junge Außenpolitiker sich
ablehnend: »Ich stehe dieser Initiative mit Skepsis gegenüber, weil sie zu
Missverständnissen in Deutschland und im Ausland führen könnte - insbesondere
in der Türkei.« Hier will einer zeigen, dass er ans große Ganze denkt.
CSU-Chef in
Oberfranken
Als Außenpolitiker macht
Guttenberg in Berlin und der Welt also alles in allem eine ordentliche Figur -
nicht weniger, aber auch nicht mehr. Aus den Geschichten über den Großvater,
über dessen Kämpfe in der CSU, über seinen Streit mit Strauß und aus der
eigenen Erfahrung weiß der CSU-Abgeordnete, dass wirklich mächtig nur werden
kann, wer in der Partei etwas zu sagen hat. Deswegen hatte er sich früh in den
Bezirksvorstand Oberfranken wählen lassen. Manche, gerade der Jüngeren, die
samstags am Vormittag in Jeans zur Vorstandssitzung kommen, müssen sich an den
selbst in Freizeitkleidung noch elegant aussehenden Adligen erst gewöhnen. Der
Name ist bekannt. Werner Schnappauf nennt die Familie Guttenberg eine
»Institution« in Oberfranken. »Der Baron« sei ein »stehender Begriff«, der von
Vater Enoch auf Sohn Karl-Theodor übergegangen sei. Dieser erscheint pünktlich
zu den Vorstandssitzungen, bittet jedoch gelegentlich, seinen Beitrag vorziehen
zu dürfen, weil er nach Washington reisen müsse. Schon damals scheint er einen
Hang zum großen Auftritt zu haben. Er sei, so erinnert sich ein
Vorstandsmitglied, ein Unikat gewesen.
Guttenberg hat zwar kein über die
Jahre gewachsenes großes Netz in der CSU, ist nicht Mitglied eines
Männerbündnisses, vergleichbar dem Andenpakt in der CDU. Aber er kann nicht
nur größere Versammlungen von Menschen begeistern, sondern auch Einzelne an
sich binden, für sich einnehmen. An der Basis in seinem Wahlkreis ist einer der
wichtigsten dieser Vertrauten Henry Schramm. In dem Jahr, da Guttenberg in den
Bundestag geht, wird Schramm Kreisvorsitzender und Stadtrat in Kulmbach. Da
beginnt die gemeinsame Zeit der beiden. Sie bilden eine Bürogemeinschaft,
zunächst in einem kleineren Büro. Ein Jahr später steigt Schramm zum Abgeordneten
im Bayerischen Landtag auf. Die beiden wechseln in ein größeres Büro.
Guttenberg hat das Zimmer mit der Nummer eins, Schramm das mit der Nummer
fünf. Letzteres hat den schöneren Blick, auf die Plassenburg oberhalb von Kulmbach.
Der Mittelpunkt von Guttenbergs
politischem Leben ist Berlin, hier lebt er mit seiner Familie. Dass die
Parteibasis einem Bundestagsabgeordneten so etwas durchgehen lässt, ist
ungewöhnlich. In der
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