Lohse, Eckart
ist aber sein Parteichef, der
CSU-Vorsitzende Horst Seehofer. Das Verhältnis zwischen beiden Politikern ist
zerrüttet, und Glos weiß, dass er gehen muss, nachdem auch der seiner Generation
angehörende Parteivorsitzende Erwin Huber und der ebenfalls aus seiner
Alterskohorte stammende Ministerpräsident Günther Beckstein Seehofer weichen
mussten.
Glos ist entschlossen, noch vor
der Bundestagswahl im Herbst sein Amt aufzugeben. Seinen Rücktrittsbrief hat er
schon im Januar geschrieben, er wartet nur noch auf eine Gelegenheit, ihn abzuschicken.
Am Samstag, dem 8. Februar 2009, ist es so
weit. Glos verbindet seinen Rücktritt mit einer kleinen Gemeinheit. Sein Fax
mit der Bitte an den »lieben Horst«, ihn »von meinen Ministerpflichten zu
entbinden«, sendet er an Seehofers Privatadresse in Ingolstadt, während der als
Gastgeber auf der Sicherheitskonferenz in München ist. Zugleich schickt er es
an die Redaktion der »Bild am Sonntag«. So erfährt Seehofer vom Rücktritt erst
mitten auf der Konferenz, als die Nachrichtenagenturen ihn längst verkündet
haben. Kanzlerin Angela Merkel wird durch einen Anruf von Glos informiert. Sie
hasst Kabinettsumbildungen, will ihren Minister zum Bleiben überreden. Doch der
teilt ihr mit, dass die Presse schon informiert sei. Die Kugel ist aus dem
Lauf.
Seehofer muss nun schnell einen
Nachfolger finden. Eigentlich will er den CSU-Schatzmeister und Bauunternehmer
Thomas Bauer aus Schrobenhausen als Wirtschaftsminister installieren - das
plant er schon länger. Doch den Seehofer-Spezi, einen bundespolitisch wenig erfahrenen
Mann, will die Kanzlerin nicht. Zudem ist Bauer Oberbayer, Glos aber ist
Franke; der neue Minister sollte also im Idealfall auch Franke sein, da die CSU
auf ihren Regionalproporz stets größten Wert legt. Der bayerische
Finanzminister Georg Fahrenschon gilt zwar als guter Fachmann, doch seine
Versetzung nach Berlin würde in Seehofers Münchner Kabinett ein großes Loch reißen.
Die Notlösung heißt: Karl-Theodor zu Guttenberg, seit 100 Tagen
Generalsekretär der CSU. Gegen den hat auch die Kanzlerin nichts einzuwenden.
Seehofer wendet die Notlösung ins Positive, sagt, der 37 Jahre alte
Politiker sei zwar sehr jung, aber diese Verjüngung sei genau das, was er, der
CSU-Chef, wolle. Dass sein Geschöpf ihn bald in den Schatten stellen wird,
kann Seehofer damals wohl kaum ahnen.
Der jüngste Wirtschaftsminister in
der Geschichte der Bundesrepublik wird am 10. Februar 2009 vereidigt.
In ökonomischen Fragen ist er ein nahezu unbeschriebenes Blatt. Deshalb ist
seine Ernennung gewagt für eine Regierung, die sich einer schweren Finanzkrise
stellen muss und die deshalb gerade einen Rettungsfonds für die Wirtschaft
beschlossen hat, der 100 Milliarden
Euro ausmacht, und die einen weiteren in Höhe von 50 Milliarden
plant.
Doch zunächst einmal herrscht
Erleichterung im Bundeswirtschaftsministerium. Das Haus hat wieder einen
echten Chef, es kommt im Konzert der Ministerien wieder vor, die Beamten können
Selbstbewusstsein tanken. Guttenberg lässt, so ist es seine Art, keine Kamera
vorbeiziehen, ohne einen Satz zu sagen, und in den Redaktionen treffen die
Pressemitteilungen aus dem Wirtschaftsministerium im gefühlten Stundentakt
ein. Der neue Minister gibt täglich Interviews, er ist in den abendlichen
Nachrichtensendungen und in den Talkshows der Republik präsent. Nicht dass er
so viel Substanzielles zum Thema der Wirtschafts- und Finanzkrise zu sagen
hätte. Er redet von Kriterien, Maßstäben und tragfähigen Konzepten, wie
Politiker es eben so tun, wenn sie nichts Konkretes sagen wollen oder können. Aber
die selbstbewusste Art, mit der er das macht, lässt aufhorchen und hinschauen.
Selten ist ein Minister so schnell bekannt geworden. Und allein, dass
Guttenberg den Staat auch in der Finanzkrise nicht als den Heilsbringer
darstellt, lässt viele in der Union frohlocken, endlich habe man wieder ein
ordnungspolitisches Gesicht, das man seit dem Abgang von Friedrich Merz aus
der Politik schmerzlich vermisst hat.
Guttenberg hat begriffen, dass er
vor allem als Mann der Prinzipienfestigkeit punkten kann. Diese Rolle zu
spielen fällt ihm nicht schwer. Und er hat ein paar Sprüche drauf, die gut zur
Krise passen wie: »Wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, sollte man nicht
den Kopf hängen lassen.« Zudem wendet er sich gegen ein »Perpetuum mobile
immer neuer Konjunkturpakete«, noch ehe die schon beschlossenen ihre Wirkung
gezeigt hätten. Und er warnt
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