Lokalderby
Svetlana besorgt.
»Ich verständige eine Bekannte von mir, die ist bei der Polizei.«
»Nein!«, rief Svetlana bestürzt. »Bullen briiingen meine Dirk bloß Probleme.«
»Ohne Polizei wird dein Zukünftiger wahrscheinlich viel größere Probleme kriegen. Was, wenn Sakowsky das nächste Opfer ist?«
»Troootzdem: Ich wiiill keine Buuullen!« Als Paul keine Anstalten machte, das Telefon zur Seite zu legen, bekräftigte sie: »Wenn du die Polizei rufst, werde ich niiichts sagen. Die dann glauben, du chast dir alles nuuur zusammengespooonnen.«
Na toll, dachte Paul grimmig. Im Umgang mit diesem Herzchen hatte er wirklich seine liebe Not. »Dann erzähl mir wenigstens, was du noch weißt über Buggis Erkenntnisse.«
»Niiichts. Meine Dirk spricht niiicht darüber. Ich glaube, er will mich damit schüüützen.«
Paul überlegte, ob es Sinn ergab, wenn er selbst versuchte, Sakowsky zum Reden zu bringen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass er abblitzen würde, erschien ihm als sehr hoch. Wenn er dieser vielversprechenden Spur folgen wollte, würde ihm wohl nichts anderes übrig bleiben, als sich auf Svetlanas abenteuerlichen Plan einzulassen. Falls jedoch Katinka davon erführe, könnte er gleich einen Termin beim Scheidungsanwalt ausmachen.
»Uuund?«, fragte Svetlana und trippelte auf ihren High Heels übers Parkett. »Maaachst du es mit miiir?«
Paul überhörte die Doppeldeutigkeit ihrer Worte und sagte mit allem Ernst in der Stimme: »Ja, ich komme morgen Abend kurz nach dem Anpfiff in euer Appartement. Aber eines ist klar: Wenn wir konkrete Hinweise auf ein Motiv für den Mord an Buggi entdecken, ziehen wir die Polizei hinzu. Dann gibt es keine Ausflüchte mehr.«
Svetlana ließ sich diese Bedingung durch den Kopf gehen, bevor sie zustimmte: »Einverstanden. Ich erwarte diiich morgen bei miiir.« Mit diesen Worten drückte sie ihm die Freikarten fürs Derby in die Hand.
Mit seiner leichtfertigen Zusage brachte sich Paul wieder einmal selbst in Teufels Küche. Das war ihm vollauf bewusst, doch konnte er der Verlockung nicht widerstehen, den Fall Weinfurther vielleicht schon in Kürze aufklären zu können.
Teufels Küche – bei diesem Gedanken kam Paul unwillkürlich Hannes Fink in den Sinn. Wenn er sich bei ihm aussprechen würde, könnte das ein wenig von seinem schlechten Gefühl nehmen, das sein Vorhaben in ihm auslöste. Der Pfarrer würde ihn zweifelsohne für verrückt erklären und dringend abraten, sich auf Svetlanas Mätzchen einzulassen, aber Paul war es dennoch wichtig, zumindest eine andere Person einzuweihen. Und zwar eine Person, die schon von Berufs wegen zum Schweigen verpflichtet war. Damit ging er kein Risiko ein.
Er hatte Glück. Diesmal traf er Fink an. Nicht in der Kirche, dafür aber im Pfarrhaus, wo der beleibte Geistliche mit dem grauschwarzen, zum Pferdeschwanz gebundenen Haar an einem soliden Naturholztisch in der Küche saß und andächtig eine Flasche aus Braunglas mit Sektkorkenverschluss betrachtete.
Paul pochte an den Rahmen der Tür »Klopf, klopf, ich bin’s. Die Wohnungstür stand auf, deshalb bin ich einfach reingekommen.«
»Schon recht, Paul, hol dir ein Glas aus dem Schrank und setz dich zu mir«, sagte Fink, ohne auch nur kurz aufzusehen.
Paul tat, wie geheißen, und ließ sich auf einen Schemel sinken. »Was ist das für ein geheimnisvoller Trank?«, fragte er neugierig. »Für Sekt sieht’s zu dunkel aus.«
Statt direkt zu antworten, schweifte Fink – ganz wie es seine Art war – zunächst ab: »Du beschäftigst dich zur Zeit mit diesem Toten beim Club, ja? Hannah hat mir davon erzählt.« Paul bestätigte dies, woraufhin Fink die seltsame Frage anschloss: »Was ist denn deiner Meinung nach das Wichtigste, das man in so einem Fall beachten sollte?« Vorsichtig löste er das Drahtgeflecht, das den Korken in der Flasche hielt.
»Das Wichtigste? Keine Ahnung, auf was du hinauswillst.«
»Ganz einfach: Wenn man sich ernsthaft mit Fußball auseinandersetzen möchte, braucht man vor allem Herzblut.«
Jetzt wusste Paul, was der Pfarrer andeutete, denn auf dem Korken, den er nun herausdrehte, war in großen schwarzen Lettern der Begriff »Herzblut« eingebrannt.
»Lass uns davon trinken und über den Club plaudern«, schlug Fink vor und schenkte beiden ein. Eine torfdunkle, ölige Flüssigkeit ergoss sich in die Gläser und bildete an der Oberfläche eine feste eierschalenfarbene Creme.
»Bier?«, fragte Paul verblüfft.
»Ja, klar. Zum Fußball gehört nun
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