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Lokale Erschuetterung

Lokale Erschuetterung

Titel: Lokale Erschuetterung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Gerlof
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die nächste Autobahnauffahrt ist. Mit Vroni eine Landpartie geht überhaupt nicht. Die hat eine Dorfphobie, das kannst du mir glauben.
    |46| Die Kellnerin bringt Wein und Bier. Die Tapas, sagt Hanns und bekommt noch ein Na klar geschenkt. Irgendwie komisch, diese Kellnerin. Hanns schaut ihr hinterher und findet, dass sie einen prachtvollen Hintern hat. Einmal reicht nicht, denkt er, um zur Ruhe zu kommen. Vroni muss mich öfter ranlassen, sonst kauf ich mir so eine Kellnerin. Heute Abend werde ich ihr das sagen. Mir tut der Schwanz weh vom vielen Warten, sage ich ihr. Ich bin zu jung, um das ganze Begehren zu verstoffwechseln.
    Was passiert mit dem ganzen Sperma, wenn man nicht zum Zug kommt?
    Daniel guckt erschrocken. So etwas hat Hanns ihn noch nie gefragt.
    Na, du wirst ja wohl auch ohne. Ohne Sex mit deiner Frau hin und wieder.
    Ist ja ein Ding, denkt Hanns. Daniel ist es peinlich, dass ich mit ihm darüber reden will. Wahrscheinlich doch schwul, Italienerin her und hin. Aber die Schwulen reden doch andauernd drüber. Reden Schwule andauernd über Sex?
    Kann ich nichts zu sagen. Mir fehlt der Schwung, es selbst zu tun. Wozu habe ich Vroni geheiratet? Doch nicht, um mir andauernd selbst einen runterholen zu müssen.
    Daniel verschwindet unterm Tisch und klemmt ein Stück Papier unter ein Tischbein. Prustet sich wieder hoch. Wackelt, sagt er. Wenn die Tapas kommen, wird dich das stören.
    Hanns schüttelt den Kopf und schaut Daniel an. Gleich hat er es. Gleich weiß er, wem Daniel ähnelt. Die Tapas kommen und machen alles zunichte. Daniel ist wieder ein Fremder. So fremd, wie Freunde halt sein können. Wenn man sie nicht ranlässt und auch sie einen auf Abstand halten. Früher hat er ein paar von dieser Sorte gehabt. Als er |47| noch Schlagzeilenkönig war. Bierfreunde, Weinfreunde. Mit denen er abends noch trinken gehen konnte, ohne dass es Folgen hatte. Die sind ihm jetzt alle abhandengekommen. Und die aus den Zeiten davor waren sowieso alle längst verschwunden. Daniel ist neu. Dazugekommen, als Hanns arbeitslos war und gar keinen mehr an sich ranlassen wollte. Hat sich irgendwie an ihn rangemacht.
    Warum hast du mich damals eigentlich angesprochen? In diesem Supermarkt.
    Daniel nimmt einen Schluck Rotwein und schaut Hanns an. Du warst gerade dabei, dich in den Knast zu wüten. Hast mir leidgetan. Wie du da durch die Regale gefegt bist und das ganze Zeug auf dem Boden verteilt hast. Ich dachte, der braucht Hilfe. Dem geht es gerade gar nicht gut, dachte ich. Der macht hier sein Leben zur Sau.
    Wahrscheinlich hätte ich den Verkäufer umgebracht. Hanns nimmt eine getrocknete Tomate vom Teller und schiebt sie sich in den Mund. Der wollte wissen, was ich geklaut habe. Hanns spürt, wie die fette blaue Wut wieder in ihm hochsteigt. Dieser Verkäufer mit seiner randlosen Brille und dem weißen Kittel. Hatte ausgesehen wie ein Gynäkologe. Und Hanns unter den Pullover gegriffen.
    Grapsch mich nicht an, du Arschloch.
    Da war er gerade mal drei Wochen arbeitslos. Und zeigte offensichtlich schon alle Verfallserscheinungen, die dazugehören. Niemals vorher war irgendein Verkäufer auf die Idee gekommen, ihn des Diebstahls zu bezichtigen. Und kaum hatten sie ihn rausgeschmissen, kommt so ein Typ, der aussieht wie ein Gynäkologe, und greift ihm unter den Pullover. Das kann er hier und jetzt genau rekapitulieren. Dieses Gefühl der Demütigung, als ihm der Gynäkologe unter den Pullover greift. Er hat ihn weggestoßen und ist mit beiden Händen durch die Regale gefegt. Nicht um alles |48| rauszuschmeißen, sondern um eine Waffe zu finden. Eine große Glasflasche, um sie dem Schwein auf den Kopf zu schlagen. Ein Glas Spargel, eine Büchse Erbsen oder so was in der Art.
    Ich wollte dem die Lichter ausschießen. Wenn du nicht dazwischengegangen wärst, hätte ich es gemacht. Dem Gynäkologen die Lichter ausgeschossen. Der wäre nicht mehr aufgestanden. Glaube ich.
    Daniel nickt und lächelt. Du hast krank ausgesehen. Richtig krank. Ich hatte Angst vor dir. Zumal du ja ein ziemlich kräftiger Kerl bist. Warst, sagt Daniel und schaut Hanns etwas verwundert an, als fiele ihm jetzt erst auf, dass dem Gegenüber seit damals ein paar Pfunde verlorengegangen sind.
    Zehn Kilo, sagt Hanns und grinst. Er hat genau gesehen, was in Daniel vorgeht. Zehn Kilo. Nur aus Kummer und weil ich nicht angefangen habe, wie ein Blöder Bier zu saufen oder Tiefkühlpizza zu essen.
    Du solltest mal zu diesem Finanzsenator. Dem früher die Bahn

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