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Lokale Erschuetterung

Lokale Erschuetterung

Titel: Lokale Erschuetterung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Gerlof
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übel. Veronika möchte ins Bett. Sie will in keine Kneipe gehen. Nicht jetzt.
    Ist sie nicht. Nette Leute. Halbwegs nett.
    Veronika stolpert über die Schwelle in den verräucherten Raum. Hat das Schild Vorsicht Stufe zwar gesehen, aber zu spät abgespeichert, dass es eine Botschaft ist, die sie betrifft. Hoppla, sagt jemand und fängt sie auf, bevor sie fällt. Veronika lächelt und bedankt sich. Hanns ist vor ihr rein und hat das kleine Malheur nicht gesehen. Steht schon am Tresen neben einem glatzköpfigen Typen, den er begrüßt, als kenne man sich schon eine Weile. Veronika setzt zögernde Schritte und stellt sich neben ihren Mann. Der stellt sie vor. Meine Frau, sagt er, und der Glatzkopf nickt.
    Max.
    Hanns sieht überrascht aus, als hätte er mit Höflichkeit |219| nicht gerechnet. Ein schmächtiger Mann mit Brille stellt sich neben Max und winkt mit der rechten Hand rüber.
    Das ist Bosse, ein kluger Kopf, der den Jungs hier den rechten Weg zeigen will. Hanns lächelt, und Bosse lächelt auch. Veronika hat das Gefühl, hier läuft eine Inszenierung nur für sie. Bosse macht einen ganz sympathischen Eindruck, Max sieht etwas bedrohlich aus, der Mann hinterm Tresen poliert Gläser und wirkt, als sei er in einen schlechten Film geraten, und an den Tischen sitzen Menschen, von denen einige aussehen, wie Veronika sich Rechte vorstellt. Dazwischen aber auch ganz andere. Gleich vorn am ersten Tisch im Raum unterhält sich ein älterer Mann, mit kariertem Hemd und Kordhose bekleidet, mit einem wahrlich stiernackigen Jungen. Dem ist die Speckschwarte so um den Kopf gewachsen, dass er aussieht, als hätte er ein viel zu kleines Gesicht. Und auf seinen breiten Hosenträgern prangen irgendwelche Runen. Neben ihm auf dem Boden ein Hund, der hin und wieder sacht den Kopf hebt, der nicht viel anders aussieht als der specknackige Kopf seines Besitzers. Der Köter schaut gelassen in die Runde, prüft, ob der Chef noch da ist, und macht es sich wieder bequem. Mit der gleichen Laszivität dreht der Specknacken einmal den Kopf, schaut Veronika kurz an und wendet sich wieder ab und seinem Bier zu.
    Wo sind wir hier, flüstert Veronika ihrem Mann ins Ohr. Der redet mit diesem Bosse. Über einen Termin in der kommenden. Mittwoch kann ich nicht, hört sie ihn sagen. Mittwoch, denkt sie, kann er wirklich nicht. Da muss er sich darum kümmern, einen Sohn nach Hause zu holen. Und wenn Daniel kein Sohn ist, der nach Hause geholt werden kann, sind wir einfach weiterhin verzweifelt. Wie es sich gehört.
    |220| Möchten Sie ein Glas Wein, fragt Bosse höflich. Sie nickt, und der Glasputzer hinterm Tresen legt das Handtuch ab und bückt sich, um eine Flasche Weißwein aus dem Kühlschrank zu holen. Saaleunstrut, sagt er und lächelt Veronika an. Guter deutscher Wein. Kann man trinken.
    Findet Veronika nicht, aber sie hat das Gefühl, dies sollte man hier besser nicht sagen. Sagt trotzdem, sie möge die Moselweine lieber, und bekommt ein wohlwollendes Nicken vom Wirt. Moselweine seien auch gut, hätten mehr Fülle, was ja wohl logisch sei, schließlich bekämen sie auch mehr Sonne als der Saaleunstrut.
    Hanns dreht sich zu ihr um und legt einen Arm um ihre Taille. Bosse geht an seinen Tisch zurück, an dem eine junge Frau sitzt, die aussieht, als sei sie einem BDM-Katalog entsprungen. Trägt ein hellblaues Kleid mit kleinem weißen Stehkragen und Kellerfalte vorn. Kellerfalte, heißt das wirklich so? Veronika ist sich nicht sicher. Auch nicht, ob es sich wirklich um eine solche handelt, die junge Frau sitzt seitlich auf ihrem Stuhl, als wolle sie gleich aufstehen und gehen. Hat die Beine übereinandergeschlagen und läuft offensichtlich auf flachen Sohlen. Die Schuhe sehen praktisch, aber nicht hässlich aus.
    Kommen Sie aus Berlin, will der Wirt wissen, und Veronika nickt.
    Sind wir letztens gewesen, wir vom Schützenverein. Haben unseren Abgeordneten besucht. Guter Mann. Hat hier im Wahlkreis schon das eine und andere bewegt. Falsche Partei, aber was soll man machen.
    In welcher Partei ist er denn?
    CDU.
    Der Wirt schweigt, poliert Gläser und guckt Veronika an. Weiß, wie die nächste Frage lauten wird, aber er will sie hören.
    |221| In welcher sollte er denn sein?
    Veronika tut ihm den Gefallen. Alles andere wäre doch jetzt albern. Nicht zu fragen. Nichts zu sagen.
    Die sitzen nicht im Bundestag.
    Der Wirt nimmt ein weiteres Glas aus dem Spülbecken und tut sein Werk.
    Veronika lässt sich vom Teufel reiten und fragt, ob der

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