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Lola Bensky

Lola Bensky

Titel: Lola Bensky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lily Brett
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hielten sie für englische Juden, was ihr fehlendes Jiddisch erklärte und ihre Verwirrung darüber, dass Juden nicht Weihnachten feierten. Iris und Fred Hughes spielten bei dieser Täuschung mit, weil sie mit Philip und seiner Schwester in einer Wohnung mit zwei Zimmern wohnten und Renia und Edek inzwischen in ein Haus mit drei Zimmern gezogen waren. Iris und Fred sahen in Lola den Beweis, dass ihr Sohn Philip es zu etwas brachte.
    Mit siebzehn besuchte Lola eine Party in einem Strandhaus, und jemand sagte ihr, dass Philip Hughes hinter dem Kühlschrank einen Jungen küsste.
    »Hinter dem Kühlschrank ist kein Platz«, hatte Lola, die gerade im Garten stand, geantwortet.
    Ein ganzes Jahr später kam sie eines Tages in die Wohnung, die sie sich mit einem Kollegen von Rock-Out teilte, und ertappte Philip Hughes mit einem älteren Mann in ihrem Bett. Lola war sich nicht sicher, ob es das Alter des Mannes war oder sein Geschlecht, das sie am meisten schockierte. Sie wusste nur, dass zwischen ihr und Philip Hughes alles aus war.
    »Heirate auf keinen Fall jung«, sagte Lillian zu ihr. »Es ist ein großer Fehler. Lebe dein Leben, danach kannst du immer noch heiraten.« Lola dachte, zu heiraten hieße sein Leben zu leben. »Du kannst nach New York kommen und bei mir wohnen«, sagte Lillian. »Denk darüber nach.« Lola dachte darüber nach. Es kam ihr vor wie eine Einladung, ein Marsmensch zu werden oder sich in einen Kürbis zu verwandeln. Sie hatte noch nie daran gedacht, irgendwo anders zu leben als in Melbourne.
    Lillians Wohnung in der East 21 st Street lag gegenüber dem 13. Polizeirevier, was sie, wie Lillian betonte, zu einem sehr guten Standort machte. Trotz dieses Standorts hatte sie, wie Lola feststellte, an der Tür zu ihrer Wohnung, die im dritten Stock lag und keinen Aufzug hatte, drei Schlösser angebracht. Lola war sich sicher, dass in Melbourne niemand drei Schlösser an seiner Haustür hatte.
    »Ich glaube, ich esse ein Eis«, sagte Lola zu Lillian.
    »Warum nicht?«, sagte Lillian. »Es ist fettfrei.«
    »Auf der Karte steht nicht, wie viele Kalorien es enthält«, sagte Lola.
    »Wie viele Kalorien kann ein fettfreies Eis schon haben?«, fragte Lillian.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Lola. »Ich habe noch nie ein fettfreies Eis gegessen.«
    »Zählst du bei allem, was du isst, die Kalorien?«, fragte Lillian.
    »Nur wenn ich eine Diät mache«, sagte Lola.
    »Habe ich dir erzählt, dass ich gerade eine Diät mache?«, sagte Lillian.
    »Ich bin schon mein halbes Leben auf Diät«, sagte Lola. »Meine Mutter hat mir früher immer Mahlzeiten mit weniger als zweihundert Kalorien serviert«, sagte Lola. »Es gab gegrilltes Irgendwas mit Salat. Gegrilltes Hühnchen mit Salat, gegrillten Fisch mit Salat, gegrillte Leber mit Salat, gegrilltes was auch immer mit Salat. Ich musste in meinem Schlafzimmerschrank einen ständigen Schokoladenvorrat bereithalten, um nicht zu verhungern.«
    »Mein Vater hasste es, dass ich pummelig war«, sagte Lillian. »Und damals war ich pummelig, nicht dick. Als ich sechzehn war und mich gerade für meine erste Verabredung mit einem Jungen zurechtmachte, kam er in mein Zimmer und sagte: Wenn du dich selbst von hinten sehen könntest, würdest du das Haus nicht verlassen. Wenn wir zum Essen ausgingen, sagte er zum Kellner: Bitte keine Kartoffeln für meine dicke Tochter.«
    »Dein Vater und meine Mutter wären sehr gut miteinander ausgekommen«, sagte Lola. »Meine Mutter glaubt an nichts so sehr wie an Schlankheit. Sie glaubt nicht an Gott, deshalb hat sie auch für Gottesfurcht nichts übrig. Schlankheit ist durch nichts zu überbieten.«
    »Es ist verrückt, aber auch traurig«, sagte Lillian.
    »Was ist falsch gelaufen?«, fragte Lola. »Ich dachte, wir Ju
den würden unsere Kinder, unsere Gäste und Verwandten ständig überfüttern, so wir welche haben.«
    »Ich glaube, ich esse auch ein Eis«, sagte Lillian.
    »Es hat sehr gut geschmeckt«, sagte Lola.
    »Nächste Woche möchte ich, dass du eine neue Gruppe kennenlernst, The Doors«, sagte Lillian. »Sie werden demnächst ganz groß rauskommen. Besonders der Leadsänger, Jim Morrison.«
    »Ich habe von ihnen gehört«, sagte Lola.
    »Linda kommt auch«, sagte Lillian. Lola hätte um ein Haar erwähnt, dass sie Linda getroffen hatte, als sie in London Dave Dee, Dozy, Beaky, Mich & Tich fotografiert hatte. Doch sie entschied sich dagegen.
     
    Lola war den ganzen Tag herumgelaufen. Wieder war es ein heißer Tag gewesen. Sie war

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