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Lola Bensky

Lola Bensky

Titel: Lola Bensky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lily Brett
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war ursprünglich mein Zuhause«, sagte Lillian. »Heute ist die Stadt Teil der Ukraine. Ich bin eindeutig froh, dass ich nicht dort lebe.«
    »Deine Eltern kommen aus Lemberg?«, fragte Lola.
    »Ja«, sagte Lillian.
    »Meine Eltern stammen aus Lodz, das liegt 380 Kilometer von Lemberg entfernt«, sagte Lola. Lola wusste das, weil Edek drei Tanten gehabt hatte, die in Lemberg wohnten. Er hatte oft von Cha Cha Hannah, Cha Cha Taube und Cha Cha Ruchel gesprochen. Lola liebte den Klang all dieser Cha Chas und den Klang der Worte Lemberg und Lodz. Sie hatte sich schon einige Male gefragt, ob sie Lemberg und Lodz nicht in ihre Artikel schmuggeln könnte. Sie wusste, dass ein Mitglied von The Lovin' Spoonful, Zal Yanovsky, Jude war. Vielleicht könnte sie ihn fragen, wo seine Familie herkam, und Lemberg und Lodz in dem Satz unterbringen.
    »Nicht viele meiner Bekannten haben schon von Lemberg gehört«, sagte Lillian. »Und ich habe bestimmt nicht damit gerechnet, jemandem zu begegnen, der genau weiß, wie weit Lemberg von Lodz entfernt war. Beziehungsweise ist«, korrigierte sie sich.
    »Mein Dad hatte drei Tanten in Lemberg«, sagte Lola.
    »Vielleicht sind wir verwandt?«, sagte Lillian. »Wir waren früher die Ropschitzes. Meine Eltern waren Dr. und Mrs. Ropschitz. Als ich acht war, wollten meine Eltern ihren Namen ändern, um australischer zu werden. Ich guckte gerade auf ein paar Felsen und schlug Roxon vor.«
    »Du warst ein schlaues Kind«, sagte Lola. »Wir waren früher die Berkelmanns. Ich war dafür, dass wir Beer heißen, weil ich schon damals fand, dass die Australier eine Menge Bier trinken. Aber meine Eltern sagten nein, und so wurden wir die Benskys. Renia, Edek und Lola Bensky. Klingt nicht gerade nach einer Gemeinde von Episkopalisten.«
    »Eher nach frisch eingewanderten Juden«, sagte Lillian.
    »Nicht nach Meinung meiner Eltern«, sagte Lola. »Sie waren überzeugt, sie hätten uns anglisiert. Wenn ich nach Hause komme, frage ich meinen Vater, ob die Berkelmanns irgendwie mit den Ropschitzes verwandt waren.«
    »Warum musst du überhaupt nach Australien zurück?«, fragte Lillian. »Warum ziehst du nicht nach New York? Versuch es für ein Jahr. Du bist sehr talentiert. Du solltest nicht wieder nach Australien zurückgehen.« Lola war überrascht und durcheinander. Bisher hatte noch nie jemand zu ihr gesagt, dass sie talentiert sei. Was meinte Lillian damit? Sie wusste, dass sie weder singen noch tanzen noch Klavier oder Geige spielen konnte.
    »Ich habe in Australien einen Freund«, sagte Lola.
    »Das ist kein Grund zurückzukehren«, sagte Lillian.
    »Er hat wahrscheinlich schon jemand anderes gefunden«, sagte Lola.
    »Jemand anderes gefunden?«, sagte Lillian. »Was meinst du mit ›gefunden‹? Meinst du damit, er vögelt eine andere?«
    »Ich glaube schon«, sagte Lola.
    »Er ist ein Arschloch«, sagte Lillian. »Warum solltest du zu einem Freund zurückkehren wollen, der eine andere vögelt?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Lola.
    Sie hatte ihn bisher nicht vermisst. Sie hatte die Gespräche mit ihm nicht vermisst. Sie war sich nicht sicher, ob sie über
haupt so viele Gespräche geführt hatten. Sie versuchte, seine guten Seiten aufzuzählen, und stellte fest, dass sie sich noch nie Gedanken darüber gemacht hatte, welche das sein könnten. Sie hatte ihn gern. Vielleicht hatte sie auch einfach nur gern einen Freund. Einen Freund zu haben gab ihr das Gefühl, angekommen zu sein. Normal zu sein. Er gehörte einfach dazu. Er war ihr Freund, und wenn sie in ungefähr sechs Monaten mit ihrer Arbeit in Amerika fertig wäre, würde sie nach Australien zurückkehren, um mit ihm zusammen zu sein.
    Ein paar Leute hatten ihr erzählt, sie hätten ihn mit einem sehr stillen, unscheinbaren Mädchen gesehen. Doch irgendwie hatte Lola diese Information in einem Teil ihres Gehirns abgespeichert, zu dem sie keinen Zugang hatte. Sie schien über die enervierende Fähigkeit zu verfügen, das Offensichtliche zu übersehen. Mit sechzehn war sie zwei Jahre lang mit Philip Hughes, einem Maschinenbaustudenten, zusammen gewesen. Nach einem Jahr hatte sie das Gefühl gehabt, dass es da irgendetwas gab, das sie nicht über ihn wusste. Etwas, das ihr Unbehagen bereitete.
    Renia und Edek hatten auf die Ankündigung einer Verlobung gehofft. Sie mochten Philip Hughes. Das hieß, ihnen gefiel, dass er ein Mann war und dass er Lola ausführte. Renia und Edek glaubten, seine Eltern, Iris und Fred Hughes, seien Juden. Sie

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