Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lola Bensky

Lola Bensky

Titel: Lola Bensky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lily Brett
Vom Netzwerk:
gewöhnen.
    »Hi«, hatte Lillian gesagt. »Möchtest du vorbeikommen? In meiner Vagina klemmt ein Stück Seife.«
    »Wie schrecklich«, sagte Lola. Sie konnte sich nicht zu der Frage überwinden, warum Lillian überhaupt versucht hatte, ein Stück Seife in ihre Vagina einzuführen. »Du könntest es damit versuchen, dich ins Wasser zu setzen. Dann löst es sich vielleicht«, sagte Lola.
    »Ich sitze in der Badewanne«, sagte Lillian. »Und es rührt sich nicht vom Fleck. Es steckt fest.«
    »Vielleicht sollte dich jemand ins Krankenhaus bringen«, sagte Lola.
    »Hier sind ein paar Leute«, sagte Lillian. »Ich gebe gerade eine kleine Party.«
    Lola hatte nicht das Gefühl, viel für Lillian tun zu können. Offen gestanden war sie verwirrt und beunruhigt, wie jemand während einer kleinen Party mit einem in der Vagina feststeckenden Stück Seife in der Badewanne landen konnte.
    »Ich bin wirklich müde«, sagte Lola. »Ich glaube, ich gehe ins Bett.«
    »Du kannst nicht müde sein. Du bist erst neunzehn«, sagte Lillian.
    »Ich bin inzwischen zwanzig, wenn du dich erinnern kannst«, sagte Lola. »Und Zwanzigjährige scheinen mehr Schlaf zu brauchen.«
    »Okay, okay. Ich widme mich wohl besser der Seife«, sagte Lillian. »Wir sehen uns morgen. Vergiss nicht, wir gehen einkaufen.«
    »Don, komm und hilf mir«, hörte Lola Lillian noch rufen, bevor sie den Hörer auflegte. Wer war Don? Es gab einen australischen Discjockey in der Stadt, Don Dunlap. Vielleicht war es Don Dunlap.
    Lillian wartete bereits vor dem Kaufhaus, als Lola kam. Lillian wirkte frisch und munter. Keinerlei Anzeichen dafür, dass ein Stück Seife in ihrer Vagina festgesteckt hatte. Ge
meinsam gingen sie ins Kaufhaus, in die Abteilung für ›Mollige Teenager‹. »Da macht man die besten Schnäppchen«, sagte Lillian.
    Vielleicht war das so, aber bekam man dort auch die beste oder wenigstens akzeptable Kleidung, fragte sich Lola. Sie war noch nie in einer Abteilung für mollige Teenager gewesen. Sie glaubte nicht, dass es in Melbourne so etwas gab. Oder irgendwo sonst auf der Welt. Wahrscheinlich hassten mollige Teenager die Abteilung für mollige Teenager.
    Alles, was Lola im Mädchenbereich der Abteilung für mollige Teenager sah, waren Volants und Rüschen. Sie glaubte nicht, dass Pummeligkeit durch Berge von Rüschen und Volants noch verstärkt werden sollte. Sämtliche Artikel hatten leuchtende Farben und lebhafte Muster. Die Kakofonie greller Farben und geometrischer und geblümter Muster hätte dem entrücktesten Buddhisten Kopfschmerzen verursacht.
    »Ich glaube, du bist zu groß für die Abteilung für mollige Teenager«, sagte Lillian Roxon. »Ich liebe es hier.« Lola war von Lillians Begeisterung überrascht. Sie wollte nichts sagen, was diese Begeisterung hätte dämpfen können. »Ich glaube, ich bin eindeutig zu groß«, sagte sie. Endlich war ihre Größe mal für etwas gut, dachte sie. Renia sagte ihr ständig, dass sie zu groß sei. Lola war ein Meter siebzig, das war wirklich groß für ein Mädchen. Doch ob sie deswegen zu groß war, darüber war sich Lola nicht sicher. Anders als bei der Frage, ob sie wirklich zu dick war.
    Einmal hatte Renia Lola angesehen, geseufzt und gesagt: »Du bist zu groß.« Lola hatte versucht, ihr etwas entgegenzuhalten. »Ich dachte, dir gefällt groß«, sagte sie. »Du sagst doch selbst immer, dass du nicht so klein gewesen bist wie die anderen jüdischen Mädchen.«
    »Ich bin nicht klein«, sagte Renia. »Aber du bist zu groß.
Das kommt davon, dass du so viele Süßigkeiten gegessen hast.«
    Selbst mit zwölf wusste Lola, dass es keinen Zusammenhang gab zwischen der Größe eines Menschen und der Menge der Süßigkeiten, die er verzehrte. Falls es einen Zusammenhang gab, hätten sämtliche Kinder an ihrer Grundschule Riesen sein müssen. Australier waren verrückt nach Süßigkeiten. Die Straßen waren voll von Geschäften, die für nur ein paar Penny pro Tüte Dutzende von Bonbonvarianten verkauften. Lola hatte dieses Gespräch über Größe nicht wirklich etwas ausgemacht. Es war angenehm, mal nicht über ihren Umfang zu sprechen.
    Lillian kaufte sich ein kurzärmliges, blau-weiß kariertes Baumwollkleid. Es war eins der dezentesten Kleider in der Abteilung für mollige Teenager. »Es steht dir wirklich gut«, sagte Lola. Und es stimmte. Das Kleid wirkte cool und jugendlich, und kaum jemand würde auf die Idee kommen, dass es aus der Abteilung für mollige Teenager eines Kaufhauses stammte.

Weitere Kostenlose Bücher