Lola Bensky
zu Cher. »Du musst dir keine Sorgen machen, dass du so aussiehst wie ich. Du siehst ganz anders aus.«
»Und ob«, sagte Sonny.
Lola saß im Whisky a Go Go an einem der Tische nahe der Bühne. Lola fand, dass der DJ , der zwischen den Auftritten der Bands auflegte, die Lautstärke viel zu weit aufgedreht hatte. Sie legte die Hände auf die Ohren und sah den beiden Go-Go-Tänzerinnen zu, die in den Käfigen tanzten, die von der Decke hingen. Lola wusste nicht, wie jemand in einem Käfig tanzen konnte, vor allem in einem Käfig, der von der Decke hing. Dass sie freischwebend in der Luft hingen, schien keines der beiden Mädchen zu stören. Sie trugen superkurze Kleider. Lola fragte sich, ob sie es fertigbrächte, ihren Körper so zur Schau zu stellen, wenn sie nicht so dick wäre. Sie war sich nicht sicher. Sie war so sehr daran gewöhnt, ihn zu verhüllen, dass sie sich nicht vorstellen konnte, einen Körper zu haben, den sie gerne vorzeigen wollte.
Die Tänzerinnen wirkten ein wenig gelangweilt, dachte Lola. Ihr Tanz, der mehr improvisiert als choreografiert wirkte, schien keine besondere Präzision oder Geschicklichkeit zu erfordern. Im Grunde bestand er aus einer Reihe sich wiederholender, unkomplizierter Bewegungen mit Armen und Beinen und manchmal dem Kopf. Trotzdem lag etwas Hypnotisches darin, Mädchen freischwebend tanzen zu sehen. Es musste etwas mit der Erregung zu tun haben, die einen befiel, wenn man Trapezkünstlern zusah oder Drahtseilakrobaten.
Lola war früh dran. Das Whisky a Go Go war noch nicht voll, doch Lola wusste, dass es später voll sein würde. Sie war gekommen, um Sam und Dave zu sehen, zu deren Hits »Soul Man«, »Soothe Me« und »Hold on, I'm Comin'« zählten. Lola hoffte, ein kurzes Interview mit Sam und Dave zu ergattern, oder wenigstens mit einem von ihnen. Sie wusste, dass sie gerade von einer Europatournee mit Otis Redding zurückgekommen waren.
Nach ihrem Interview mit Sonny und Cher war Lola durcheinander gewesen. Sie hatte über Sonnys und Chers schönes und schön eingerichtetes Haus geschrieben, über Chers Geschick als Designerin und ihre Schlaghosen, die inzwischen auf der ganzen Welt kopiert wurden. Doch sie machte sich Gedanken. Sie fragte sich, ob es Cher etwas ausmachte, dass Sonny nahezu alle Fragen beantwortete, auch die, die ausdrücklich an Cher gerichtet waren. Und sie fragte sich, ob es Cher etwas ausmachte, dass Sonny andere Frauen vögelte.
Lola tauchte aus ihren Gedanken über Cher auf und sah, dass Jimi Hendrix ihr zuwinkte. Er unterhielt sich mit jemandem auf der anderen Seite der Bühne. Lola wusste, dass Jimi Hendrix, der in L. A. immer noch so gut wie unbekannt war, an diesem Abend ebenfalls im Whisky a Go Go auftrat.
Obwohl das Whisky a Go Go erst ein paar Jahre alt war, war es bereits bekannt als ein Ort, an dem sowohl Künstler auftraten, die bald darauf entdeckt wurden, als auch solche, die bereits Stars waren. The Doors waren im Whisky a Go Go die Haus-Band gewesen, bis Jim Morrison eines Abends, wahrscheinlich mit LSD und Alkohol zugedröhnt, eine mäandernde, halb improvisierte, nicht enden wollende Version von »The End« zum Besten gegeben hatte. Nach fünfunddreißig Minuten kam Jim Morrison zu der Stelle, wo er die ganze Nacht seine Mutter vögeln wollte. Und das war es dann. Die Leitung des Whisky a Go Go wollte nicht, dass ihr Club geschlossen wurde. Sie stoppten den Auftritt und feuerten die Band.
Selbst nach Monterey war Jimi Hendrix einem breiteren Publikum in Los Angeles noch weitgehend unbekannt, auch wenn die Eingeweihten ein Riesentheater um ihn machten. Lola hatte gehört, dass er auf Peter Torks Anwesen im Laurel
Canyon wohnte. Lola hatte Peter Tork bei ihrem Interview mit The Monkees kennengelernt. Peter Tork war klein und schmal und hatte eine sehr tiefe Stimme, er war ruhig und auf zurückhaltende Art intelligent. Jimi war im Laurel Canyon in guter Gesellschaft. Zu seinen Nachbarn zählten Brian Wilson, Judy Collins, Joni Mitchell, Mama Cass, David Crosby, Stephen Stills, Graham Nash, Mike Bloomfield und Carole King.
Jimi Hendrix kam zu Lola herüber. »Hi«, sagte er. »Warum war ich nicht überrascht, als ich dich gesehen habe?«
Lola lachte. »Keine Angst, ich verfolge dich nicht«, sagte sie.
»Zumindest weiß ich, dass du nicht nach L. A. gekommen bist, um dir meine Lockenwickler anzusehen«, sagte Jimi Hendrix.
»Nein«, sagte Lola. »Ich bin hergekommen, um ein paar Leute zu interviewen.«
»Du nimmst das
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