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Lola Bensky

Lola Bensky

Titel: Lola Bensky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lily Brett
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alles sehr ernst, nicht wahr?«, sagte er.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Lola. »Ich habe nicht das Gefühl, dass ich es sehr ernst nehme.« Sie hielt sich nicht für einen besonders ernsthaften Menschen. Diäten zu planen war keine ernsthafte Beschäftigung, auch kein ernsthaftes Hobby. Außerdem schien sie es nicht ganz ernst damit zu meinen, mit diesen Diäten anzufangen.
    »Du bist ein ernstes Mädchen«, sagte Jimi Hendrix. »Wo hast du in Monterey gewohnt? Ich habe dich nach dem ersten Tag nicht mehr gesehen.«
    »Ich hatte ein Motelzimmer in der Nähe des Festivals«, sagte Lola.
    »Siehst du, ein gut organisiertes Mädchen bist du auch«, sagte er.
    »Ja, das schon, glaube ich«, sagte sie und lachte. Sie sah Jimi Hendrix an. »Ich bezweifle, dass du in Monterey her
umgelaufen bist und nach mir Ausschau gehalten hast«, sagte sie.
    »Nein, das nicht«, sagte Jimi Hendrix. »Mir ist nur aufgefallen, dass ich dich nirgends gesehen habe.«
    »Ich bin mir sicher, du hattest genug zu tun in Monterey«, sagte Lola. »Dein Auftritt war eine Sensation.«
    »Es war groovy«, sagte er.
    »Ich finde, es war mehr als groovy«, sagte Lola.
    »Ich setze mich ein paar Minuten zu dir, wenn es dir nichts ausmacht«, sagte Jimi Hendrix, »dann muss ich mich bereitmachen. Wir kommen zuerst dran, vor Sam und Dave.«
    »Ich habe gehört, sie seien sehr gut«, sagte Lola.
    »Man nennt sie auch Double Dynamite«, sagte Jimi Hendrix. »Sie sind sehr, sehr gut.«
    »Selbst Double Dynamite könnten Schwierigkeiten haben, nach dir aufzutreten«, sagte Lola.
    »Wahrscheinlich bist du deshalb so ernsthaft, weil deine Mutter und dein Vater in einem Vernichtungslager der Nazis waren«, sagte Jimi Hendrix.
    »Du erinnerst dich daran?«, fragte Lola.
    »So etwas hört man nicht jeden Tag«, sagte Jimi Hendrix. »Natürlich erinnere ich mich.«
    »Ich glaube, ich bin deshalb so gut organisiert, weil das Leben meiner Eltern so gestört und krank und chaotisch war«, sagte Lola. »In den Vernichtungslagern änderten sich die Regeln von einer Minute auf die andere. Nichts war vorhersehbar. Meine Mutter sagte, man habe nie gewusst, was einen erwartete.«
    In Wirklichkeit hatte Renia das nicht direkt zu Lola gesagt. Renia murmelte es vor sich hin. »Jede Minute eine andere Selektion, ein neuer Appell, ein anderer Kapo, um zu kontrollieren, dass man nicht länger als eine Minute im Toiletten
block blieb, auch wenn man Durchfall hatte oder brechen musste«, sagte Renia oft in ihren Selbstgesprächen. Als sie mit vier in den Kindergarten kam, wusste Lola, dass die Selektionen für das Gas waren. Sie wusste nicht, was das Gas war, aber sie wusste, es war nichts Gutes. Als Lola in die Schule kam und feststellte, dass morgens als Erstes die Namen aufgerufen wurden, war sie weggelaufen und hatte versucht, sich zu verstecken.
    »Ich verstehe, warum du alles Unvorhersehbare vermeiden möchtest«, sagte Jimi Hendrix.
    »Ich verstehe, warum ich Motelzimmer weit im Voraus buche und immer darauf achte, dass mir nie die Tonbänder ausgehen«, sagte Lola.
    »Ich nehme es, wie es kommt«, sagte Jimi Hendrix. »Und ich nehme auch gerne mal was ein.«
    »Ich nicht«, sagte Lola.
    »Ich glaube, das weiß ich, Mann«, sagte Jimi Hendrix. »Und wahrscheinlich ist es auch gut so. Was man da draußen so kriegt, ist oft nicht gut.«
    »Aber du nimmst es?«, fragte Lola.
    »Alle nehmen es«, sagte Jimi Hendrix.
    Jimi sah zu einer Frau, die auf der anderen Seite des Raums an einem Tisch saß. Die Frau hatte lange, strubbelige schwarze Locken und trug ein langes schwarzes Kleid.
    »Sie sieht aus wie jemand, der Voodoo praktiziert«, sagte Jimi Hendrix.
    »Voodoo?«, fragte Lola.
    »Ja, Voodoo«, sagte Jimi Hendrix. »Manche Leute praktizieren Voodoo. Sie können dir was ins Essen mischen oder ein Haar in deinen Schuh legen. Voodoo eben. Jemand hat das mal bei mir gemacht, aber offensichtlich nur halbherzig, ich war nur zwei oder drei Tage im Krankenhaus.«
    »Du warst im Krankenhaus, weil jemand versucht hat, dich mit Voodoo zu verhexen?«, fragte Lola.
    »Ja«, sagte Jimi Hendrix. »Es ist schon eine Weile her.«
    »Ich glaube nicht an Voodoo«, sagte Lola.
    »Das solltest du aber«, sagte Jimi Hendrix. »Voodoo ist sehr stark. Man muss vorsichtig sein. Menschen sterben so leicht.«
    Eine lange Pause entstand. Lola wusste, dass Menschen leicht sterben konnten. Wahrscheinlich wusste sie es schon ihr ganzes Leben lang. Jahrzehnte später würde sie herausfinden, dass es

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