London Boulevard - Kriminalroman
schlechten Tag.«
Sie lächelte. Gott, das Lächeln war so strahlend, dass sogar die Narbe ihre Zelte abbaute und sich verzog. Sie sagte:
»Na gut, dann nehm ich ein kleines Guinness.«
»Ach was, trinken Sie was Gescheites.«
»Was knallt denn gut?«
»Whiskey knallt immer.«
Ich bestellte zwei Doppelte. Heiß, damit sie einem nicht so stark vorkamen. Sie sagte:
»Gott, das ist ein herrliches Getränk.«
Ich sah sie an, fragte:
»Sagen Sie immer gleich, was Ihnen durch den Kopf geht?«
»Natürlich, Sie nicht?«
»So gut wie nie.«
Sie hieß Aisling, und als ich mich erst mal lockergemacht hatte, verstanden wir uns blendend. Ich konnte es kaum glauben, ich hatte Spaß. Wir zogen weiter, fuhren mit dem Taxi in einen Club, wo Cajun gespielt wurde und es göttlich gegrillte Spareribs gab. Berge davon und dazu Bier in Krügen. So was kann man nicht vornehm essen. Man geht hin und bekleckert sich.
Das machte sie.
Tolles Mädchen.
Es gab dort eine winzige Tanzfläche, und sie zerrte mich mitten drauf. Die Band hatte einen teuflisch guten Fiddle-Spieler, und wir waren wie besessen. Völlig verschwitzt kehrten wir an unseren Tisch zurück, tranken noch einen Krug, aßen noch mehr Spareribs und schwebten wie auf Wolken.
Sie packte meine Hand, sagte: »Küss mich.«
Das tat ich, und der Abend war komplett. Dann kam eine Gastsängerin mit einer sehr bodenständigen langsamen Fassung von »The Night They Drove Ol’ Dixie Down«. Wir tanzten eng umschlungen und ich war kurz davor, glücklich zu sein.
Fast wäre ich schwach geworden. Sie sagte:
»Mitch, weißt du, dass du toll küssen kannst.«
Jesus, Maria und Josef.
Sie strich mit ihrer Hand über meinen Nacken, sang leise den Song mit, und mein Körper stand unter Strom. Sie fütterte mich mit dem teuflischsten Gift überhaupt: Hoffnung. Sie sagte:
»Versprich mir, Mitch, dass die hier niemals zumachen.«
»Ich wünschte, es wäre so.«
Dann machte sie die Augen auf, sagte:
»Sag mir was Nettes. Muss nicht wahr sein, nur irgendwas Großartiges, das ich nie vergessen werde.«
In diesem Moment hatte ich das Gefühl, sie hätte es verdient und sagte:
»Du bist die netteste Person, die ich je kennengelernt habe.«
Sie umarmte mich ganz fest, sagte:
»Das ist wunderschön und perfekt.«
Und wahr war es auch.
Manchmal lenken die Götter ein und denken: »Genug jetzt, der Pisser soll ruhig mal sehen, wie es hätte sein können. Wie’s den Glücklichen ergeht.«
Als die Band aufhörte, sagte sie:
»Komm mit zu mir, Mitch, in mein schreckliches Zimmer in Kensington, ich mach dir einen Irish Coffee.«
Ich kam mit.
Den Kaffee tranken wir nicht, aber wir liebten uns zärtlich und sanft, so wie ich niemals zuvor geglaubt hätte, dass es überhaupt möglich ist. Als ich ging, fragte sie:
»Werde ich dich wiedersehen?«
»Das hoffe ich, wirklich.«
Ich ging wie auf Wolken nach Hause. Cajun-Melodien, ihre liebliche Stimme und ihr weicher Körper verwirrten mir die Sinne. Als ich die Einfahrt in Holland Park entlang lief, murmelte ich:
»Es reicht, ich muss hier raus.«
Auf meinem Kissen lag etwas, das wie eine Spinne aussah. Schwarz und zerdrückt. Ich näherte mich langsam und erkannte, was es war. Die unförmigen Überreste des Miniatur-Rolls-Royce, den ich Gant geschickt hatte.
E ndlich kaufte ich mir einen Wagen. Wurde ja auch Zeit. Einen alten Volvo, der noch sechs Monate zugelassen war, ohne Garantie. Er war klapprig, aber waren wir das nicht alle? Ich legte einen Gang ein und verscheuchte jeden Gedanken an den Rolls-Royce aus meinem Kopf.
Drei Nächte musste ich herumfahren, bis ich Norton gefunden hatte. Endlich sah ich ihn draußen vor dem Billy Malone’s in der Harrow Road. Das war nicht sein Pflaster.
Ich wartete, so wie ich die vorangegangenen Nächte gewartet hatte. Als geschlossen wurde, kam er raus. Abklatschen mit den Trinkkumpanen.
Die ganze biergeschwängerte Energie aus betrunkenem Nichts. Er hantierte mit seinem Autoschlüssel, lachte noch, als ich ihm schon die Glock hinters Ohr hielt und sagte:
»Wer ist jetzt die Null, Wichsgesicht?«
Ich drückte ihn auf den Rücksitz, setzte ihm den Lauf zwischen die Augenbrauen, sagte:
»Bedroh mich noch mal, du Arschloch.«
Er brauchte eine Weile, um sich zu erholen, dann:
»Mitch ... wir können das klären ... ja?«
»Mir Andenken aufs Kissen legen ...«
»Hör zu, Mitch, darf ich mich setzen, bitte, lass uns reden?«
Ich erlaubte es ihm und fragte:
»Warum hast du das Zimmer
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