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London Hades

London Hades

Titel: London Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Dettmers
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nde nicht.
    Weg, nur weg hier! Sie brachte ihren bebenden K ö rper dazu, sich zu bewegen. Einige Schritte rannte sie, aber nicht weit, denn ihre Schuhe schienen mittlerweile aus purem Eisen zu bestehen. Und sie wagte nicht, sie auszuziehen, weil die Stra ß en voller Unrat waren. Pferdedung war darunter das geringste Ü bel.
    Selbst ihre Ohren schmerzten. Sie waren voll schrecklichster Misst ö ne – um sie herum, so schien es, summte die Stadt das Lied ihres Untergangs. Sie wollte nicht mehr angerempelt werden, aber sie entkam einfach nicht der erdr ü ckenden Flut an Menschen, die keiften, dr ä ngelten und stanken.
    Eine fremde Hand glitt unter ihren Rock. Sie schrie auf, als pl ö tzlich kalte Finger ihren Hintern betatschten, und machte instinktiv einen Satz zur n ä chsten Ladenfront hin. Der sicherste Weg durch London f ü hrte entlang der H ä userw ä nde, das wusste jedes Kind. Doch sie hatte die falsche Entscheidung getroffen. Sie sp ü rte es in dem Moment, in dem das Band riss, mit dem sie ihre Taschenbeutel unterhalb der Unterr ö cke um ihre Taille gebunden hatte, und die Taschen durch die Eingriffschlitze zischten. Und damit auch ihre gesamte Barschaft sich verfl ü chtigte.
    Ihre Fingern ä gel krallten sich in die bunten Wollf ä den, mit denen sie die Taschen bestickt hatte. Einige N ä gel brachen, aber einen der Beutel konnte sie auf diese Weise retten. Der andere verschwand mit dem zerlumpten Dieb in der Menschenmenge. Grob bahnte er sich seinen Weg gegen den Strom, der Frances immer weiter von ihm fortriss.
    » Stoppt den Dieb. « Ihre Lippen gaben kaum mehr als ein ersticktes Kr ä chzen her, doch dann l ö ste sich ihre Zunge, und jetzt schrie sie: » Stoppt den Dieb! «
    Die Bewegung der Masse schien sich mit einem Mal zu ver ä ndern. H ä lse wurden gereckt, fremde Stimmen nahmen ihren Schrei auf.
    » Ein Dieb! Ein Dieb! «
    » Dort ist er! Fasst ihn! «
    » Die Wache hierher! «
    Jemand w ü rde ihn aufhalten! Ein Passant w ü rde den Fl ü chtenden ergreifen und ihr ihre Besitzt ü mer zur ü ckbringen. Der Gedanke barg Frances einige Herzschl ä ge lang sicher in seinen Armen, dann erkannte sie, dass niemand auch nur daran dachte, einzugreifen und ihr zu helfen. Stattdessen nahm das Schieben und Dr ä ngen zu, und dann ert ö nten immer mehr emp ö rte Aufschreie, als h ä tten weitere Diebe, versteckt in der Menge, nur darauf gewartet, dass der Mob abgelenkt war.
    Gro ß er Gott! Matthews Briefe und sein Bild waren in den Taschen gewesen!
    Frances presste ihren R ü cken gegen den Vorsprung einer H ä userwand und durchsuchte die Tasche, die ihr geblieben war. Sie fand die Briefe und das Bild, aber das Geld war fort, und das reichte aus, um ihre Beine unter ihr wegsacken zu lassen. Sie plumpste auf den Hintern. Immerhin bremste das H ü ftkissen unter ihren R ö cken den Fall ein wenig, und sie hatte ein halbwegs sauberes Fleckchen erwischt. Aber das Treiben auf der Stra ß e spielte sich jetzt ü ber ihrem Kopf ab, und dar ü ber erstreckte sich nur Dunkelheit, als ob die Fassaden der H ä user sich ü ber ihrem Kopf gegeneinanderlehnten, um ihr die Sicht zu versperren.
    Hier w ü rde kein Gebet den Himmel erreichen.
    Mit mir ist es aus , dachte sie. Nicht einmal an eine Heimreise war jetzt noch zu denken. Unter ihr Dreck, um sie herum Dreck und diese Menschen, die zu dieser Stunde Besch ä ftigungen nachgingen, von denen sie keine Kenntnis haben wollte.
    Als die ersten Regentropfen zun ä chst die Krone ihres Hutes, dann ihre Leinenhaube durchdrangen, lie ß sich jemand neben sie fallen. Sie wollte schon aufspringen, aber dann sah sie, dass es sich nur um eine zerlumpte alte Frau handelte, von der zwar ein durchdringender Geruch, aber sicherlich keine Gefahr ausging.
    » Auch in den Rinnstein gesp ü lt worden, Liebchen? «
    Frances zuckte die Achseln und seufzte.
    » Hast ’ e ’ ne Ahnung, wo ich neue Str ü mpfe herbekomme? « Die Alte streifte die Holzschuhe ab, die sie an den F üß en trug und wackelte mit den Zehen. Das konnte sie umso besser, da mehr L ö cher als Maschen das Gewebe ihrer Str ü mpfe zusammenzuhalten schienen.
    Frances l ä chelte m ü de. » Nein, tut mir leid. Ich wei ß nicht einmal, wo ich bin. «
    » In London, Liebchen. « Offenbar hatte die Alte erwartet, dass sie ihr f ü r die Auskunft dankend um den Hals fiele. Als Frances es nicht tat, f ü gte die Frau hinzu: » Sieh mal, das hier ist Covent Garden . Wenn du dich am ü sieren willst, bist du

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