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London Hades

London Hades

Titel: London Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Dettmers
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hier richtig! « Mit zittrigen Fingern zog die Alte ein Zinnfl ä schchen aus der Rocktasche und entkorkte es. » Auch ’ nen Schluck? «
    Frances horchte auf. Covent Garden also? Das war eine Information, die ihr eine Umarmung wert gewesen w ä re – jedenfalls wenn die Alte nicht so streng gerochen h ä tte. Sie hatte zwar keinen Grund, sich zu am ü sieren, aber der Name des Ortes rief eine Erinnerung in ihr wach, die ganz pl ö tzlich etwas Hoffnung wie einen Lichtstrahl durch die Dunkelheit ihrer Gedanken sandte: Henry!
    Hatte nicht Gro ß vater gerade k ü rzlich davon erz ä hlt, dass er bei einem seiner letzten Landg ä nge ihren gro ß en Bruder in einer Taverne in Covent Garden getroffen habe? Vielleicht arbeitete Henry noch immer dort. Sein Versprechen, dass sie immer zu ihm kommen k ö nne, lag zwar schon Jahre zur ü ck, aber immerhin hatte er sich bei Gro ß vater nach ihrem Wohlergehen erkundigt. Und jetzt gerade brauchte sie ihn wie nie zuvor. Sie befand sich in einer echten Notlage.
    Wie war doch gleich der Name des Lokals gewesen?
    » Kennen Sie eine Taverne, die Shakespeare’s Head heißt, Madam? « , fragte sie die Alte und machte sich in einem Anflug abgrundtiefer Mutlosigkeit darauf gefasst, ein » Nein « zu h ö ren.
    Nachdem die Frau ausgiebig an ihrer Flasche genuckelt und in die Regenwolken am Himmel gestarrt hatte, kicherte sie pl ö tzlich vor sich hin und meinte dann: » Madam … So hat Agnes schon lang keiner mehr genannt! « Ihre Stimme wandelte sich zu einem leisen Singsang: » Madam, Madam, Madam … Madam Agnes wei ß , wo Shakespeare’s Head ist. La-da-da, da hinten, an der Piazza. Aye, nah bei den Theatern. «
    Frances war nicht sicher, ob die Alte vielleicht einfach nur vollkommen verr ü ckt war, aber eine bessere Aussage w ü rde sie wohl kaum von ihr erhalten. Also stand sie auf und sch ü ttelte die Starre aus ihren Gliedern. » Vielen Dank, Madam. «
    Die Alte strahlte und tippte an ihren in Aufl ö sung befindlichen Filzhut.
    Frances machte sich in die Richtung auf, in welche die Frau gewiesen hatte. Wenn der Weg nicht stimmte, konnte sie immer noch jemand anderen fragen, und vielleicht … ja, vielleicht … w ü rde sie in der Taverne wirklich Henry finden, oder wenigstens eine Spur von ihm. Jammern w ü rde sie jedenfalls nicht weiterbringen.
    Wie zur Best ä tigung, dass sich ihr Schicksal nun endlich wenden w ü rde, sah sie etwas vor sich aufblitzen. Fremde Beine huschten ü ber den Matsch. Sie traten beinahe auf die M ü nze, die direkt vor Frances’ F üß en aus dem Lehm ragte. Das silberne Antlitz George des Zweiten blitze ihr entgegen, als sie sich danach b ü ckte. Ein Shilling! Schnell hob sie ihn auf und sah sich um, doch niemand schien Anspruch darauf zu erheben. Gerade taumelte eine Gruppe elegant gekleideter Herren an ihr vorbei, aber die M ä nner nahmen sie nicht einmal zur Kenntnis. Nur einer von ihnen drehte sich kurz um und musterte sie vom Kopf bis zu den F üß en, bevor er wieder in das Lied seiner Kumpane einstimmte und mit ihnen weitersprang.
    Vielleicht meinte es der Herrgott doch nicht ganz so schlecht mit ihr. Jedenfalls in diesem Augenblick nicht.
    Nur eine Seitenstra ß e entfernt fand sie den Ort, von dem die Alte gesprochen hatte. Die Piazza war ein so gro ß er Platz, dass es ihr erst einmal die Sprache verschlug und sie einige Augenblicke lang stehen blieb, bevor sie weitergehen konnte. Ü berragt von den mehrgeschossigen H ä usern, umgaben Kolonnaden den Platz an zwei Seiten, aber die Sicht darauf wurde ihr von drei Bretterbuden versperrt, in denen, wie es schien, eine Reihe billiger Kaffeeh ä user untergebracht war. Erst als sie diese und noch eine weitere Reihe von Buden passiert hatte, lag die offene Piazza vor ihr: mit einer hohen Sonnenuhr in der Mitte, eingerahmt von einer Umz ä unung aus Pfosten und Holzbrettern.
    Frances lehnte sich mit dem R ü cken gegen eine der Bretterbuden, die am Morgen sicherlich als Markth ä uschen genutzt wurden, und lie ß sich von pl ö tzlich aufkommenden Erinnerung ü berw ä ltigen. Die von Rauchschwaden eingeh ü llten D ä cher der Stadt schienen an diesem Punkt ein gutes St ü ck in die Ferne ger ü ckt zu sein, der Geruch nach liegen gebliebenen und zertretenen Marktabf ä llen beherrschte hier alles. In der Mitte des Platzes jagte eine Horde Jungen einem Ball aus Lumpen hinterher, und irgendwie war es Frances so, als h ä tte sie in einem fr ü heren Leben einmal zu ihnen geh ö

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