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London Hades

London Hades

Titel: London Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Dettmers
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es sogar in drei Sprachen. Jetzt lie ß er die neu hinzugekommenen Kupferm ü nzen mit gr öß tm ö glicher Abscheu in seine B ö rse gleiten, um seine gesamte Barschaft dann durchzuz ä hlen.
    Sie reichte, um Ross eine knappe erste Rate zu bezahlen, aber die Erleichterung dar ü ber erreichte nicht den Teil seines Kopfes, der sich vor sich selbst ekelte.
    Allm ä chtiger, was war aus ihm geworden?
    Die Frauen mit den Tragejochen bugsierten ihre ü berschwappenden Wassereimer an ihm vorbei und ü berzogen ihn dabei mit Blicken, die Gift verspr ü hten. Er sch ü ttelte die Haare zurecht und steckte seine B ö rse sicher weg, in eine Innentasche seines Justaucorps. Ihm fehlte die Zeit, um sich selbst zu bemitleiden. Es ging auf den Abend zu, also w ü rde er dem Shakespeares Head einen Besuch abstatten, dem selbsternannten Thief-Taker … City Marshall … dem gottlosen Verr ä ter Wilson Ross sein Geld hinwerfen und f ü r den Rest des Abends in der Rose Tavern Quartier beziehen. Hoffentlich auf angenehme Art und Weise betrunken. Einige Pence hatte er daf ü r weggesteckt.
    In stummer Vorfreude auf eine Nacht in den Armen des Suffs betrat er die Kolonnaden von Covent Garden und erreichte schlie ß lich unbehelligt die Taverne, ü ber der Shakespeares Kopf ihn h ä misch anl ä chelte und in der Ross an jedem Mittwoch Abend Hof hielt. Er machte sich bereits an der Eingangst ü r auf den Anblick gefasst, der sich ihm nun bieten w ü rde: sein ä rgster Feind, umgeben von dessen Lakaien, Speichelleckern und Schuldnern. Bittsteller w ü rden sich in das Stelldichein reihen, dazu einige Mitglieder der diversen Banden von Dieben und Halsabschneidern, die Ross unterhielt. Und nat ü rlich verschiedene Diebstahlopfer, deren geraubtes Hab und Gut der Thief-Taker vor ihren Augen auf g ä nzlich wundersame Weise aus dem Hut zaubern w ü rde – gegen klingende M ü nze, so viel war selbstverst ä ndlich.
    Doch die Situation, in die er hineinstolperte, war viel schlimmer als das Bild, das er sich ausgemalt hatte. Vor dem Tisch, den Ross zu seinem Schreibtisch erkoren hatte und der an der R ü ckwand des gro ß en Schankraums stand, umrahmten drei von Ross ’ Bullies drei sehr viel kleinere Gestalten. Eine davon, ein junger Bursche, zappelte im Griff des Thief-Takers, als w ü rde sie gerade stranguliert. Henry wich zur ü ck. Die Distanziertheit, mit der er ä hnliche Szenen betrachtete, wenn er sie auf der Stra ß e sah, wollte sich diesmal nicht einstellen. Er wusste, wie der Junge sich f ü hlte. Ross ’ Griff war schlimmer als die eisige Umklammerung des Strickes in Tyburn , die gro ß e Hand, die dicken Finger des Thief-Takers sehr viel effektiver als das Hanfgeflecht.
    Warum musste der Kerl ihnen immer gleich an den Hals gehen? Henry sp ü rte Ross ’ Finger nach seiner Kehle tasten, den entscheidenden Punkt finden und zudr ü cken. Und obwohl er wusste, dass es ein altes Trugbild war, ertappte er sich dabei, schnappend zu atmen, zur ü ckzuweichen und Deckung zu suchen.
    Er hatte diese Hand oft gesp ü rt. Er kannte die Verzweiflung, den Kampf um den n ä chsten Atemzug. In ihm dr ä ngte alles zur Flucht, als w ä re er selbst einer der drei Jungen da vorne. Sein Kopf ersann schon Ausreden f ü r Vergehen, die er nicht begangen hatte, bevor er sich zur Ordnung rufen konnte: Was gingen ihn diese Burschen an? Er w ü rde das Geld abliefern und sich dann aus dem Staub machen.
    Wenig behutsam dr ä ngte er sich an den Wartenden vorbei, die sich gegenseitig neugierig ü ber die Schultern gafften, um zu sehen, was Ross mit den Kindern anstellen w ü rde. Niemand brauchte zu glauben, er h ä tte es n ö tig, sich f ü r den Thief-Taker anzustellen.
    Den dunkelh ä utigen Jungen, den Ross am Wickel hatte, meinte Henry schon zuvor einige Male im Shakespeare’s Head gesehen zu haben. War das nicht Collin, der sich ü blicherweise von diesen beiden trunks ü chtigen Captains aushalten lie ß ? Er konnte sich weder an deren Namen erinnern, noch sah er sie irgendwo in der N ä he. Ganz sicher verfluchte der kleine Bursche sie gerade daf ü r, dass die Herrschaften ausgerechnet jetzt nicht parat standen, um seinen Kopf aus Ross ’ Schlinge zu ziehen. Das Zappeln des Jungen wurde mittlerweile schw ä cher, und dennoch machte er nicht gerade den Eindruck, als wolle er sich mit seinem Schicksal abfinden.
    » Verdammt, ich wollte es gar nicht! « , beteuerte er, seine Stimme knapp am Rande des R ö chelns. » Die zwei wollten das

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