London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out
dem Parkplätze und ein Kino lagen. Winzige Figuren bevölkerten das grüne Gelände. Die einen strebten dem Casino zu, andere führten ihren Hund aus, saßen beim Picknick zusammen oder ließen Drachen steigen.
»Wow«, sagte Charlotte.
Belsey schaute sich die Zeichenbretter, die Macs und die überfüllten Schreibtische genauer an. Er zog eine Schublade heraus und kippte den Inhalt auf den Boden. Dann die nächste. Er schaute sich zusammengerollte Pläne und Karten an, bis er zwei Zeichnungen des Casinos fand. Er faltete sie zusammen und steckte sie in die Innentasche seiner Jacke.
»Los, wir verschwinden.«
Sie liefen wieder die Treppe hinunter und an dem Wachmann vorbei auf die leere Straße.
»Wohin jetzt?«, fragte Charlotte.
»Ich hab noch was zu erledigen«, sagte Belsey. »Du hast ja jetzt erst mal genug Stoff für deine Story. Könnte sein, dass ich mich schon bald aus dem Staub machen muss.«
»Okay.«
»Was meinst du, wirst du mich finden?«
Er nahm ihre Hand und schaute sie an. Sie standen in dem Licht, das von der Empfangshalle nach draußen drang. Wie ein Glühwürmchen kroch ein roter zitternder Lichtpunkt über Charlottes blassen Hals und über ihre Wange und näherte sich der Schläfe. Belsey drehte sich um und schaute zu dem Wachmann, aber der Wachmann war nicht mehr da. Er schaute wieder den Lichtpunkt an, als ihm plötzlich ein grässlicher Gedanke durch den Kopf schoss.
»Runter«, schrie er, und im nächsten Augenblick zerriss es die Drehtür.
52
Belsey legte sich schützend über sie, und zusammen krochen sie zu den am Straßenrand parkenden Autos in Deckung. Er spürte Blut an seinen Handflächen, das nicht sein eigenes war. Charlotte fing an zu schreien, was ein gutes Zeichen war. Wer schreien kann, kann auch leben.
Die nächsten Kugeln trafen die Autos. Glassplitter regneten auf sie herab. Erneut schrie Charlotte auf.
Er schaute sie an. Sie hatten keine Verletzungen am Kopf, aber auf ihrer Bluse breitete sich ein Blutfleck aus.
»Charlotte, hörst du mich? Wo hat’s dich erwischt?«
»Am Arm.«
Belsey riss den Ärmel der Bluse auf. Die Kugel hatte ihren linken Arm aufgeschlitzt und den Oberkörper gestreift. Er rollte ihren Schal zusammen, drückte ihn wie eine Kompresse fest auf ihren Körper und band diese mit den Jackenärmeln fest. Die Schüsse kommen von einem Gebäude gegenüber, dachte Belsey, vom Dach eines der Bürotürme. Er schaute hoch, konnte aber keine Bewegungen erkennen.
»Alles okay«, sagte sie.
»Drück das fest an den Körper. Bleib liegen, rühr dich nicht vom Fleck.«
»Warum?«
»Du willst doch noch ein bisschen weiterleben, oder?«
Er kroch zurück in die Empfangshalle.
»Rufen Sie einen Krankenwagen«, sagte er zu dem flach auf dem Boden liegenden Wachmann. Genau in diesem Augenblick bremste vor dem Gebäude, nur ein paar Meter von ihnen entfernt, ein Rettungsmotorrad scharf ab. Ein Sanitä ter mit einem Erste-Hilfe-Koffer stieg ab. Er trug Handschuhe und Helm.
»Da vorn, neben dem Auto«, rief Belsey, stand auf und dachte gleichzeitig: Warum behält er seinen Helm auf? Was trägt er da auf seinem Rücken?
Der Sanitäter öffnete den Erste-Hilfe-Koffer, holte eine Pistole heraus und zielte auf Belsey.
Belsey ging auf den Mann zu. Zurückweichen ist immer ein Fehler. Er ging weiter und wandte sich plötzlich um, worauf der Mann in Panik geriet und schoss. Ein Fenster zer splitterte. Belsey sprang hinter dem Empfangstisch in Deckung und lenkte so die Aufmerksamkeit des Killers von Charlotte ab. Was er auf dem Rücken trug, war ein Scharf schützengewehr, eine Dragunov. Aber offenbar war er auch auf Hinrichtungen aus nächster Nähe vorbereitet. Belsey riss einen Feuerlöscher von den Wand. Eine Kugel prallte von einem der Pfeiler ab. Er zog den Sicherungsstift. Der Killer stand jetzt nur noch gut einen Meter vor ihm. Belsey zielte auf das Helmvisier und sprühte.
Es klappte. Der geblendete Killer feuerte wild in der Gegend herum und stolperte rückwärts. Belsey trat ihm in die Nieren. Der Killer ging zu Boden, hielt jedoch die Pistole fest umklammert und versuchte mit der anderen Hand den Schaum vom Visier zu wischen. Als er sich wieder aufgerichtet hatte, zielte er erneut. Belsey schlug ihm die Waffe mit einem Fußtritt aus der Hand.
Plötzlich waren Sirenen zu hören. Für den Bruchteil einer Sekunde erstarrte der Killer. Er wandte den Kopf in die Richtung, aus der das Heulen näher kam, und rannte dann aus dem Gebäude und in der
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