London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out
Devereux’ Brieftasche aus dem Schlafzimmer, faltete die Seite zusammen und schob sie hinein. Dann steckte er die Brieftasche ein und fühlte sich besser.
Ein wichtiger Punkt war, dass er sich einen Ausweis besorgen musste: auf Devereux’ Namen, aber mit seinem eigenen Foto. Führerschein oder Pass. Das sollte nicht zu schwierig sein. Er würde auf die Adresse in der Bishops Avenue ein neues Bankkonto eröffnen, inklusive Kreditkarte und Dispokredit, und dann einmal mehr bei den Leuten aus der Kredithaibranche vorsprechen – nur diesmal mit einer Kreditwürdigkeit, die ohne Sicherheiten für fünfundzwanzigtausend gut war.
Aber das würde Zeit kosten. Außerdem ahnte Belsey, dass er mit dem vorhandenen Geld noch ehrgeizigere Dinge auf die Beine stellen konnte. Er hatte den glitzernden Spielplatz von Devereux’ Leben betreten dürfen und noch nicht mal die Hälfte davon gesehen. Die Mär von dem armen russischen Geschäftsmann glaubte er nicht. Er musste etwas mehr über sein Zielobjekt herausfinden. Er musste wachsam bleiben.
Der Galaxy Drug Store war einer von vielen heruntergekom menen Läden in der East Finchley Road. Er lag zwischen einem William-Hill-Buchmacherladen und einem chinesi schen Take-away. Auf dem Schild fehlte das »e« am Ende, aber die leuchtende Neonanzeige im Schaufenster machte das wieder wett: »24-Stunden-Apotheke«. Die Scheibe war vollgepflastert mit Filmplakaten und internationalen Telefonkar ten und informierte den vorbeieilenden Kunden darüber, dass er sich auch DVDs ausleihen könne. Sah ganz nach einer Apotheke nach Belseys Geschmack aus. Er ging hinein.
Die Höchstmenge an Ephedrinchlorhydrat, die man auf einmal legal und ohne Rezept kaufen konnte, war 180 mg. Das für gewöhnlich einzige Produkt innerhalb dieser Gren zen hieß ChestEze. Eine Tablette enthielt 30 mg Koffein, 18,31 mg Ephedrin und 100 mg wasserfreies Theophyllin, wobei Letzteres ein Mitglied der glücklichen Xanthin-Familie ist, ein pharmakologischer Cousin des Koffeins. ChestEze wurde im Neunerpack verkauft.
Belsey ging zum Verkaufstresen, hinter dem ein halbwüchsiger Angestellter an seiner schuppigen Haut herumzupfte.
»Man hat mir ein Mittel empfohlen, das ChestEze heißt«, sagte Belsey. »Haben Sie das da?« Der Junge schaute ihn an, schlurfte davon und holte eine Schachtel. Er legte sie auf die Theke. Belsey las übertrieben langsam die winzige Schrift auf der Packung: … wirkt lindernd bei Bronchialhusten, Keuchen, Kurzatmigkeit und anderen Symptomen von asthmatischer Bronchitis .
»Zwei Packungen, bitte«, sagte Belsey.
»Tut mir leid, ich darf Ihnen nur eine verkaufen.«
»Eine ist für meinen Vater, bei dem hab ich mir die Bronchitis eingefangen.«
Der Junge runzelte die Stirn, holte dann aber doch eine zweite Packung. Leichte Beute, dachte Belsey und nahm noch Raumspray, Vitamine und eine Packung Sudafed mit – zwölf Tabletten, 60 mg Pseudoephedrin und 25 mg Koffein je Tablette.
»Die PIN weiß ich grade nicht«, sagte Belsey, als er seine Amex-Karte vorlegte.
Der Junge schaute ihn mit dem Überdruss eines alten Mannes an, drückte dann auf einen Knopf und reichte ihm einen zerkauten Kugelschreiber.
Belsey nahm seine Tüte mit Nahrungsergänzungsmitteln und ging in die öffentliche Bibliothek in der High Road. Er ließ sich ein Gästepasswort geben, loggte sich in einen PC ein und googelte den Namen Alexei Devereux. Die ersten Treffer sahen vielversprechend aus: einer war ein Artikel in Russisch aus der Chimskaja Prawda , ein anderer ein Artikel aus dem Wall Street Journal , für den man zahlen musste, wollte man ihn in ganzer Länge lesen. Er begann: »Aus der neuen Riege der Oligarchen, die ihren Blick über die Grenzen Russlands hinaus richten, ist Alexei Devereux vielleicht der faszinierendste.« Die Webseite Eurasian Trade News nannte ihn als einen von fünf Männern, die »die russische Unterhaltungsindustrie verändern«. Wie er das machte, schrieben sie nicht. Nur, dass er »notorisch fotografenscheu« sei. Später hieß es, dass »der rätselhafte Alexei Devereux persönlich zwei Milliarden Dollar in den angeschlagenen Sportsender TGT gepumpt« habe. Die Zeitung Nowaja Gaseta brachte den Kursanstieg der Aktien von Polsky International in Verbindung mit Übernahmegerüchten durch Devereux. Polsky war auf dem Freizeit- und Einzelhandelssektor tätig. Die drei Zentimeter hohe Meldung stand neben einer Börsenkurve von 2007. Nur im Moscow Business Journal mit Datum vom letzten
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