London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out
einem Todesfall in Polizeigewahrsam, auch damals war es kein Vergnügen gewesen.
»Belsey. Ich habe einen Gesprächstermin.«
Der Mann am Empfang schaute Belsey an, überprüfte irgendetwas und schickte ihn dann mit einem Begleiter hinauf in den zweiten Stock. Sie betraten ein Großraumbüro, in dem jede Menge Angestellte in Zivil vor ihren Flachbildschirmen saßen. Sein Begleiter ließ ihn stehen, und ein anderer Mann kam auf ihn zu.
»Nicholas Belsey?«
»Hi.«
»Frank Sacco. Ich bin Ihr Anwalt, Riggs und Jenkins.«
Er schüttelte Belsey die Hand. Sacco war ein kleiner Mann, der einen olivgrünen Anzug und Halbschuhe trug. Sein Gesicht glänzte, als hätte er sein Haargel auch darauf verteilt. Die Kanzlei Riggs und Jenkins stellte bei internen Unter suchungen immer den Anwalt. Das bedeutete, Belseys Fall war der Gewerkschaft zu Ohren gekommen.
»Freut mich«, sagte Belsey.
»Irgendwas, das wir vorher klären sollten?«
»Kennen Sie sich mit Identitätsdiebstahl aus?«
»Nicht gerade mein Spezialgebiet.«
»Also dann, gehen wir.«
Sacco ging voraus zu einem Eckbüro. Dort warteten zwei Männer und eine Frau – ein Mann und die Frau saßen an einem Schreibtisch und lasen in Akten, der andere Mann stand am Fenster und schaute hinaus. Belsey und Sacco traten ein, Belsey machte die Tür zu. Der Mann am Schreibtisch war Commissioner Barry Gaunt von der Dienstaufsicht. Belsey kannte ihn aus dem Fernsehen, wo er sich über gewalttätiges Verhalten von Polizeibeamten bei Tumulten ausließ. Der Marks-&-Spencer-Anzug war ihm zu eng, er hatte ein rosa Gesicht und einen dicken Hals. Der Mann am Fenster war groß, sein blasses Gesicht erinnerte an das einer Ratte. Die Frau trug eine Bobfrisur, einen pastellorangefarbenen Hosenanzug und Modeschmuck. Sie haben also eine Psycho login dabei, dachte Belsey. Vom Fenster hatte man einen Blick auf den alten Kingsway-Trambahntunnel und den Red Lion Square. Vor dem Eingang zur Conway Hall standen Menschen an.
»Nehmen Sie bitte Platz.«
Belsey und Sacco setzten sich auf die beiden freien Stühle. Die Psychologin sprach als Erste. Das war immer ein schlechtes Zeichen.
»Mein Name ist Janet, ich bin vom Mental Health Assessment Team.«
»Freut mich, Sie kennenzulernen, Janet«, sagte Belsey.
Dann sprach der Mann neben ihr: »Barry Gaunt von der Dienstaufsichtsbehörde. Das ist Nigel Herring von der Bezirksverwaltung Camden.« Er deutete auf den Mann am Fenster. Herring wich Belseys Blick aus. Belsey kannte den Namen: Herring war Northwoods Bluthund, den Aufstieg zum Inspector verdankte er ausschließlich seiner Arschkriecherei bei Northwood. Ein zweilichtiger Charakter, der bei zu vielen Dingen seine Hände im Spiel hatte. Er trug einen Freimaurerring und hatte eine ungesund blasse Gesichtsfarbe.
»Wie stellt sich aus Ihrer Sicht diese Angelegenheit dar?«, fragte Gaunt.
»Welche Angelegenheit?«
»Wegen der wir sie hierhergebeten haben.«
»Ich habe einen Streifenwagen gestohlen und zu Schrott gefahren.«
»Okay«, sagte die Psychologin sanft.
»Chief Superintendent Northwood hätte gern gewusst, wie Sie Ihr Verhalten rechtfertigen.«
»Ich weiß nicht, ob ich mich rechtfertigen kann. Es ist eben passiert. Ich schäme mich deswegen, und mir ist klar, dass das Ermittlungen zur Folge hat.«
»Aber das ist nicht alles, oder?«, sagte Gaunt.
»Sie meinen, was den Vorfall in jener Nacht betrifft?«
»Ich meine Vorfälle ganz allgemein.«
»Nein, das ist nicht alles.« Gaunt schaute etwas gelangweilt, als ärgere er sich darüber, von ernsthaften Unruhen in die kleinen und unbedeutenden Unruhen von Belseys Leben hineingezogen zu werden.
»Wohin waren Sie unterwegs?«, fragte er.
»Ich glaube, ich wollte zum Heath. So gesehen, habe ich das ja auch geschafft. Am nächsten Morgen bin ich im Heath aufgewacht. Bin ich suspendiert?«
»Gibt es einen Grund dafür?«
»Antworten Sie nicht«, sagte Sacco.
»Würde mein Gehalt bei einer Suspendierung weiterlaufen?«, fragte Belsey.
»Haben Sie finanzielle Probleme?«, fragte die Psychologin.
»Ja«, sagte Belsey. Er steckte seine Hände in die Taschen von Devereux’ Jacke. Dann nahm er sie wieder heraus und schaute auf seine Uhr. Er dachte: Wer wirft eine Uhr auf den Boden? Wenn eine Uhr auf den Boden fällt, hört man das und hebt sie wieder auf. Außerdem hat man sie am Handgelenk, wie kann sie da auf den Boden fallen?
»Macht Ihnen die Polizeiarbeit Spaß?«, fragte die Psychologin.
»Nicht mehr als
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