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London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out

London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out

Titel: London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Harris
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Gummihandschuhe aus einer Schachtel und half ihr beim Auswickeln von Alexei Devereux’ Körper.
    Sie hatte einen kleinen Bereich seiner Kopfhaut rasiert, um den Schädel untersuchen zu können. Auf der Vorderseite verlief senkrecht der übliche Y-förmige Schnitt. Der Hals war zugenäht, die Augen waren geschlossen worden. Es war ein komisches Gefühl, den Körper zu betrachten, dessen Leben er in Besitz genommen hatte. Belsey fühlte sich schuldig. Stärker jedoch war das Gefühl der Verbundenheit. Devereux, alter Freund, dachte Belsey. Du und ich.
    »Irgendwas in seinem Magen?«
    »Etwas rotes Fleisch, fettig. Er hatte seit mehreren Stunden nichts mehr gegessen. Ein paar Milligramm Alkohol im Blut, nichts Dramatisches.«
    »Hat die Sekretärin ihn identifiziert?«
    »Ja.«
    »Wie war sie?«
    »Jung. Aufgeregt. Ihr war ein bisschen übel. Hat geheult wie ein Schlosshund. Hat immer wieder gesagt, dass sie es nicht glauben kann.«
    »Hat sie ihn Mr D. genannt?«
    »Warum?«
    »So hat sie ihn genannt, als ich mit ihr gesprochen habe.«
    »Süß. Was dagegen, wenn ich kurz eine rauchen gehe?«
    Hawks hängte ihren weißen Kittel an einen Haken, dann gingen sie zusammen aufs Dach. Es war windig. Zwischen Schornsteinen und Antennen standen drei schimmelige Sessel und ein Standaschenbecher. Sie zündete zwei Ziga retten an und gab eine Belsey. In der trostlosen Wildnis hinter Kings Cross konnte man Hydraulikarme erkennen, die über die Kieslandschaft schwangen. Näher am Leichenschauhaus lag der Regent’s Canal, auf dessen schwarz und orange kräuselndem Wasser ein Hausboot neben dem anderen lag.
    »Gott, ist das schön«, sagte Belsey.
    »Na ja, ich weiß nicht.«
    »Hast du schon mal ein Hausboot kurzgeschlossen?«
    »In letzter Zeit nicht.«
    »Ist nicht schwer. Ich hab deswegen mal einen verhaftet.«
    Hawks lehnte an einem gotischen Schornsteinaufsatz aus Ton. Sie rauchte mit verschränkten Armen, wobei sie mit der Hand den Ellbogen abstützte. Das sandfarbene Haar fiel ihr fast bis auf die Schultern. Belsey erinnerte sich an die Abschiedsparty für einen ausscheidenden Pathologen, als sie zusammen hier draußen gewesen waren und sie seinen Arm genommen hatte. Eine instinktive, unschuldige Geste. Vielleicht war das der Grund gewesen, warum er nichts weiter unternommen und erst, als sie schon gingen, einen plumpen Annäherungsversuch gemacht hatte.
    Auf dem Kanal lag ein Hausboot, an dessen Bug der Name stand. The Duchess. Durch die Fenster konnte er in das Miniaturwohnzimmer mit Lehnstuhl und altem Ofen sehen. An Deck standen Blumentöpfe. Plötzlich kam ihm die Vorstellung von einem Leben an Bord der Duchess sehr real vor.
    »Wir könnten eins entern und davonsegeln«, sagte er.
    »Sollen wir?«
    »Den Kanal runter bis Limehouse, dann auf der Themse durch Essex und raus aufs Meer …«
    Hawks nahm einen tiefen Zug von ihrer Zigarette und musterte Belseys Gesicht. »Ich hab da was von einer Untersuchung gehört.«
    »Wer hat dir das erzählt?«
    »Hab ich vergessen. Stimmt das?«
    »Wenn man so will, stecke ich mitten in einer Untersuchung meiner selbst. Ich mache gerade eine Übergangsphase durch.«
    »Einen Übergang wohin?«
    »Weiß ich noch nicht. Ich hatte eine Ich-bin-völlig-pleite-Erfahrung.«
    Hawks lachte. Einen Augenblick sah sie jünger und nicht mehr so misstrauisch aus. Dann trat sie mit dem Absatz ihre Zigarette aus.
    »Du siehst ziemlich erledigt aus.«
    »Ich schlafe im Moment schlecht.«
    »Also dann«, sagte sie.
    Sie gingen wieder hinein und stellten sich links und rechts neben die wächserne Leiche.
    »Bist du dann fertig?«, fragte sie.
    »Einen Augenblick noch.«
    Hawks ging zu einem Arbeitstisch und setzte sich auf einen Hocker. »Worüber denkst du nach?«
    »Was kann ein Mensch falsch machen, wenn er sich die Kehle durchschneiden will?«
    »Soll das ein Witz sein?«
    »Möglich.«
    »Ich weiß nicht. Was?«
    »Er legt den Kopf in den Nacken.«
    »Findest du das komisch?«
    »Leg den Kopf in den Nacken.«
    Sie bog den Kopf zurück. Er ging zu ihr, berührte mit dem Zeigefinger ihren Hals und fuhr den Muskel entlang.
    »Das ist das Platysma, ein dünner Hautmuskel am Hals. Ist nicht leicht, den durchzuschneiden.«
    »Hat er vielleicht auch nicht gemacht.«
    »Als ich ihn gefunden habe, war der Kopf nach hinten gekippt«, sagte Belsey.
    »Und?«
    »Was meinst du, könnte es Mord gewesen sein?«
    »Ich bin kein Polizist. Gibt keinen Hinweis auf irgendwel che Tricks. Ich habe Probierschnitte und

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