London Road - Geheime Leidenschaft
hatte weder die Schule abgeschlossen, noch war ich zur Uni gegangen. Was zur Folge hatte, dass ich mich in seiner Gegenwart noch gehemmter fühlte, denn wenn er das erst mal herausfand, hätte er noch mehr Munition, mit der er auf mich schießen konnte.
Zum Glück wurden wir in diesem Moment unterbrochen. Die ersten Gäste kamen, und schon bald hatten wir so viel zu tun, dass wir uns nicht mehr unterhalten konnten. Ich beobachtete Cam aus dem Augenwinkel, ob die Arbeit ihm Probleme bereitete, aber er kam ausgezeichnet zurecht. Offenbar war er ein alter Hase.
Hin und wieder streiften sich unsere Körper, und es fühlte sich jedes Mal so an, als hätte ich einen elektrischen Schlag bekommen. Immerhin bot sich mir endlich die Gelegenheit, seine Tattoos genauer zu studieren. Das eine war ein gefährlich aussehender schwarzvioletter Drache. Körper und Flügel zierten den Bizeps, der lange schuppige Hals samt Kopf reichte bis kurz unterhalb des Ellbogens. Er war sehr kunstvoll und detailreich gestochen. Die Schrift auf dem anderen Arm konnte ich leider nach wie vor nicht entziffern, zumindest nicht, ohne mich zu verraten. Nicht, dass ich geglaubt hätte, Cam würde nicht merken, dass ich ihn musterte. Ich merkte ja auch, dass er mich kaum aus den Augen ließ.
Der schlimmste Moment kam, als ich gerade ein Glas Lager zapfte und Cam sich über mich beugte, um an die Servietten zu gelangen, die auf dem untersten Regal hinter der Theke lagen. Er kam mir dabei ganz nahe, und ich atmete den männlichen Duft von Aftershave und Seife ein, als er sich herunterbeugte. Dann setzte meine Atmung ganz aus: Sein Gesicht befand sich genau auf Höhe meiner Brust.
Jeder Muskel meines Körpers spannte sich an, so stark spürte ich seine Nähe.
Wie um die Folter zu verlängern, griffen Cams Finger an den Servietten vorbei, und er musste sich ein zweites Mal herunterbeugen, wobei er mit der Wange meine rechte Brust streifte.
Ich schnappte nach Luft.
Als er sich wieder aufrichtete, schielte ich vorsichtig zu ihm hin. Das dunkle Lodern in seinen Augen war purer Sex, und sein Blick fühlte sich an, als striche er mir über den Bauch bis hinunter zwischen die Beine. Meine empfindlichen Brustwarzen wurden so hart, dass man sie durch den BH sehen konnte. Au weia. Puh.
Cam biss die Zähne aufeinander und rückte von mir ab. Im selben Moment stellte ich fest, dass mein Bier übergelaufen war und der Schaum mir von den Fingern troff, so dass ich noch mal von vorne beginnen musste.
Danach versuchte ich jeglichen Körperkontakt mit ihm zu vermeiden. Noch nie hatte ich mich so stark zu jemandem hingezogen gefühlt. Normalerweise musste ich einen Mann erst gut kennen, ehe ich ein Kribbeln verspürte. Warum musste ausgerechnet dieser Typ so eine heftige Reaktion in mir auslösen?
Die Zeit kroch im Schneckentempo dahin. Arbeitsreiche Phasen wechselten sich mit Flauten ab. Während einer solchen Flaute zückte ich erneut mein Handy. Cole hatte mir eine SMS geschrieben. Die Sicherung in der Steckdose für den Toaster sei durchgeschmort, und wir hätten keine Ersatzsicherungen im Haus. Ich schrieb ihm zurück, dass ich mich morgen darum kümmern würde. Hoffentlich vergaß ich es nicht.
»Ist das der Typ von neulich Abend oder Malcolm?«
Hastig ließ ich mein Handy wieder verschwinden. Als ich danach den Kopf hob, sah Cam mich verächtlich an.
Wenn er unbedingt das Schlimmste von mir denken wollte – bitte. »Der Typ von neulich Abend. Er heißt Cole.«
Das verächtliche Grinsen verwandelte sich zu einem Ausdruck heller Empörung »Wie kannst du nur so dreist sein?«
»Wahrscheinlich aus demselben Grund, weshalb du so ein Pisser bist.«
»Woah, Jo!«
Erschrocken wandte ich mich in die Richtung, aus der die vertraute Stimme gekommen war. Auf der anderen Seite der Bar standen Joss und Ellie und starrten mich mit offenen Mündern an, obwohl Joss’ Lippen sich bereits zu einem Schmunzeln verzogen. Sie richtete das Wort an Cam. »Du musst sie echt zur Weißglut getrieben haben. Bis Jo jemanden beleidigt, muss schon einiges passieren.«
Cam schnaubte. »Wirklich? Ich habe längst den Überblick darüber verloren, wie viele Beleidigungen sie mir schon an den Kopf geworfen hat.«
Joss sah wieder zu mir. Sie glühte förmlich vor Stolz. »Johanna Walker, du hast soeben eine neue Stufe auf dem Weg der Einmaligkeit erklommen.«
Ich lachte leise. Meine Wangen brannten noch immer, weil ich beim Fluchen erwischt worden war. »Nur du würdest mich dafür
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