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London

London

Titel: London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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sie.
    Osric dachte kurz darüber nach, dann meinte er: »Er soll nach unserem größten englischen König Alfred heißen.«
    In diesem Jahr ereignete sich auch etwas sehr Erstaunliches bei Ralph Silversleeves. Im August, als ein weiterer Sturm dafür gesorgt hatte, daß die Ernte nahezu völlig verwüstet war, verkündete er, daß er heiraten wolle. Er hatte im Mai ein Mädchen getroffen. Es war groß und blond, die Tochter eines wohlhabenden deutschen Kaufmanns, der an der Mündung des Walbrook in der Nähe des deutschen Kais wohnte. Sie hatte ein großes, flaches Gesicht, große, blaue Augen, große Hände, große Füße und einen großen Appetit, wie sie fröhlich jedem gestand, der es hören wollte. Da sie mit dreiundzwanzig noch unverheiratet war, hatte sie wohl oder übel beschlossen, Ralphs tölpelhafte Art nett zu finden.
    Nichts hatte Ralph so viel Vergnügen bereitet wie die Freude auf dem Gesicht seines Vaters und der Ausdruck erstaunten Unglaubens auf dem seines Bruders, als er ihnen die Nachricht überbrachte.
    An einer Kette um seinen Hals trug er stolz einen Talisman, den sie ihm gegeben hatte, einen sprungbereiten Löwen, und sie hatte ihm gesagt, daß er sie an ihn erinnerte. Sie wollten noch vor Weihnachten heiraten. Sie hieß Gertha.
    Noch eine weitere wichtige Veränderung hatte sich in diesem Sommer bei der Familie Silversleeves zugetragen: Im Juni hatte Hilda bemerkt, daß ihr Mann sie betrog. Sie hatte schon länger den Verdacht gehegt, daß es andere Frauen gab, denn die Kluft zwischen ihnen wurde immer größer. Dann ging er eines Abends im Juni aus und sagte ihr, daß er die Nacht über wegbleiben würde. Da es ihrem Vater nicht sehr gutging, besuchte sich ihn in dem Haus ihrer Kindheit unter dem Hauszeichen des Bullen. Als Henri ein paar Abende danach wieder ausging, war sie sich sicher.
    Nach den Stürmen, die die Ernte ruinierten, wurde es heiß und trocken. Die Hitze und die Trockenheit hielten bis spät in den September hinein an, und viele bekamen Angst vor einem Feuer. Am Ende des Sommers 1087 belagerte König Wilhelm eine französische Burg und wurde dabei verletzt. Die Wunde begann zu schwelen. Bald war klar, daß der König sich nicht davon erholen würde.
    Seine Angehörigen versammelten sich um sein Sterbebett. Robert erhielt die Normandie, Wilhelm »Rufus« England, der junge Heinrich Geld. Odo, der Halbbruder des sterbenden Königs, wurde begnadigt. So waren die Weichen gestellt für eine Generation der Eifersucht, Intrige und Meuchelei. Einige Tage darauf, nach einer langen, heißen Reise über das Land zur Kirche seiner Vorfahren in Caen, explodierte der verwesende Leichnam Wilhelms des Eroberers, der so aufgebläht war, daß er nicht in einen Sarg hineingequetscht werden konnte, über den am Wegrand Stehenden. In der Zwischenzeit eilte Rufus so schnell er konnte zu seiner Krönung nach England.
    Zwei Wochen später trafen sich einige Männer im Haus von Barnikel bei All Hallows. Als Barnikel hörte, was sie wollten, lächelte er. »Ich kann euch geben, was ihr braucht«, sagte er. Heimlich ließ er nach Osric rufen.
    Ralph Silversleeves konnte sein Glück kaum fassen. Was für eine phantastische Gelegenheit, den neuen normannischen König zu beeindrucken! Mandeville hatte ihm die politische Lage erklärt. »Robert wird versuchen, Rufus England abzunehmen, weil er über ein ebenso großes Reich herrschen will wie sein Vater. Odo wird ihn wahrscheinlich unterstützen. Dazu wird er eine große Gruppe von Reitern aus Kent zur Verfügung stellen. Meines Wissens sind auch einige andere Barone bereit, sich ihnen anzuschließen, weil sie Rufus ablehnen. Und mit Sicherheit gibt es auch eine Gruppe in London, die bereit ist, sich auf ihre Seite zu schlagen, wenn sie glaubt, daß für sie dabei etwas herausspringt. Doch die meisten Sheriffs und der Landadel wollen den König von England, nicht den Herzog von der Normandie, als ihren Herrscher. Also unterstützen wir Rufus. Unsere Aufgabe ist es, London ruhig zu halten. Findet die Verschwörer und ihre Waffen! Rufus wird dankbar sein, wenn wir ihm etwas vorweisen können.«
    Am nächsten Tag fiel ihm aus heiterem Himmel eine unerwartete Information in die Hände, die ihn dazu veranlaßte, ein Dutzend Spione herbeizurufen und zu erklären: »Wir werden den Verschwörern eine Falle stellen!«
    Osric stand lächelnd am Flußufer. Eigentlich müßte alles klappen. Hinter ihm ragte der graue Tower in den Himmel. Das große königliche

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