London
eine ziemlich passable gefälschte Münze.
»Nur, daß man natürlich nicht immer nur eine Münze herstellt«, hatte Sextus erklärt. »Man macht es anders.« Er nahm drei Gußformen und ordnete sie in einem Dreieck an, wobei die Löcher in den Formen sich alle in der Mitte des Dreiecks befanden. »Dann legt man auf diese drei Formen eine weitere Formenschicht, und dann noch eine auf diese.« Er zeigte Julius, wie sich die Gußformen alle aufeinanderstapeln ließen und schließlich eine hohe, dreieckige Säule bildeten. »Jetzt muß man nur noch Ton um das ganze Gebilde herum verstreichen und das geschmolzene Metall in die Mitte gießen, das dann in alle Gußformen fließt.«
Als Sextus seinem jungen Freund dieses illegale Geschäft zum erstenmal vorschlug, zögerte Julius. »Ist das nicht ziemlich riskant?« wollte er wissen. Doch Sextus hatte nur erwidert: »Viele Leute tun es. Und weißt du warum? Es gibt einfach nicht genug Münzen.«
Und das war tatsächlich so. Seit über hundert Jahren herrschte im Römischen Reich eine ständig ansteigende Inflation. Als Folge davon waren einfach nicht genug Münzen im Umlauf. Da die Leute Münzen brauchten, gab es viele Fälscher. Die private Herstellung von billigen Bronzemünzen war kein großes Vergehen; doch das Fälschen von Gold- und Silbermünzen, die einen hohen Wert hatten, war ein schweres Verbrechen. Aber auch dies schreckte die illegalen Hersteller nicht ab, und so war wahrscheinlich die Hälfte aller damals im Umlauf befindlichen Silbermünzen gefälscht.
Sextus besorgte das Metall und schmolz es; Julius fertigte die Gußformen an und goß das geschmolzene Metall in die Formen. Zwar hatte Sextus ihm gezeigt, wie es ging, aber er machte dabei ständig Fehler. Julius hingegen gelang es trotz seiner mit Schwimmhäuten versehenen Hände viel besser; durch seine Mithilfe hatte sich die Qualität der Münzen erheblich verbessert.
»Aber wie schaffen wir es, daß sie so aussehen und sich so anfühlen wie richtiges Silber?« Dies war Julius' zweite Frage gewesen, als sie mit ihrem Geschäft anfingen.
Sextus hatte nur gekichert. »Das brauchen sie gar nicht. In den echten Münzen ist auch kaum Silber.« Denn bei dem Versuch, zumindest einen Teil der benötigten Münzen zu liefern, war den staatlichen Prägeanstalten das kostbare Metall so knapp geworden, daß sie ihre eigene Währung abwerten mußten. Der kostbare Silberdenarius enthielt in diesen Tagen nur noch etwa vier Prozent echtes Silber. »Ich verwende eine Mischung aus Kupfer, Blei und Zink«, erklärte Sextus. »Das sieht gut genug aus.« Das genaue Mischungsverhältnis wollte er seinem Freund nicht verraten.
Auf dem Tisch vor ihnen lag nun ein Haufen Münzen. Jeder Silberdenarius bedeutete ein kleines Vermögen für Julius. Bislang hatten sie fast nur Bronzemünzen und nur wenige Silbermünzen hergestellt, da jede plötzliche Zurschaustellung von Reichtum Argwohn auslösen konnte. Doch morgen bei den Spielen würden sehr hohe Wetten abgeschlossen werden, und dann konnte man den Besitz von ein paar Silbermünzen leichter erklären. Deshalb gingen sie heute so wagemutig vor.
Es gab nur ein Problem: Wie sollte er seinen Eltern das Geld erklären? Sie trauten Sextus nicht über den Weg. Besonders die Mutter mochte seinen Freund überhaupt nicht. Nun ja, darüber mußte er später nachdenken. Morgen früh wollte er jedenfalls erst einmal ein goldenes Armband für die junge Frau kaufen, noch bevor die Spiele anfingen. Den nächsten Schritt mußte dann sie tun. Seinen Brief hatte sie jedenfalls erhalten.
Und noch etwas mußte überlegt werden. Rufus, Julius' Vater, war mit dieser Idee gekommen. Seit mehreren Monaten schon machte er sich Sorgen über Julius. Anfangs hatte er gehofft, der Junge würde wie er selbst Legionär werden. Im Römischen Reich war dies noch immer die beste und sicherste Beschäftigung. Wenn man aus dem Heer entlassen wurde, war man noch nicht allzu alt, man hatte eine gute Stellung und etwas gespartes Geld, mit dem man ein Geschäft eröffnen konnte. Doch als Julius keinerlei Neigungen dafür zeigte, hatte er ihn nicht weiter dazu gedrängt. »Er wird in schlechte Gesellschaft geraten, denke nur an diesen Sextus!« warnte seine Frau. Wie dem auch sei – es war an der Zeit, daß Rufus etwas für den Jungen tat. Er war Mitglied bei mehreren Verbindungen. Erst neulich hatte er von einer interessanten Gelegenheit für einen jungen Mann erfahren. »Ich kenne da zwei Leute«, sagte er zu
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