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London

London

Titel: London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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seinen Bischöfen akzeptiert worden. Aber es gibt immer noch ein paar Stacheln in seinem Fleisch, die ihn ärgern: Morus, Fisher und Wilson. Und es gibt die strengeren Klöster wie das Charterhouse und manche der Bettelorden, die den Eid im Frühjahr nur widerwillig geleistet haben. Da jede Abweichung nun Hochverrat ist, hatte Heinrich den klugen Gedanken, diese lästigen Leute so einzuschüchtern, daß sie einen Eid leisten, in dem wahrscheinlich all seine Ansprüche auf die Oberhoheit bestätigt werden.«
    »Nur die Leute, die du erwähnst, werden zum Leisten eines Eides aufgefordert werden«, erwiderte Thomas. »Wir übrigen« – er blickte zu Rowland – »werden wohl in Ruhe gelassen.«
    »Was wirst du tun, Peter?« fragte Susan.
    »Ich werde tun, was mein Prior mir sagt. Er wird sich mit den Oberhäuptern der anderen Kartäuserklöster beraten, und ich vermute, er wird auch die Brüder befragen.«
    »Wärest du Prior, Peter, wie würdest du entscheiden?« fragte Rowland.
    »Ich? Ich würde mich weigern.«
    »Das kannst du nicht ernst meinen!« rief Susan. »Das wäre Hochverrat!«
    »Nein«, erwiderte er ruhig, »eigentlich nicht. Das Parlament kann über die Thronfolge entscheiden, aber es ist nicht zuständig dafür, das Verhältnis von Mensch und Gott zu ändern. Wenn sie darauf beharren, das Verrat zu nennen, kann ich es nicht ändern. Vergiß nicht, daß ich ein Gelübde vor einer höheren Autorität abgelegt habe.« Er sah sie freundlich an. »Man kommt nicht darum herum, weißt du. Heinrich versucht, das geistliche Oberhaupt zu werden, und das kann er nicht. Und was Cromwell betrifft – sollen die geistlichen Angelegenheiten der Kirche vom Lakaien des Königs geleitet werden? Natürlich kann ich das nicht akzeptieren.«
    »Du würdest den Tod suchen?« fragte Thomas überrascht.
    Sein Bruder zuckte nur die Achseln. »Suchen? Nein. Aber was soll ich eurer Ansicht nach tun? Diesen Unsinn schwören?« Er wandte sich an Susan und Rowland. »Das ist das Problem, wenn man Macht hat, so wie Thomas hier. Sie wollen, daß bestimmte Dinge getan werden, und früher oder später vergessen sie ihre Prinzipien. Aber eine Sache ist entweder richtig oder falsch.«
    »Was sollte dann ein Mann wie ich tun?« fragte Rowland leise.
    »Ich glaube«, antwortete Peter, »daß für die Laien keine Notwendigkeit besteht, sich einzumischen. Es sind die Mönche, die herausgefordert werden sollen, und es ist unsere Sache, darauf zu reagieren.«
    »Aber wenn es falsch ist«, begann Rowland, »sollte doch bestimmt jeder Christ…«
    »Wir werden gewarnt, nicht den Märtyrertod zu suchen«, entgegnete Peter sanft. »Das ist ein geistlicher Irrweg. Du bist Familienvater mit aller gottgegebenen Verantwortung. Ich würde es den Mönchen überlassen. Dafür sind wir da.«
    Susan seufzte erleichtert.
    »Und wenn man uns auffordert, den Eid zu leisten?« fragte Rowland. Peter sah ihn nachdenklich an. »Du hast Frau und Kinder. Ich kann dir nicht sagen, was du tun sollst.«
    Die beiden Männer standen im großen Saal von Hampton Court, und Carpenter zeigte Dan Dogget stolz sein Werk. Es war ein außergewöhnliches Gebäude. Den Palast in Hampton hatte ursprünglich Wolsey erbauen lassen, und er war damals schon groß gewesen, doch Heinrich erweiterte ihn jedes Jahr, und der prächtigste Anbau war die neue Halle. Sie umfaßte eine gesamte Hofseite und war drei Stockwerke hoch. An einem Ende ließ ein großes Fenster durch sein buntes Glas angenehmes Licht herein. Das äußere Mauerwerk war bemalt, und sogar der Mörtel zwischen den Ziegeln war hellgrau hervorgehoben. Der Fußboden war aus roten Fliesen, an den Wänden hingen große Wandteppiche mit heraldischen Motiven. Am imposantesten war die mächtige Stichbalkendecke.
    Die englischen Stichbalken waren nicht nur einfach eine Decke, sondern ein Charakteristikum. Diese gelungene Konstruktion aus dem Mittelalter hatte so großen Anklang gefunden, daß man sie jahrhundertelang beibehielt, auch wenn sie für die Stabilität nicht unbedingt notwendig war. Kunstvoll geschnitzt und bemalt, dabei massiv und solide, verkörperte diese Art von Decke alles, was den Engländern gefiel. Die Westminster Hall hatte eine große Stichbalkendecke; jede Zunft oder Gilde in London, die es sich leisten konnte, ließ sich eine solche zimmern, in den Colleges von Oxford und Cambridge prangten prachtvolle Exemplare. Bei einer hölzernen Stichbalkendecke erstreckten sich die Hauptbalken des Daches nicht über die

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