Lonely Planet Reiseführer Berlin
Corbusier, die ein Modell für andere Wohnviertel schaffen sollten. Heute sieht das Viertel zwar etwas altbacken aus, aber in den 1950er-Jahren galt es als Gipfel architektonischer Vision. Noch heute ist es ein begehrtes und teures Stadtviertel.
In den 1960er-Jahren entstand ein großes Bauensemble: das Kulturforum, ein Komplex aus Museen und Konzerthäusern, das von Hans Scharoun entworfen wurde. Seine Berliner Philharmonie, das erste Gebäude, das 1963 vollendet wurde, gilt als Meisterwerk der plastischen Moderne. Herausragend unter den Museen ist Mies van der Rohes tempelartige Neue Nationalgalerie. Der wuchtige Glas- und Stahlwürfel auf einem Granitpodest besitzt ein Stahlrippendach, das schwerelos zu schweben scheint.
Auch im Westen gab es Wohnungsnot, die in seltener Einigkeit mit dem Osten durch den Bau von Großwohnsiedlungen angegangen wurden. Die von Walter Gropius entworfene „Großsiedlung Berlin-Buckow“ im südlichen Neukölln (nach seinem Tod in Gropiusstadt umbenannt) und das Märkische Viertel in Reinickendorf im Nordwesten Berlins sind zwei solcher Megavorstädte, die Zehntausende schnell mit einer billigen Unterkunft versorgten.
In den 1920er-Jahren war Adolf Hitlers Stiefbruder Alois ein Kellner im Weinhaus Huth, dem einzigen Gebäude auf dem Potsdamer Platz, das den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden hatte. In der Zeit des Kalten Kriegs stand es jahrzehntelang einsam inmitten des Todesstreifens.
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INTERBAU 1987
Während am Stadtrand riesige Wohnsiedlungen aus dem Boden schossen, wurde die Innenstadt auf beiden Seiten der Mauer vernachlässigt. In Westberlin setzte die Internationale Bauausstellung (IBA) von 1987 neue Impulse in der Stadtsanierung durch die Verbindung zweier städtebaulicher Prinzipien: Die Behutsame Stadterneuerung sollte sich auf die Sanierung bestehender Gebäude konzentrieren und die Kritische Rekonstruktion sollte darauf achten, dass Neubauten ins städtische Umfeld passten.
Der Planungsleiter Josef Paul Kleihues lud die internationalen Architekturgrößen zum Wettbewerb der Interbau ein, darunter Rob Krier, Peter Eisenman, James Stirling, Aldo Rossi, Arata Isozaki und O. M. Ungers. Das Time Magazine nannte es das „ehrgeizigste Vorzeigeprojekt der Weltarchitektur dieser Generation“. Im Fokus standen der Osten Kreuzbergs und die Gegend südlich des Tiergartens. Die besten Ergebnisse der IBA 1987 sind am Fraenkelufer in Kreuzberg und in den Straßen um das Jüdische Museum zu sehen, wie in der Lindenstraße, Ritterstraße und der Alten Jakobstraße.
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DAS NEUE BERLIN
Die Wiedervereinigung bescherte Berlin die Herausforderung und die Chance, sich architektonisch neu zu definieren. Die zwei Stadthälften mussten über breite Mauerschneisen hinweg wieder baulich zusammengefügt werden. Die Kritische Rekonstruktion blieb auch weiterhin die Leitlinie unter dem Senatsbaudirektor Hans Stimmann. Architekten mussten einen ganzen Katalog an Rahmenbedingungen bezüglich Traufhöhe, Fassadenmaterial und anderer Vorgaben erfüllen, um Berlin in historischen Dimensionen wiederaufzubauen, anstatt eine moderne, vertikale Stadt zu schaffen.
Bauten nach 1990
Jüdisches Museum (Daniel Libeskind)
Reichstagskuppel (Norman Foster)
Sony Center (Helmut Jahn)
Neues Museum (David Chipperfield)
Hauptbahnhof (Gerkan, Marg und Partner)
Potsdamer Platz
Der Potsdamer Platz, das größte und grandioseste Bauprojekt der Nachwendezeit, ist eine moderne Neuinterpretation jenes historischen Platzes, der bis zum Zweiten Weltkrieg Berlins pulsierendes Herz war. Auf dem Todesstreifen des Kalten Kriegs entstand ein urbanes Viertel mit dichtem, unregelmäßigem Straßennetz, das dem einer „europäischen Stadt“ gleicht. Der Platz ist ein Gemeinschaftswerk einer internationalen Gruppe renommierter Architekten unter der Leitung von Renzo Piano, darunter Helmut Jahn, Richard Rogers und Rafael Moneo. Die Bauwerke sind von mittlerer Höhe, mit Ausnahme der drei Eingangshochhäuser an der Kreuzung Potsdamer Straße und Ebertstraße.
Pariser Platz
Auch der Pariser Platz wurde von Grund auf neu bebaut. Der strenge, nahezu abweisende Platz wird von Banken, Botschaften und dem Hotel Adlon gesäumt, die entsprechend der Kritischen Rekonstruktion Natursteinfassaden haben. Die einzige Ausnahme ist die Glasfassade der Akademie der Künste. Ihr Architekt Günter Behnisch musste mit Zähnen und Klauen für diese Fassade kämpfen. Sein
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