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Long Dark Night

Long Dark Night

Titel: Long Dark Night Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed McBain
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Gedanken machen, wie er einen Richter davon überzeugen konnte, daß ein verläßlicher Zeuge gesehen hatte, daß ein auf Bewährung entlassener, wegen verbotenem Glücksspiel Vorbestrafter in einem Club, der trotz der Sperrstunde illegal Alkohol ausschenkte, Geld von einem mutmaßlichen Mörder in Empfang genommen hatte. Er würde sich später darüber Gedanken machen, wie er einen Richter davon überzeugen konnte, daß der Tatbestand der Flucht erfüllt war, wenn man zwei Polizisten, die lediglich ein paar Fragen stellen wollten, die Tür vor der Nase zuknallte und ein Fenster öffnete. Es gab keine deutlicheren Anzeichen für Schuld, erzählt das mal O.J.
    Nun splitterte erst mal Holz, und das Schloß sprang auf, und die Kette brach, und sie waren in einem Studioapartment und sahen ein Mädchen mit weit aufgerissenen Augen, das sich die Bettdecke bis zum Hals hochgezogen hatte. Das Fenster an der gegenüberliegenden Wand stand offen, und die Gardinen wehten im kalten, schneidenden Wind. Sie stürmten quer durch das Zimmer. Carella steckte den Kopf in die Nacht hinaus.
    »Halt! Polizei!« rief er die Feuerleiter hinunter.
    Niemand blieb stehen.
    Unter ihm auf den Eisensprossen der Leiter entfernten sich Schritte.
    »Ich habe nichts getan«, sagte das Mädchen. Aber da waren sie schon wieder zur Tür hinaus.
     
    12
     
    Im Kino steigt ein Cop aus dem Fenster auf die Feuerleiter und jagt dem flüchtigen Verbrecher hinterher, kommt dabei an Fenstern vorbei, aus denen Frauen in Nachthemden ihn entsetzt anstarren, während sein Partner die Treppe hinunterläuft und in den Hof stürmt, so daß sie den Verbrecher in die Zange nehmen können. Na schön, Louie, weg mit der Knarre!
    Im wahren Leben wissen Cops, daß es schneller und - vor allem, wenn der Verbrecher bewaffnet ist - sicherer ist, die Treppe hinunterzulaufen, während er sich draußen auf schmalen, oftmals rutschigen Eisensprossen nach unten bewegt - vor allem, wenn es draußen minus fünfzehn Grad kalt ist. Carella und Hawes waren nur einen Schritt hinter Bernie dem Bankier Himmel. Sie kamen in genau dem Augenblick um die hintere Ecke des Gebäudes, in dem er über einen schneebedeckten Holzzaun kletterte, der die Hinterhöfe voneinander trennte.
    Es war eine wunderschöne Nacht für einen kleinen Wettlauf durch die Stadt. Die Wolken hatten sich verzogen, der Himmel über ihnen war ein schwarzer, sternengesprenkelter Baldachin, aus dem der fast volle Mond das Gelände in ein unheimliches Licht tauchte. Überall herrschte Stille, die nur von dem Geräusch ihrer knirschenden Schritte im verkrusteten Schnee und dem keuchenden Atem durchbrochen wurde, der zwischen ihren aufgesprungenen Lippen hervorschoß. Sie folgten Himmel über den Zaun. In den rechten Händen hielten sie die kalten Walnußgriffe ihrer Dienstwaffen, die linken steckten in Handschuhen, ihre Mantelschöße klafften weit auf, ihre Schals wehten hinter ihnen her, als wären sie Kampfpiloten aus dem Ersten Weltkrieg. Himmel war klein, und er war schnell, und sowohl Carella wie auch Hawes waren groß und nicht gut in Form, und es fiel ihnen schwer, mit ihm mitzuhalten.
    Im Kino stemmen die Detectives ständig Gewichte in der Sporthalle unten im alten Hauptquartier oder schießen auf dem guten alten Schießstand auf Zielscheiben. Solche Actionszenen haben mit dem wahren Alltag eines Detectives nur wenig zu tun. Detectives jagen nur selten Dieben hinterher. Sie schießen nur selten, wenn überhaupt, auf flüchtende Verdächtige. Im wahren Leben treffen Detectives für gewöhnlich nach einem Verbrechen am Tatort ein. Der Einbruch, der bewaffnete Uberfall, die Brandstiftung oder der Mord sind bereits verübt worden. Ihre Aufgabe besteht darin, ein bereits vergangenes Geschehen zu rekonstruieren und die Person oder Personen zu verhaften, die die Tat begangen haben. Sicher, manchmal kommt es vor, daß ein Verdächtiger einen Fluchtversuch unternimmt, aber selbst für diesen Fall gibt es strikte Richtlinien, die den Einsatz von Gewalt regeln. Sogar das Los Angeles Police Department hat diese Richtlinien, erzählt das mal Rodney King.
    Hier, in dieser Stadt, in dieser und jeder anderen Nacht, war eine Schießerei das allerletzte, was Carella oder Hawes wollten. Fast genausowenig waren sie scharf darauf, körperliche Gewalt anwenden zu müssen. Aber davon mal ganz abgesehen - so, wie diese kleine Verfolgungsjagd sich entwickelte, würde Bernie der Bankier jeden Augenblick außer Schußweite sein. Sie waren

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