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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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stehst.«
    Kein Herumgetue, das war klar. In dem Moment wollte ich nichts dringender, als mich mit ihr in ein Taxi setzen und zum nächsten Flughafen flüchten.
    »Hör mal, wir sitzen hier schon lang genug. Ich muss los«, sagte sie. »Denk dran, die Postkarte mitzunehmen. Ich hab sie dagelassen, falls du nicht kommst.«
    Wir verließen die Kirche. Als wir hinaustraten, wirkte das Tageslicht übernatürlich hell. Mühsam gewöhnten sich meine Augen daran, während wir auf den Platz hinausspazierten. Ich sah das verschwommene Bild eines Mannes, der auf Anna und mich zukam, und als ich blinzelte, wurde es schärfer, und mein Mund trocknete aus.
    »Eddie.« Es war Saul Wynter. Er trug einen Aktenkoffer.
    »Hey«, sagte ich verlegen, immer noch mit dem Helligkeitswechsel kämpfend, während ich mit meiner Sonnenbrille herumhantierte.
    Anna entfernte sich.
»Merci«
, sagte sie. »
Sank
you.« Ihr französischer Akzent klang einwandfrei.
    Saul sah ihr nach, wie sie über den Platz wegstolzierte. »Meine Fresse«, sagte er. »Fünf Minuten lässt man dich allein und schon reißt du ausländische Bräute in der Kirche auf. Katholikinnen sind immer die schlimmsten.« Er zwinkerte mir zu.
    »Sie wusste nicht, wohin«, sagte ich. »Französin.« Mir zitterten die Knie.
    »Na klar«, sagte Saul. »Und du hast ihr gezeigt, wo’s langgeht?« Wir lachten beide.
    »Das bleibt natürlich unter uns«, sagte Saul, während ihre langen, braunen Beine über den Platz hinwegschritten und verschwanden. »Aber du musst den ganzen Weg zurück nett zu mir sein, sonst petz ich bei Sophie.«
    Oder bei Tommy, dachte ich. Saul sah mich länger an, als mir lieb war. Und ich wand mich innerlich ohnehin schon genug. Mir war so unbehaglich, wie es einem überhaupt nur sein kann, ohne dass man Angelhaken in den Augen stecken hat. Er boxte mich in den Arm, als wolle er mir unter Männern zu verstehen geben, mein kleines Geheimnis sei bei ihm gut aufgehoben. Ich war mir nicht sicher, ob ich damit durchgekommen war. Wirklich überhaupt nicht sicher.
    »Wir fahren«, berichtete er mir. »Ich bin gekommen, um dich abzuholen.«
    Wir machten uns auf den Weg, an den Lädchen vorbei.
    »Ich kauf nur schnell ein paar Geschenke für Sophie«, sagte ich.
    »Was hast du denn die ganze Zeit getrieben?«, fragte Saul. Ich zuckte die Schultern.
    »Ich muss kurz zur Bank«, sagte Saul und klopfte auf seine Aktentasche. Vor der Credit Kuna, oder wie sie auch immer hieß, hielt er an und sah wieder die Straße hinunter. »Süße Schnecke«, sagte er. »Sicher, dass du sie nicht kanntest?«
    »Nein!«, protestierte ich. Es sah ganz schlecht aus, das war mir klar.
    »Hör mal zu, Eddie.« Saul blickte weiter die Straße hinab. »Sollte dir irgendwas   … Ungewöhnliches auffallen, sagst du mir das doch, oder?«
    »Klar«, sagte ich. »Was zum Beispiel?«
    »Keine Ahnung. Sachen, die du Tommy lieber nicht erzählen würdest. Dinge, die dir irgendwie spanisch vorkommen. Leute, die irgendwie herumstochern, Zeug, das Jason vielleicht vorhaben könnte   … Wir können uns gegenseitig helfen.«
    Langsam begriff ich, worauf er hinauswollte. Jedenfalls glaubte ich das.
    »Kein Wort darüber«, sagte er. Er drückte mir den Arm. »Wir treffen uns unten an der Eckbar auf ein schnelles Bierchen, bevor wir zurückfahren.«
     
    Saul ging zur Bank und ich in die Läden, völlig verwirrt. Was das eben gesollt hatte, war mir nicht ganz klar. Ich kaufte ein Oberteil mit Matrosenstreifen für Sophie und ein paar Seifen und Krimskrams für ihre Mutter. Etwas für meine eigene zu kaufen, kam mir noch nicht mal in den Sinn. Aber die Ironie, dass direkt da draußen auf dem Wasser Gott weiß was für Sachen vertickt und schmutzige Euro auf der Bank gewaschen wurden, während ich hier rumstand und Seife kaufte, war mir nicht entgangen. Ich spazierte am Zeitschriftenhändler vorbei und suchte auf dem Postkartenständer nach Annas Karte.
    Sie war nicht da.
    Ich ging jede einzelne Postkartenreihe auf dem Ständer durch. Fehlanzeige. Mir wurde ganz flau. Hoffentlich war Anna so schlau gewesen, kehrtzumachen und sie einzusammeln, als sie gesehen hatte, mit wem ich unterwegs war.
    Ich ging runter zum Café, wo Saul eben den Rest seinesBieres leerte. Meins wartete schon auf dem Tisch. Ich setzte mich hin und nahm einen großen Schluck.
    »Alles bekommen?«, erkundigte sich Saul.
    »Denk schon«, sagte ich. »Kleinkram.« Ich hob die Einkaufstasche, um es ihm vorzuführen.
    »Der Gedanke

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