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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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aller Welt gehörten. Mir fiel ein, was Anna über meinen moralischen Kompass gesagt hatte, aber um ehrlich zu sein, fühlte ich mich nicht allzu schuldig. Keiner war zu Schaden gekommen, es war schön gewesen in der Sonne und auf diesen Wahnsinnsbooten und wir hatten sogar öfter mal gelacht. Was sprach dagegen?
    Trotzdem war Annas Botschaft bei mir eingesickert. Deshalbging ich am Nachmittag ins sichere Haus und rief Baylis an.
    »Hallo, Nimrod. Hier Elgar.« Elgar war mein Codename   – Edward Elgar: Eddie. Über solches Zeugs machten die sich wirklich Gedanken. Ich persönlich fand es ein bisschen arg plump, wie einem Pfadfinderhirn entsprungen. Wenn das alles war, was sie zu bieten hatten, war es kein Wunder, dass die Verbrecher ständig Lunte rochen.
    Das rieb ich Baylis natürlich nicht unter die Nase.
    »Hallo, Elgar«, sagte Baylis in seiner näselnden Stimme. Er klang immer so, als würde er einen verarschen. »Besser spät als nie.«
    Ich erzählte ihm, dass ich in Skradin mit Ysobel   – Anna   – in Kontakt getreten war. Das war ihm nicht neu. »Wo ist sie jetzt?«, fragte er.
    Ich wusste es nicht. Erklärte, ich hätte sie zuletzt in Skradin gesehen.
    »Und der tote Briefkasten?« Ich berichtete, da sei nichts gewesen. Einen Moment lang war er still. »Und ansonsten?«
    Ich erzählte ihm von den Bildern. Im Schwitters steckte der Mikrochip, den Augustus John hielt ich für koscher. Aber der Francis Bacon   …? Obwohl die Provenienz auf meinem Mist gewachsen war, hatte Tommy mir nie ausdrücklich gesagt, ob der echt war oder etwas von Barney Lipman Zusammengeschustertes.
    »Hast du’s markiert?«, fragt Baylis. Hatte ich nicht. Mir hatte einfach die Gelegenheit gefehlt. »Wir halten es für gut.«
    »Gut?«
    »Wir glauben, dass es echt sein könnte.«
    »Also wisst ihr Bescheid?«, fragte ich. Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass sie schon etwas darüber wussten.
    »Wie viel hat er dafür gekriegt?«, wollte Baylis wissen.
    Ich sagte es ihm, und auch, dass ein Teil des Geldes wahrscheinlich vor Ort in Skradin zur Bank getragen worden war. In einem Städtchen dieser Größe konnte es nicht mehr als eine Handvoll Banken geben. Ich erzählte, dass ich glaubte, es sei auch mit etwas Kokain gehandelt worden, in Champagnerflaschen versteckt.
    »Das hättest du gleich erwähnen können«, sagte er. »Hast du vorher schon davon gewusst?«
    »Nein«, sagte ich wahrheitsgemäß.
    »Wenn, hätten wir ihn damit drangekriegt«, sagte Baylis. »Wir hätten da sein können.«
    »Ich hatte keine Ahnung davon«, versicherte ich. »Über solches Zeug reden sie nicht vor mir. Und wir waren mitten auf dem Meer, irgendwo in Osteuropa.« Mir wurde klar, dass ich Kroatien nicht mal auf der Landkarte finden würde. Idiotisch.
    »Jetzt hör mal zu«, sagte Baylis in seinem ernsthaftesten Ton. »Seit zehn Jahren stapeln sich bei uns die Indizien gegen Kelly. Geschäfte, Transaktionen, Morde und alles mit seinem Namen drauf. Leider kann man ihm nichts davon unmittelbar anhängen.«
    »Verstehe«, sagte ich und versuchte, genauso ernsthaft zu klingen.
    »Jetzt haben wir anständige Überwachung und Aufnahmen, was teilweise dir zu verdanken ist   … wenn du dich nicht grade aufführst wie komplett geistig behindert.«
    Aus dem Mund von Baylis war das fast ein Kompliment.
    »Alles, was wir jetzt noch brauchen, ist ein Patzer. Irgendeine Direktbeteiligung.
Irgendwas
mit seinen Fingerabdrücken drauf. Meinetwegen Ladendiebstahl bei Sainsbury’s, völlig wurscht, solange wir ihn mit dem Sechserpack Batterien in der Hand erwischen. Bring ihn dazu, eine alte Oma zu überfallen. Irgendwas, und der Rest kommt von selbst.«
    »Ich versteh, worauf du rauswillst«, sagte ich. »Aber Kelly kommt nie selbst mit den Geschäften in Berührung. Er macht sich rar. Eher kannst du einen Furz an die Wand nageln. Der entzieht sich einfach.«
    »Ähnlich wie du.« Und damit hatte er nicht ganz unrecht. »Meld dich«, sagte Baylis. »Mehr.« Er legte auf, ohne sich bei mir zu bedanken.
    Ich hatte mich von Jason Kelly zusammenschlagen lassen, nur für ihn. Ich hatte mich aufs offene Meer hinausgewagt, mit Leuten, die mich jederzeit den Haien zum Fraß hätten vorwerfen können. Und von dem Mann kam kein ermunterndes Wort.
    Ich fand, er war einfach nur ein Wichser.
     
    Ich spazierte zurück zur Wohnung. Sophie wollte am frühen Abend vorbeikommen, um mich willkommen zu heißen.
    Um acht war sie da. Ich hatte uns etwas vom Inder kommen

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