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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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purzelten. Vielleicht gingen sie mir leichter von den Lippen, weil ich mich hinter einer Maske versteckte. Es fühlte sich nicht so an, als kämen sie von mir. Noch wenige Monate zuvor hätte ich mich das nie getraut. Meine Frage traf ins Schwarze. Sophie gefror in der Bewegung und schaute mich an.
    »Du willst dich mit mir verabreden?«
    »Na ja, ich kenn hier niemanden«, fing ich an zu erklären. »Und du siehst wirklich nett aus.«
    Sie lächelte. Ich witterte Morgenluft.
    »Sogar mehr als nett«, sagte ich.
    Sophie brach in Gelächter aus und hielt sich eine Hand vor den Mund. »Das meinst du ernst«, sagte sie. »Du bittest mich echt um ein Date.«
    »Ist das so schlimm?« Ich streckte meine Arme aus, damit sie mich anschauen konnte.
    Wieder lachte sie und ging dann aufs Tor zu. »Ich weiß noch nicht mal, wie du heißt«, sagte sie.
    »Eddie.« Ich holte sie ein und streckte ihr meine Hand entgegen. Sie ergriff sie nicht, sondern sah sie nur an, als wäre sie etwas komplett Fremdes, Neuartiges. Sie lächelte wieder und ging durchs Tor.
    »Ich bin Sophie«, antwortete sie. »Und ich denk mal über dein freundliches Angebot nach   … Eddie.«
     
    Benjy French fiel gleich über mich her.
    »Oh. Mein. Gott!«, sagte er. »Du hast dich mit Sophie Kelly unterhalten.« Er hielt seinen Schädel mit beiden Händen, als könne sein riesiges Hirn diese Information gar nicht verarbeiten.
    »Unterhalten ist etwas übertrieben«, sagte ich. »Ich hab nur den Mund aufgemacht und dann ist Text rausgekommen.«
    »Du bist alleine neben ihr hergegangen und hast geredet«, fuhr er fort. »Du bist ein tapferer, tapferer Mann.«
    »Ich hab sie gefragt, ob sie mal mit mir weggeht.«
    Benjy ging rüber zur Wand und tat, als rammte er seinen Kopf dagegen. »Pardon«, sagte er. »Nicht tapfer, sondern einfach nur komplett und vollständig geistesgestört.«
    »Sie hat noch nicht Ja gesagt«, erklärte ich ihm.
    »Na, dann hoffen wir mal, dass sie’s nie tut. Sonst kriegt ihre Mum zu Weihnachten Ohrringe aus Eddie-Eiern. Bleib bloß weg.«
    »Danke für den Rat«, sagte ich.

Sechzehn
    Sophie musste ihrer Bande irgendwas erzählt haben.
    Beim Mittagessen in der Kantine warf mir ihr ganzer Mädchentisch immer wieder tuschelnd Blicke zu. Wenn ich zurückschaute, versuchten sie, gelangweilt und desinteressiert zu wirken. Sophie war nirgendwo zu sehen. Benjy klebte an mir wie eine Napfschnecke. Auf gewisse Art fühlte ich mich durch seine Anwesenheit sicherer. Dass ich mit dem Erznerd des Jahrgangs abhing, machte mich für alle anderen uninteressant. Das kam mir entgegen, obwohl ich mit ein paar anderen Typen, die mittags an unserem Tisch saßen, immerhin Kopfnicken austauschte. Schließlich löste sich eines von Sophies Mädchen aus der Gruppe und näherte sich unserer. Die anderen Typen machten große Augen ob dieses ungewöhnlichen Verhaltens. Benjy French schiffte sich beinahe in die Hose und trat die Flucht an. Es war das schwarze Mädchen, Anita, das herübergeschwebt kam, sich mir gegenüber hinsetzte und ihre langen Beine um den Stuhl wickelte.
    »Hi«, sagte sie, ohne eine Miene zu verziehen. »Du Eddie?«
    »Ja«, sagte ich. »Ich Eddie. Du Anita?«
    Sie nickte. Immer noch kein Lächeln.
    »Du traust dich echt was.«
    »Tu ich das?«
    »Musst du wohl. Weißt du, worauf du dich einlässt?«
    »Keine Ahnung, was du meinst.« Hatte ich tatsächlich nicht.
    »Sophie will wissen, was du über sie weißt«, sagte Anita.
    Es war, als ob die Kelly-Gang einen Vermittler entsandt hätte, um mit mir über Friedensbedingungen zu verhandeln.
    »Äh, sie ist ein Mädchen«, legte ich los. »Sieht nicht ganz schlecht aus   …« Hier gelang es sogar Anita, ein Grinsen zu bewerkstelligen. »Das wär’s so weit«, gab ich zu. »Ich bin neu hier. Ich weiß nichts.« Ich hielt meine Hände empor, als streckte ich die Waffen. Sie schaute mir ins Gesicht, wieder völlig ernst.
    »Ich werde mit Sophie sprechen«, sagte sie. »Und meld mich dann bei dir.«
    »Danke auch«, sagte ich. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie Benjy French den Kopf schüttelte und mit den Lippen ein
Nein!
formte.
     
    Donnies Tag entwickelte sich gerade nicht so gut.
    Seit er sie abgesetzt hatte, schien alles in die Hose zu gehen. Zuerst die Streiterei mit dem Busfahrer: nicht wirklich schlimm, aber doch ein Hinweis darauf, in welche Richtung die Dinge liefen. Den ganzen Weg nach Croydon hatte er im Stau gestanden, und gerade als er von der Hauptstraße abbog und

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