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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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nippe an meinem Guinness, obwohl mir gar nicht danach ist. Irgendwie geht mir alles zu schnell. Endlich macht Paul den Mund auf und sagt, Dessie hätte gesehen, wie ich in den Ferien im College rumgehangen wär.
    ›Und rumgeschnüffelt hast‹, sagt er.
    Ich wiederhole meine Geschichte: dass ich früher zurückgekommen wäre, um für die Prüfungen zu lernen. Paul nickt und sagt dann nichts mehr, und das macht mich noch nervöser. Ich muss dringend pissen und geh raus zu den Toiletten.
    Ich höre, wie hinter mir die Toilettentür aufschwingt. Dann spüre ich einen heftigen Faustschlag am Hinterkopf.
    Ich kippe vornüber und schlage mir die Nase an dem niedrigen Fenstersims auf. Ein bisschen was aus meiner Ausbildung meldet sich zurück und ich strecke noch im Fallen ein Bein aus. Das erwischt Paul am Schienbein und bringt ihn auch zu Fall. Wir kämpfen auf dem glatten Fliesenboden, aber er ist stärker als ich. Ich liege auf dem Rücken und er hat mich am Kragen und rammt meinen Schädel gegen den Boden.
    ›Das glaubt dir keine Sau‹, spuckt er mir ins Gesicht und ich kann das Bier, die Kippen und die Aggression in seinem Atem riechen und schmecken.
    Ich versuche, mein Hirn freizukriegen, mit all dem Alkohol und dem Hämmern in meinem Schädel. ›Ich mach dir nichts vor, verdammt noch mal. Ich mach dir nichts vor.‹
    Paul boxt mich auf den Mund und wieder knallt mein Kopf gegen die Fliesen. Ich schmecke Blut. Nie hätte ich erwartet, dass es so schnell gehen würde. Ich hätte Monate brauchen sollen, um so weit in ihre Organisation vorzudringen. Jetzt heißt es schnell schalten. Ich will nicht allzu heftig zurückschlagen und ihm damit meine ganze Ausbildung verraten, aber ich habe auch keine Zeit zu verlieren. Ich muss meinen Joker ausspielen, und zwar jetzt, sonst   …«
     
    Die Sounddatei war zu Ende. Mit Herzklopfen klickte ich auf die nächste. Allein vom Anhören wurde mir schlecht. Ich saß am Bettrand und hörte zu, wie Steve es sich von der Seele redete. Wie er Paul seine Mitgliedskarte vom Londoner Harp Club gezeigt hatte und ihn endlich überzeugt hatte, dass er auf ihrer Seite war. Wieder sprang ich nach vorne.
     
    »Am nächsten Morgen kommt Dessie an und entschuldigt sich: dass der Gang in den Pub die einzige Möglichkeit gewesen wäre, mich zu testen. Paul, das Tier, die Feuerprobe an mir machen zu lassen.
    ›Was ist mit dem Kerl?‹, frage ich. Dessie sagt, erhätte IR A-Gene , die bis zu Michael Collins zurückreichen, dass er schon seit Jahren dabei ist und sich in Spanien versteckt hat. Er ist jetzt nur unter falschem Namen hier. Die Behörden wissen Bescheid, aber er kriegt Schutz von ganz oben. Ich muss seine wahre Identität rausbekommen. Das könnte entscheidend sein für den Erfolg hier.
    Ich frage Dessie, wofür sie Paul drankriegen wollen   – was er getan hat. Dessie sagt, es wäre eher die Frage, was er nicht getan hat. Das gäbe eine ziemlich kurze Liste. Ich frage, was passiert wäre, wenn ich nicht Mitglied im Harp Club gewesen wäre.
    Dessie lacht fies. Er sagt, dann hätte er mir wohl erst mal spaßeshalber die Ohren abgeschnitten, mir dann mit der Bohrmaschine die Kniescheiben durchlöchert, mich kastriert und dann meine Kehle mit dem Brotmesser zersäbelt, bevor er die Einzelteile meiner Leiche übers ganze Land verstreut vergraben hätte. Mir wird ein bisschen schlecht davon, denn ich glaube, das war nicht wirklich scherzhaft gemeint   – für den Fall, dass ich doch noch Zweifel haben sollte, auf welcher Seite ich stehe.
    Und natürlich stehe ich auf der falschen Seite.«
     
    Auf welcher Seite auch immer, Steve hatte Nerven wie Drahtseile.
    Wieder blickte ich auf die leere Seite vor mir. Eine Träne rollte hinab und auf das Papier. Wohl, weil ich seine Stimme wieder gehört hatte. Was ich da vorhatte, war ein Kinderspiel im Vergleich zu dem, wovon Steve sprach, aber irgendwomusste man ja anfangen. Noch einmal ging ich die Ereignisse des Tages durch   … meine Ankunft am Marlowe College, wie ich den Hof abgesucht hatte, Benjy French getroffen und Sophie Kelly geortet hatte.
    Ich begann zu schreiben.

Fünfzehn
    Um acht musste Donnie sie abholen.
    Wenn er die Abkürzung über Sidcup und Chislehurst nahm und die Hauptschlagadern des Stadtverkehrs vermied, war die Strecke bis neun zu schaffen.
    Um acht stand er da, aber Ihre Königliche Hoheit ließen ihn noch zehn Minuten warten, was es noch schwieriger machen würde, pünktlich anzukommen. Natürlich verzieh er ihr

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