Long Reach

ihn für einen Chauffeur.
    »Hab ’ne Abholung um Mitternacht«, sagte er, ihre Annahme bestätigend.
    Einer der Burschen sah auf seine Uhr. »Etwas früh dran, was?«
    »Ein wenig«, antwortete Donnie. »Ich dachte, ich komm lieber überpünktlich, dann kann ich noch die Bräute und Prominenz abchecken und schauen, ob was zu holen ist.« Donnie zwinkerte ihnen zu und klopfte sich auf die Tasche. »Guter Abend so weit?«
    Den Securitys wurde Donnie schon sympathischer: Er war einer von ihnen. Hatte nichts dagegen, ein bisschen was nebenher laufen zu lassen.
    »Ja, ein echter Kracher«, sagte einer von ihnen. Klang walisisch, fand Donnie. »Knallvoll mit Promis da drinnen.« Er nickte Richtung Festzelt. »Wie bei der verdammten königlichen Weihnachtsgala.«
    Donnie wandte sich an die anderen beiden. »Und was ist mit der Unterwelt?«, fragte er. »Hab gehört, da sind auch ein paar dabei.«
    »Ein, zwei dicke Fische«, sagte der größere der beiden. »Kann dir nichts Genaueres sagen   – Sicherheitsgründe.« Er blies sich auf vor Wichtigkeit: Er wusste Bescheid, verkehrte mit den ganz Großen, ließ nichts raus.
    Donnie, anscheinend beeindruckt, stieß einen leisen Pfiff aus.
    Der Gorilla schien sein Thema gefunden zu haben, wollte zeigen, was er für ein kompromissloser, knallharter Typ war. »Ja, mit einem bin ich sogar selbst ein bisschen aneinandergeraten«, sagte er. »Mit dem Oberboss persönlich. Hab’s aber gleich in Ordnung gebracht. Ein richtiger Gentleman, wenn man ihn mal näher kennt.«
    Donnie sah wieder mächtig beeindruckt drein, als der Riese eine Fünfzigpfundnote aus der Brusttasche zog. »Hat mir sogar ein schönes Trinkgeld gegeben, um zu zeigen, dass er nichts nachträgt.« Er verstaute den Schein wieder in der Tasche und Donnie Mulvaney wusste, dass er seinen Mann gefunden hatte.
    »Hätte ziemlich guten Stoff da, wenn du die Kohle investieren willst«, erklärte ihm Donnie. »Interesse?«
    Er trat aus dem Zelt und der Kerl folgte ihm.
    Donnie war in den Anblick des Sternenhimmels versunken. »Wunderschöne Nacht«, kommentierte er.
    »Also, was hast du?«, fragte der Mann.
    »Nur die Ruhe, mein Sohn«, meinte Donnie. »Wie heißt du?«
    Der Muskelprotz stutzte. Er musterte Donnie mit seinem finsteren Dauerflunsch. Sein Gesicht war schon so lange zu dieser Harter-Kerl-Miene verzogen, dass ihm ein anderer Ausdruck fast unmöglich geworden war.
    »Wayne«, antwortete er misstrauisch.
    »Also, Wayne«, fuhr Donnie fort. »Ich mach immer alles auf freundschaftlicher Ebene, auf Vornamenbasis und so weiter. Auf solche Kleinigkeiten achte ich einfach. Manieren kosten ja nichts   – einmal kurz den Hut gezogen, hier und da ein Lächeln, nur um Respekt zu zeigen. So hab ich’s zumindest noch gelernt.«
    Wayne sah allmählich etwas verwirrt aus. »Was ist jetzt mit diesem Stoff?«, wollte er wissen.
    »Dazu komme ich gleich«, sagte Donnie. »Aber wenn man mit den Leuten nicht auf nette, freundliche Art umgeht, dann glauben sie noch, du wärst nur so ein blöder Schläger   …« Donnie schnitt eine Affenfratze und kratzte sich unter den Armen wie ein Schimpanse.
    Wayne fand das gar nicht komisch. »Wird das ’ne Verarsche?«, fragte er, die Hände schon zu Fäusten geballt.
    »Ganz ruhig, Junge. Nur ein kleines Gespräch.« Donnie tätschelte Wayne auf die Schulter und zog eine Packung Zigaretten aus seiner Tasche. »Fluppe?«, fragte er.
    Wayne nahm eine und steckte sie sich in den Mund, während Donnie nach seinem Feuerzeug kramte. Er hielt es mit seiner linken Hand auf Brusthöhe, sodass der Kerl gezwungen war, sich nach vorn zu beugen, die Zigarette im schlaffen Kiefer. Als die Spitze die Flamme berührte, fuhr Donnie seine rechte Faust aus: ein Schlag von solcher Gewalt und Schnelligkeit, dass er den Kiefer des fetten Mannes in einer einzigen flüssigen Bewegung zerschmetterte.
    Ein Überraschungsschlag.
    Wayne segelte rückwärts, zwei Zähne flogen ihm noch im Fallen aus dem Mund, und bevor er wusste, wie ihm geschehen
war, war Donnie schon über ihm, presste ihm das Knie auf die Brust und drückte ihm die Luft ab. »Wie gesagt«, wisperte Donnie direkt in sein Ohr, »ein Lächeln kostet nichts.«
    Das Rasiermesser lag schon aufgeklappt in Donnies Hand und er steckte es in Waynes Mund. Schnitt nach links und nach rechts, öffnete seine Wangen fast bis zu den Ohren. Das Blut spritzte seine Kehle hinab und über seinen Brustkorb.
    Donnie stand auf, wischte die Klinge an Waynes Jacke