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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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rebellierte. Die Angst, die an meinen Eingeweiden nagte, löste einen Brechreiz in mir aus. Und als ich die Toilette gefunden hatte, gab ich ihm nach.
    Ich musterte mein bleiches Gesicht im Spiegel und verfluchte mich und meine Dummheit mit allem, was mir nur einfiel. Man hatte mich gewarnt, nicht herzukommen, aber ich hatte auf stur geschaltet. Und jetzt hatte Tommy Kelly mein Telefon mit all meinen Anrufen und Kontakten. Zugang zu allem, was ich wusste, zu allen, die an seinem Fall beteiligt waren. Mein Fehler konnte sie alle das Leben kosten. Und mich meines.
    Und in ein paar Stunden sollte ich mit ihm nach Hause fahren, mit seiner Frau und seiner schönen Tochter.
    Ich spülte mir den Mund aus und klatschte mir kaltes Wasser ins Gesicht. Dann schlug ich mir als Zugabe noch selbst in die Fresse vor lauter Selbsthass und schlich mich aus der Toilette auf den Flur. Noch ein prüfender Blick und ich machte mich auf den Weg Richtung Küche, wo die Kellner in ihren weißen Anzügen ein- und ausgingen.
    In der Küche klapperte es geschäftig. Immer noch wurde Champagner auf Eis herausgeschickt, zusammen mit Tabletts voller Kaffee, Bier und noch mehr Essen. Ich suchte nach dem Kellner, den ich kannte. Hier war er nicht. Erneut ergriff mich die Panik   – die Angst, er könnte schon Feierabend gemacht haben. Ich drückte mich durch einen Notausgang, der auf die Rückseite des Hauses hinausging, und fand eine Gruppe Kellner, die gerade Pause machten.
    Am Rand stand mein Mann, Oliver, mit seinem Schnurrbart. Er war hellwach und hatte mitgekriegt, wie sich die Nottür geöffnet hatte. Als er mich erkannte, kippte er den Kopf zur Seite, löste sich von den anderen und spazierte Richtung Garten in die Dunkelheit.
    Ich folgte ihm und traf ihn bei einem Teich. Er warf seine Kippe hinein und ich hörte ein Zischen. »Nun?«, fragte er.
    »Ich hab mein Handy verloren«, gab ich zu und fühlte mich wie ein Kind.
    »Welches?« Seine Sorge war nicht zu überhören.
    »Die Hotline«, sagte ich.
    »Du   …« Er warf mir ein paar Schimpfwörter an den Kopf, zog dann sein eigenes Telefon aus der Hose und tippte eine Nummer ein.
    »Schaff deinen Arsch zurück, ehe sie dich vermissen«, pfiff er mich an. »Ich muss versuchen, das Hauptquartier zu erreichen, damit sie die PIN sperren, ehe sich’s irgendwer anschaut. Aber was immer du tust, kein Kontakt mehr mit mir. Kapiert?«
    »Danke«, sagte ich, jämmerlich erleichtert, dass er die Sache in die Hand nahm. »Aber wie weiß ich, ob du die Sperrung rechtzeitig hingekriegt hast?«
    »Wenn du morgen noch am Leben bist, hab ich’s hingekriegt. Jetzt verpiss dich.«
    Ich wollte mich gerade entschuldigen, aber er schien jemanden erreicht zu haben, und so drehte ich mich um und rannte durch das nasse Gras auf die Lichter des Hauses zu, obwohl mir jede Faser in meinem Körper sagte, ich solle in die andere Richtung rennen. Und niemals wieder anhalten.
     
    Der Kies knirschte unter den Reifen des Mercedes, als er die Auffahrt hinaufschnurrte. Das ganze Haus war erleuchtet und aus dem riesigen Zelt auf dem Rasen davor wummerte die Musik. Der Nachthimmel war hell von Discolicht und Laserstrahlen.
    Donnie sah, dass sein Beifahrer aufgewacht war und aus einer der kalten Wasserflaschen trank, die er immer im Minikühlschrank hinten im Auto aufbewahrte. Jason schniefte geräuschvoll und Donnie nahm das als Aufforderung zum Sprechen.
    »Ich lass dich beim Zelt raus, Jase. Ich park dann oben beim Haus. Hab noch eine Verabredung. Jemand, den ich finden muss.«
    »Okay«, sagte Jason. Der Wagen hielt ein paar Meter vor dem Festzelt und er stieg aus, schon wieder in Feierlaune. »Wir sehen uns dann.«
    Donnie fuhr weiter und parkte vor dem Haupthaus. Ein Ordner trat heraus, um ihn aufs Parkverbot hinzuweisen, doch er besann sich rasch eines Besseren. Donnie schüttelte ihm die Hand, stellte ein paar Fragen und spazierte dann runter Richtung Zelt.
    Donnie stieg über die Spannseile und kämpfte sich durch bis zur Rückseite, auf der Suche nach einer bestimmten Person. Lange würde er nicht brauchen. Brauchte er nie. Er hatte einen sechsten Sinn dafür.
    Hinter dem Festzelt stand noch ein kleineres Zelt, eine Art Pavillon, wo die Jungs vom Sicherheitsdienst herumhingen und sich im Hintergrund hielten. Donnie schob die Plane beiseite und trat ein. Drei schwere Kerle standen herum, leerten Bierdosen und schwangen große Reden. Sie musterten Donnie, als er hereinkam. In seinem hellgrauen Anzug hielten sie

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