Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
Vom Netzwerk:
kreidebleich und zitterte wie Espenlaub. Zum Glück konnte sie mich nicht sehen. »Okay«, sagte ich schwächlich.
    »Dave holt dich um neun ab.«

Achtunddreißig
    »Weiß ich«, sagte Tony durchs Telefon. »Im Moment weiß ich Bescheid, wenn du auch nur einen fahren lässt.«
    »Also, was soll ich machen?«, fragte ich. Ich hatte Riesenschiss, um ehrlich zu sein.
    »Im Grunde genommen haben wir dieselbe Wahl wie vorher. Ich hab schon mit Napier und Ian gesprochen. Ian hat die Sache jetzt an mich abgetreten, wo du doch mein Schützling bist und so weiter. Hab ich ein Glück.«
    »Bin ich froh«, sagte ich und meinte es auch.
    »Entweder wir zaubern dich jetzt weg, und Sophie und ihr Alter fragen sich, warum zum Teufel du verschwunden bist. Wenn er die SIM geknackt hat, dann weiß er inzwischen, warum, und dann wird er hinter dir her sein, ganz egal, wo du dich versteckst.«
    »Oder?«, fragte ich. Möglichkeit eins klang nicht sehr verlockend.
    »Oder du beißt in den sauren Apfel und gehst hin.«
    Ich blieb stumm. Möglichkeit zwei klang um keinen Deut besser.
    »Wir können dich genau im Auge behalten, dir jemandenhinterherschicken. Einen Scharfschützen auf dem Gelände postieren. Aber im Haus bist du mehr oder weniger auf dich allein gestellt.«
    »Ich bin mir fast sicher, dass sich im Haus nichts abspielen wird«, sagte ich. »Dazu hat er sein Privatleben zu gern. Ist wirklich gemütlich dort. Seine Frau ist wunderschön, das Essen super, Sophie   …«
    »Ja, schon klar«, fiel mir Tony ins Wort. »Vergiss nicht, dass dein knuffiger Onkel Tommy wegen zwei Pence Leute aufschlitzt.«
    »Richtig«, sagte ich. Meine Situation holte mich wieder ein. »Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie mich woanders hinbringen würden, wenn sie mich   …« Ich wollte gar nicht daran denken, was er alles tun konnte, wenn er mir auf die Schliche kam. Aber es drehte mir den Magen um.
    »Also   …«, sagte Tony.
    »Also?«, fragte ich.
    »Was wirst du tun?«
    Ich wog noch mal alles ab. Aber ich wusste schon, wie meine Entscheidung aussah. »Ich beiß rein.«
     
    Ich verbrachte die Nacht in der Wohnung bei der Hauptstraße, damit Tommys Fahrer wusste, wohin er kommen musste, aber gut fühlte ich mich dort nicht. Sie war schäbig und heruntergekommen, nicht neu und sicher wie die andere Wohnung ganz in der Nähe.
    Ich schlief fast gar nicht und war bereits um sechs wieder wach, sobald das Licht durch die Vorhänge drang. Ich duschte, kippte eine Cola Light und versuchte, etwas Radiozu hören. Ich summte den Konservenpop mit, um mich abzulenken.
»I’ve had the time of my life, and I’ve never felt this way before   …«
    Der abgedroschene Text schlug mir nur noch mehr auf den Magen und ich machte das Radio aus. An Essen war nicht zu denken. Ich fühlte mich wie ein Todeskandidat, der auf die Ankunft des Henkers wartet. Ich tigerte durch die Wohnung. Fast wünschte ich mir, ich würde rauchen. Da hätte ich was gehabt, um meine Nerven zu beruhigen und die Zeit totzuschlagen. Stattdessen kaute ich eben Nägel.
    Um fünf vor neun sah ich unten auf der Straße einen großen Wagen vorfahren. Er wirkte, als käme er zu einer Beerdigung. Ich konnte nur hoffen, dass es nicht meine war. Auf der anderen Straßenseite hielt ein Motorrad und der Fahrer ging in den Zeitschriftenladen, ohne den Helm abzuziehen.
    Ich erkannte den Mann wieder, der jetzt aus dem 7er-BMW stieg. Dave Slaughter, Tommys Fahrer. Er hatte uns zur Hochzeit gebracht. Von all den Typen, mit denen Tommy sich umgab, war Dave wahrscheinlich noch der netteste, relativ gesehen. Obwohl er deutlich über eins neunzig sein musste, hatte er ein sympathisches Gesicht   – unversehrt, glatt und leicht gebräunt, als würde er seine Freizeit auf dem Golfplatz verbringen. Er war anscheinend der Einzige unter ihnen, dessen Nase nicht platt und schief im Gesicht hing. Seine Haare waren kurz und immer ordentlich gekämmt und sein grauer Anzug tadellos. Fast freundlich sah er aus.
    Erscheinungen konnten trügen.
    Dave ging durch zum Hintereingang und schon hörte ich die Klingel. Mein Herz wummerte wie ein Presslufthammer. Ich schnappte mir meine Jacke und ging die Treppe hinunter.
    »Morgen«, sagte Dave. Unfreundlich klang er nicht, aber auch nicht besonders freundlich. Er machte die Tür zum Rücksitz auf. Ich kletterte hinein.
    Ab ging es Richtung Greenwich und mir fiel auf, dass der Motorradfahrer, der in den Kiosk reingegangen war, jetzt hinter uns herfuhr. Dave bemerkte

Weitere Kostenlose Bücher