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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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Leitung klang leicht schuldbewusst. Aber eine Entschuldigung kam nicht.
    »Das Motorrad war ein bisschen arg auffällig«, sagte ich. »Der Fahrer von Kelly hat gleich gemerkt, dass es hinter uns her ist.«
    »Das Motorrad war nicht von uns«, sagte Baylis. »Wir hatten einen weißen Kleinbus, der dir die ganze Strecke bis runter zur Brücke bei Dartford gefolgt ist. Den hast du nicht gesehen, was?«
    »Nein«, gab ich zu.
    »Das Auto, in das ihr umgestiegen seid, ist in allerletzter Sekunde in eine Seitenstraße abgebogen und unser Fahrzeug saß in der Spur zur Tunneleinfahrt fest. Wenden unmöglich.«
    »Mit anderen Worten, ich war ganz allein mit den beiden Kelly-Henkern in einer unterirdischen Drogenfabrik, ohne jede Rückendeckung?«
    »So kann man’s sagen«, meinte Baylis. »Obwohl wir den Sender verloren haben, konnten wir dich so ungefähr überdein Handy orten   – aber das wird alles eher unzuverlässig, sobald’s unter die Erde geht. Daran musst du dich einfach gewöhnen.«
    Ich hatte ihm die Einzelheiten zum Farbenlager geliefert und zu allem, was dort hergestellt wurde. Er notierte jedes Wort, sogar das Zeug über Tommy Kellys Gemälde, aber was ein Feedback anging, war wieder mal Fehlanzeige.
    »Also, was machst du nun?«, fragte ich. »Das Ding hochnehmen, jetzt wo ich rausgekriegt hab, wo es liegt?«
    »So leicht ist das nicht«, antwortete Baylis. »Wir behalten es gut im Auge, aber wir wissen, dass das nicht Kellys einzige Einnahmequelle ist. Wenn wir die hier hochgehen lassen, macht er einfach irgendwo anders eine neue Fabrik auf, und dann stehen wir wieder bei null. Wir müssen rausfinden, wie das Netzwerk funktioniert. Wer das Rohmaterial liefert und wie es von dort aus weitergeht. Wir brauchen das größere Ganze, die Zusammenhänge   – und genau dabei kannst du uns helfen.«
    »Aber Tommy Kelly hat da eine Drogenfabrik am Laufen«, warf ich ein. »Kannst du nicht einfach hingehen und ihn verhaften? Er ist die Drehscheibe. Zieh ihn aus dem Verkehr und schon ist Schluss damit.«
    Baylis lachte beinahe. »Tommy Kelly ist schlau. Es gibt keinerlei Beweise, die ihn mit irgendwas in Verbindung bringen. Von allem, was da abgeht, hält er sich fern. Da gibt es Firmen und Unterfirmen, und er selbst bleibt schön auf Distanz zum Tagesgeschäft. Wir reden hier nicht nur von Drogen. Die bringen nur das schnelle Geld. Wir glauben, dass er größere Pläne hat. Beim organisierten Verbrechen dreht es sich selten um nur ein Gebiet. Neben dem Rauschgiftgeht’s auch um Geldwäsche, Waffen   … alles, womit sich richtig Umsatz machen lässt. Und mit der richtig fetten Kohle kommt auch Macht. Wenn du in diesen Dimensionen Geld zur Verfügung hast, kannst du dir deine Leute kaufen: Polizei, Zoll, Organisationen. Und das ist dann unser Stichwort.«
    »Aber das Einzige, wofür er sich zu interessieren scheint, sind seine Bilder«, sagte ich. »Was anderes erwähnt er nie.«
    »Denk dran, die gefälschten und gestohlenen Bilder sind für ihn nur Nebenbeschäftigung«, sagte Baylis. »Anscheinend gefällt er sich darin, ein Mann von Geschmack zu sein oder so ein Kack. Am Ende geht’s nur um eins: Sollte man ihm mal wegen Kunstfälschung an den Kragen gehen, muss er mit drei bis fünf Jahren rechnen, schlimmstenfalls, und das weiß er. Und einem Fälscher nimmt keiner was wirklich übel. Die gelten fast als Nobelverbrecher. Damit würde er im Knast leben wie ein König. Aber vergiss nicht, Tommy Kelly ist kein Nobelverbrecher. Hier geht’s um etwa dreiundzwanzig Morde, die wir ihm nachweisen wollen. Das ist Massenmord.«
    Wenn ich mich nicht schon vorher so überfordert gefühlt hätte, wäre ich es jetzt bestimmt gewesen. Ich hatte kaum einen Schimmer, wovon Baylis hier sprach. »Was erwartest du von mir?« Er machte mir Angst.
    »Alles, was du tun musst, ist tiefer einzutauchen«, sagte er. »Jetzt, wo du drinnen bist, wirst du dein Leben nach Tommy Kellys Regeln leben. Krieg raus, was du kannst, wir erledigen den Rest.« Bei ihm klang es wie ein Kinderspiel. »Wir können nicht riskieren, dir die ganze Zeit Aufpasser hinterherzuschicken, aber du wirst weiterhin Sender anbringen,wann immer sich die Möglichkeit auftut. In ihrem Schlafzimmer wär’s besonders gut.«
    Vor meinem inneren Auge erschien ein Bild, das ich lieber nicht sehen wollte.
    »Wir werden natürlich auch noch Berichte brauchen, aber nicht mehr so regelmäßig. Mach dir verschlüsselte Notizen in deinen Büchern, damit du dich bei

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