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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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nicht.«
    Sein Blick nagelte mich fest. »Du wirst dich jetzt nicht ernsthaft beschweren, oder?«
    Ich dachte kurz zurück und wurde rot. »Nicht wirklich«, gab ich zu. »Ich fühl mich nur wie ein Idiot, weil ich mir tatsächlich vorgemacht habe, sie könnte einen siebzehnjährigen Typen auch nur ansatzweise interessant finden.«
    »Achtzehn, nächste Woche«, erinnerte mich Tony. Das hatte ich fast vergessen. Im Vergleich zu dem, was hier so ablief, war mein Geburtstag reichlich unbedeutend.
    Mein achtzehnter.
    »Ich hab mit deiner Mum gesprochen«, sagte Tony. »Sie macht sich natürlich Sorgen um dich. Ich hab ihr gesagt, sie soll damit aufhören.« Er zog einen Umschlag aus seiner Tasche. »Das hier schickt sie dir.«
    Ich nahm den Umschlag und legte ihn auf den Glastisch. »Soll ich sie anrufen?«, fragte ich.
    Tony zuckte mit den Schultern. »Könntest du machen«, sagte er mit zweifelndem Unterton. »Aber es wäre wahrscheinlich im Moment nicht sehr hilfreich. Für keinen von euch. Du weißt schon, der Rockzipfel   …«
    Ich wusste, was er sagen wollte. Ihre besorgte Stimme zu hören, hätte mich wahrscheinlich fertiggemacht. Ich wusste, sie würde heulen, wenn ich anrief. Ich griff nach dem Umschlag. »Den heb ich mir für meinen Geburtstag auf.«
    Tony fuhr noch eine halbe Stunde lang fort, mich seelisch aufzubauen. Erklärte mir, dass sie schon seit fast zehnJahren versuchten, Tommy Kelly dranzukriegen, aber der Typ sei wie Teflon. Tommy Teflon: Nichts, was sie ihm anhängen wollten, blieb haften; jede Ermittlung endete in der Sackgasse. Jedes Mal, wenn sie einen seiner Handlanger verknacken wollten, weigerte der sich, auszusagen oder Beweise zu liefern. Tony und die anderen waren sich sicher, dass Kelly bei der Zollbehörde seine Leute sitzen hatte, und auch bei der Polizei   … einfach überall. Wann immer sie ihn einbestellten, gab es nichts, was direkt gegen ihn verwendet werden konnte. Andererseits fiel der Name Tommy Kelly regelmäßig, bei jedem Fitzelchen Information zum organisierten Verbrechen, das ins Haus wehte, aus irgendeinem Mund. Tony ermahnte mich, keine Wellen zu schlagen, alles zu tun, was Tommy mir auftrug, und Baylis auf dem Laufenden zu halten. Dann sagte er, dass wir uns eine Weile nicht sehen würden.
    Ich hörte, wie ihm die Stimme brach, als er mich umarmte und sich verabschiedete.
     
    Als Tony fort war, öffnete ich den Umschlag von meiner Mutter. Es war eine Geburtstagskarte mit einer Achtzehn vorne drauf und einem Rennauto. Sie sah echt kindisch aus. Ich musste lachen. Innen stand ein rührseliger Text, bei dem mir fast die Tränen kamen. Sie schrieb, wie stolz sie auf mich sei und dass ich auf mich achtgeben solle. Ich spürte, wie sehr sie mir fehlte, und beschloss, mehr Zeit mit ihr zu verbringen, wenn dieser Job erst mal abgeschlossen war.
    Sie hatte eine Fünfzig-Pfund-Note beigelegt, die ich ihr zurückgeben wollte. Sie konnte sich das nicht leisten. Ichschon. Seitdem ich hier eingestiegen war, hatte ich mir ums Geld keine Gedanken mehr machen müssen. Es gab ein anonymes Konto und von Baylis einen braunen Umschlag mit dreihundert Pfund in bar, der mir einmal die Woche geliefert wurde. Mum hatte noch einen Zettel und einen goldenen Siegelring geschickt. Die Initialen E.   S. waren darin eingraviert.
    Auf dem Zettel erklärte sie mir, dass der Ring ihrem Dad gehört habe, meinem Großvater, dem eigentlichen Edward Savage. Er war gestorben, bevor ich auf die Welt kam. Aber ich wusste, dass er auf dem Fluss gearbeitet hatte und später zur Marine gegangen war. Dass er im Krieg gewesen war und überlebt hatte, als sein Boot torpediert wurde und unterging. Was er durchgemacht hatte, war schlimmer als alles, was mir bis jetzt passiert war, dachte ich.
    Ich war beinahe achtzehn. Ich beschloss, mit dem Rumjammern aufzuhören, Haltung anzunehmen und Männer wie meinen Bruder und meinen Großvater stolz auf mich zu machen.
    Edward Savage hatte ich nie kennengelernt, aber ich war froh, seinen Ring zu haben. Ich hängte ihn mir an einer Schnur um den Hals. Als Glücksbringer.

Dreiundvierzig
    Das Röhren der Motorräder hing schon lange in der Luft, bevor wir überhaupt in Brands Hatch ankamen. Als Sophie bei der Rennstrecke parkte, war das hohe Kreischen der Maschinen geradezu ohrenbetäubend. Es ging mir durch Mark und Bein und machte mich noch nervöser, als ich ohnehin schon war. Auf Sophie hatte es genau die gegenteilige Wirkung: Sie fand den Lärm aufregend. Als wir aus

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