Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
Vom Netzwerk:
gehörte:
     
    LONG REACH SPEZIALFARBEN UND -LACKE GMBH
     
    Das Schild war verblichen und abgeblättert   – allzu prickelnd schienen die Geschäfte nicht zu laufen. Dave drückte auf die Gegensprechanlage.
    »Paulchen Posaune und sein Vetter Dick Karsch«, verkündete er. Donnie lachte grunzend. Die Tür schwang auf und wir traten ein.
    Vor uns stand eine Verkaufstheke mit einem alten, braunen Computer. Dahinter stapelten sich Metalleimer und Plastikkübel mit Farbe vom Boden bis zur Decke. Ein nervös wirkender Typ mit Rattengesicht und Ohrring stand hinter dem Empfang. Aus seinem T-Shirt -Kragen krochen Tattoos den Hals hinauf. Er trug einen weißen Kittel.
    »Spezialfarben«, erklärte mir Dave mit einem trockenen Lächeln. »Unsichtbare Farbe, Schottenkarofarbe, gepunktete Farbe, gestreifte Farbe für jeden Geschmack. Was immer du willst.«
    Der Typ hinter dem Tisch grinste mich schwächlich an. Offensichtlich hörte er Daves Witze nicht zum ersten Mal, aber ich hätte gewettet, dass er jedes Mal dazu lächelte. Er lüpfte die Tresenklappe und winkte mich durch. Dave und Donnie kamen hinterher und schlugen die Klappe hinter sich zu.
    »Gut«, sagte Dave. »Bring den jungen Mann runter und wir zeigen ihm mal, worum sich’s bei uns dreht.«
    Und das ohne Peilsender. Ich konnte nur hoffen, dass irgendwer wusste, wo ich gelandet war.

Einundvierzig
    Der Mann im weißen Kittel zog scheinbar wahllos den Deckel von einer Farbdose und versenkte die Hand darin. Er schien einen verborgenen Knopf gedrückt zu haben, denn ich hörte ein mechanisches Schnappen, wie von einem Schloss. Der Mann fasste einen der Regalträger hinter sich und das ganze Ding schwang weg von der Wand, samt Farbkübeln und allem. Hinter dem Regal führte eine nackte Betontreppe nach unten. Der Mann stieg hinab und ich folgte ihm. Dave und Donnie bildeten den Abschluss und zogen die Tür hinter sich zu.
    Die Treppe und der Raum, zu dem sie hinabführte, waren von grellen Halogenlampen erleuchtet. Alles war weiß gestrichen und der Geruch nach Feuchtigkeit und Lösungsmitteln hing in der Luft. Vier Personen arbeiteten hier unten, alle in weißen Kitteln. Die Fläche war riesig, viel größer, als das verlotterte Farbengeschäft oben hätte vermuten lassen. Die Ausstattung erinnerte an das Chemielabor aus der Schule: Waagen, Zentrifugen, Reagenzgläser und Bunsenbrenner. Dave stellte mich dem Typen vor, der hier offenbar das Sagen hatte. Sean hieß er, glaube ich, und er hatte einenstarken nordirischen Akzent. Er zeigte mir, was sie hier herstellten. Überwiegend MDMA, erklärte er: Ecstasy. Der Markt ging immer noch gut, obwohl die Nachfrage nach dem anderen Zeug, das sie hier produzierten, auch ziemlich groß war: Speed, Valium, LSD und Steroide. Aufputschmittel, Tranquilizer, Halluzinogene und was für den Sportler, erklärte er. Alle Bereiche abgedeckt. Genauer kannte ich mich bei fast keinem der Mittel hier aus, aber die Namen sagten mir etwas   – und ich wusste, dass sie alle illegal waren, und lukrativ. Er gab mir eine Farbdose, die Proben verschiedener Pillen enthielt, damit ich sie mir genauer ansehen konnte. Das Ecstasy war eine hellblaue Tablette, in die ein irisches Kleeblatt eingestanzt war. Die diversen Amphetamine   – Speed   – waren allesamt weißliche Pulver.
    »Schluck nicht alles auf einmal«, sagte Dave. »Wenn du halbwegs bei Verstand bist, lass überhaupt die Finger davon. Das ist was für Trottel.«
    Ich nickte. Ich hatte nicht die Absicht, irgendetwas davon zu nehmen. Ich hatte mir schon fast mein Grab geschaufelt, indem ich zu viel getrunken hatte und unvorsichtig geworden war. Und jetzt, eingeschlossen in einer Drogenfabrik, umzingelt von Kelly-Schlägern, war ich alles andere als aus dem Schneider. Sollte ich hier lebend rauskommen, so schwor ich mir, würde ich von nun an nichts Stärkeres anrühren als Cola Light.
    »Wenn du geschickt wirst, um hier was abzuholen, geb ich dir ein Passwort und eine Lieferadresse. Du sprichst mit niemand und holst die Ware in Farbdosen ab. Das hier unten wirst du dir nicht wieder anschauen müssen.«
    Irgendwas daran leuchtete mir noch immer nicht ein. »Warum zeigt mir Mr Kelly das alles?«, fragte ich.
    »Weil es kein Zurück gibt, wenn du unsere Arbeit mal gesehen hast«, erklärte Dave. »Jetzt, wo du ein bisschen Einblick hast, was wir machen, muss Mr Kelly dir gegenüber kein Wort mehr darüber verlieren. Aber du weißt Bescheid, wenn du den Boten machen sollst,

Weitere Kostenlose Bücher