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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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wolle. Sie küsste mich vor der Wohnung im Auto, sagte aber, dass sie zu Hause erwartet würde, und ob ich nicht sowieso in aller Herrgottsfrühe wieder rausmüsste? Ich bejahte und sie tippte mir auf die Nase und sagte, meine Geburtstagsüberraschung könne auch noch warten. Als sie davonbrauste, spürte ich deutlich, wie mir etwas fehlte. Ich hatte mir gewünscht, dass sie bei mir blieb.
    Seitdem ich weniger Kontakt zu Tony hatte, seit mir von dieser Seite die Geborgenheit abhandengekommen war, hatte ich mich innerlich mehr an Sophie gehängt. Ich rief sie häufiger an, schrieb ihr mehr SMS und sie schien sich darüber zu freuen   – als ob es ihr gefiele, dass ich ein wenig abhängiger von ihr wurde. Und wie hätte es anders sein können? Sie war wunderschön.
    Und ich war im freien Fall   …
     
    Ich kam kaum zur Ruhe, aber um halb sieben war ich schon wieder draußen. Die Strecke zum oberen Ende von Greenwich Park fiel mir schon leichter und ein paar der frühmorgendlichen Gassigeher begrüßten mich jetzt mit einem Kopfnicken. Da gab es einen Alten mit einem Mops, der genauso aussah wie er selbst. Er fragte mich, wofür ich trainierte, und ich erzählte es ihm. Er sagte, ich solle mich aufden Körper konzentrieren: immer auf die Rippen und den Solarplexus, bis der Kopf nach vorne kippt, und dann voll auf die Nuss.
    Jeder hatte einen Ratschlag für mich parat, nur der Rat, den ich gebraucht hätte, kam nicht   – von den Leuten nämlich, die sich eigentlich um mich kümmern sollten.
    Ich hatte Ian Baylis die nackten Daten der Kampfvereinbarungen geschickt, aber keine Antwort bekommen. Mein einziger Verbündeter war mein Trainer.
    Glücklicherweise war Gary eine große Unterstützung. Obwohl ich nach dem Feiern mit Sophie hundemüde war, freute er sich über meine Fortschritte. Meine Kombinationsschläge wurden immer schneller, meine Beinarbeit war gut und meine Angriffe kamen jetzt aus dem hinteren Fuß, was meine Geraden und Jabs doppelt so wirkungsvoll machte. Ein steifer Jab, der dem Gegner fest und regelmäßig ins Gesicht geballert wurde, war eine sehr wirkungsvolle Waffe, um den anderen zu zermürben, riet mir Gary.
    Er arbeitete auch an meiner Fähigkeit, Schläge einzustecken, indem er auf meine Rippen eindrosch und Medizinbälle auf meinen Bauch fallen ließ. Dazu machte ich Sit-ups, Crunches und Liegestütze im Hunderterbereich. Ich konnte so schnell seilspringen, vorwärts und rückwärts, dass man das Seil nicht mehr sah, sondern nur hörte: sein peitschendes Kreiseln und das leise Klacken, mit dem es auf dem Boden aufschlug.
    In der dritten Woche stellte mich Gary mit Sparringspartnern in den Ring. Einer von ihnen war ein schwarzer Typ, Gilbert, der ein gutes Stück größer war als ich und einen viel größeren Schlagradius hatte. Er hielt mich mit einemlangen, schweren Jab auf Distanz und rammte langsame Haken gegen meinen Körper. Ich sollte die Jabs abwehren und probieren, seine Abwehr zu durchbrechen. Und auch versuchen, seinen Schlägen auszuweichen, mich rückwärtszubewegen, damit sie mich nicht mit voller Wucht trafen.
    Der andere Typ, Billy Cable, hatte ein Gesicht wie aus Stein gemeißelt. Er war so schnell, dass man seine Hände kaum noch sah, und er erwischte mich mit regelrechten Faustwirbeln, die von allen Seiten auf einmal zu kommen schienen und mich völlig verwirrten. Er schlug mir die Lippe blutig und haute mir eine Beule übers rechte Auge.
    »Und dabei ist der noch nicht mal ins Schwitzen gekommen«, lachte Gary. »Aber keine Angst, gegen jemanden von Billys Kaliber wirst du nicht antreten.«
    »Großartig«, sagte ich mit geschwollener Lippe.
    Auf der anderen Seite des Rings tänzelte Billy auf Zehenspitzen. Er grinste durch seinen Mundschutz, zwinkerte mir zu und tippte sich mit seinen roten Handschuhen an den Kopf, bevor er mich durch eine weitere mörderische Sparringsrunde prügelte.
    Am Ende meiner vierten Woche mit Gary Cribb und seinen Jungs fühlte ich mich bereit, es mit allem aufzunehmen. Oder mit jedem.

Sechsundvierzig
    Der Wettkampf fand oben Richtung Woodford statt, noch nördlich des East End, in einem großen Hotel abseits der Hauptstraße. Es war ein massives Ziegelgebäude, in dem meist nur Konferenzen und Empfänge für Wirtschaftsleute stattfanden.
    Der Parkplatz war gerammelt voll mit Jaguars, S-Klassen und Angeberautos von jeder Luxusmarke, die einem nur einfiel. Ich kam mit Gary Cribb in seinem verbeulten Ford Mondeo. Das Trainerdasein warf

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