Lord Camerons Versuchung
zarte Sarah Graham war gestorben, als sie versucht hatte, Harts Sohn auf die Welt zu bringen; das Kind hatte ebenfalls nicht überlebt. Hart sprach niemals über Sarah, und er hatte nie die Absicht bekundet, noch einmal zu heiraten. Eleanor hatte sich in das stille Haus ihres Vaters zurückgezogen, und daran hatte sich bis heute nichts geändert.
»Danke, dass du die Reise unternommen hast, El«, sagte Ainsley herzlich.
Eleanor ließ reichlich Zuckerstückchen in ihren Tee fallen, rührte um, steckte den Löffel in den Mund und leckte ihn ab.
»Keine Ursache, meine liebste Ainsley. Die Aufforderung, nach Edinburgh zu kommen, um mich mit Kuchen vollzustopfen, ist so ziemlich das Aufregendste, was mir seit einem Jahr passiert ist. Der gesamte Haushalt hat mich zum Bahnhof gebracht – die Köchin, die Zofe, der Gärtner. Sogar mein lieber Vater hat seine Bücher im Stich gelassen, um uns zu begleiten, obwohl er auf dem Weg zum Bahnhof immer wieder stehen bleiben und jedes Pflanzenexemplar mitnehmen musste, das er erblickte. Sie haben mich in den Zug gesetzt und mir mit ihren Taschentüchern hinterhergewunken. Ich habe mich wie eine Prinzessin gefühlt.«
Eleanor nippte an ihrem Tee, und Ainsley lachte und fühlte sich schon ein wenig besser.
In den letzten zehn Jahren hatte sich Eleanors Vater, Earl Ramsey, dessen Finanzen schon immer auf recht wackligen Beinen gestanden hatten, langsam der Armutsgrenze genähert. Lord Ramsey schrieb Bücher über wissenschaftliche und philosophische Themen, und Eleanor half ihm. Doch obwohl seine Bücher von Gelehrten hoch geschätzt wurden, brachten sie ihm kein Geld ein.
Nichts von alledem hatte Eleanors offene Art oder ihren Sinn für Humor beeinträchtigt. Ihr Haar war goldblond mit einem rötlichen Schimmer, elegant frisiert unter ihrem altmodischen Hut, und ihre Augen waren so dunkelblau wie die Blüten des Rittersporns. Sie betrachtete Ainsley mit scharfsinniger Klugheit, während sie ein Stück Kuchen auf ihren Teller legte.
»Nun denn«, sagte Eleanor. »In deinem Brief stand, dass du meinen Rat zu einem dieser verrückt machenden MacKenzies brauchst. Aber, Ainsley, Liebste, du hast mir nicht mitgeteilt, um welchen MacKenzie es sich handelt. Sag nicht, dass es Hart ist.« Sie sprach leichthin, aber ihre Augen blickten angespannt.
Ainsley empfand plötzlich Reue. »Oh Eleanor, es tut mir so leid. Ich dachte, du würdest wissen, wen ich meine. Ich würde nie so gemein sein und dich Harts wegen um Rat fragen.«
Eleanor atmete tief durch. »Nun, das ist eine Erleichterung. Ich hatte mich darauf vorbereitet, großzügig zu sein und dir zu sagen, dass ich dir alles Glück wünsche, aber ehrlich gesagt, Ainsley, ich glaube, ich hätte dir stattdessen lieber die Augen ausgekratzt.«
»Es tut mir leid, El«, wiederholte Ainsley. »Ich hätte mich besser ausdrücken sollen. Mir war nicht klar, dass du dir noch immer etwas aus ihm machst.«
»Die Liebe deines Lebens vergisst du nie, Ainsley Douglas, ganz egal, was er getan hat, um dich zu kränken, und ganz egal, wie viel Zeit seitdem vergangen ist.« Eleanor trank noch einen Schluck Tee. Sie ließ ihre Stimme unbeschwert klingen. »Besonders dann nicht, wenn er durch jede Zeitung und jedes Magazin geistert, das du aufschlägst. Aber wir sind nicht hier, um über mich zu reden. Der andere unverheiratete MacKenzie ist Cameron, deshalb folgere ich, dass es um ihn geht. Nun, erzähl mir alles.«
Ainsley tat es, beugte sich vor und erzählte ihr mit leiser Stimme die ganze Geschichte. Eleanor hörte interessiert zu, während sie Mohnkuchen aß. Ainsley endete bei Camerons plötzlichem Besuch in Balmoral und ihrem Versprechen, ihm ihre Antwort nach dem Rennen in Doncaster zu geben.
Eleanor nippte nachdenklich an ihrem Tee. Ainsley griff nach ihrer Tasse und trank ein wenig davon, ohne zu bemerken, dass der Tee inzwischen kalt geworden war.
Endlich stellte Eleanor ihre Tasse ab und fixierte Ainsley mit einem scharfen Blick. »Die Tatsache, dass wir überhaupt über Camerons Vorschlag reden, bedeutet, dass du ihm nicht einfach empört eine Ohrfeige gegeben hast und davongestürmt bist. Und deshalb, meine Liebe, lautet die Frage wie folgt: Hast du mich hergebeten, um dich darin zu bestärken oder damit ich es dir ausrede?«
»Ich weiß es nicht.« Ainsley presste die Hände an ihre Wangen. »Eleanor, ich kann unmöglich mit ihm fortgehen, aber … wenn ich es nicht tue … Er wird zur nächsten Frau gehen, die auf ihre Chance
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